Necrobarista – Letzte Ausschenkung – – TEST

Das Café ist für viele Menschen ein Frühstücks-Zwischenstopp vor dem Weg zur Arbeit. In Necrobarista – Letzte Ausschenkung – ist das digitale Café ebenfalls ein Zwischenstopp – für Menschen kurz nach ihrem Tod.


Wirklich einladend sieht das Café nicht aus, in einer düsteren Seitengasse irgendwo in Melbourne wird in diesem schlecht ausgeleuchteten und spärlich ausgestattetem Establishment (nicht nur auf der Switch) der beliebte Wachmacher serviert. Diese technische Oberfläche täuscht aber über die charmanten Betreiber und Besucher hinweg.


In der Visual Novel Necrobarista – Letzte Ausschenkung – erleben wir in kleinen Episoden alltägliche Momente in diesem Kaffeehaus. Der Fokus liegt eindeutig auf den schrägen Figuren, angefangen bei der gerissenen Maddy, der Besitzerin des Cafés, bis hin zur jugendlichen, messerschwingenden Assistentin Ashley. Anfangs übernehmen wir die Rolle eines Neuankömmlings, der von den seltsamen Figuren ebenso überrascht ist wie von seinem schnellen Ableben. Nicht alle Figuren sind tatsächlich tot, auch Lebende gehen in dem Café ein und aus, allerdings gehört es zum guten Ton, die Frage nach dem vitalen Status nicht zu stellen. 24 Stunden haben sie Zeit, danach müssen sie weiterziehen. Dafür wird gesorgt.

Das ganze Spiel schafft es, die absurden Figuren und Story-Elemente dennoch ernst zu erden. Das liegt auch an den toll geschriebenen englischen Dialogen, denen die deutschen nicht das Wasser reichen können. Manchmal wussten wir selbst nicht so ganz, was gerade passierte, aber wir waren auf eine interessierte Art und Weise unterhalten. Eine epische Geschichte darf hier aber niemand erwarten.

Frische Form der Darstellung

Im Gegensatz zum Großteil der Visual Novels und ihrer buchartigen, textlastigen Inszenierung, versucht sich Necrobarista an einer frischen, dynamischen Form der Darstellung. Das Café ist dreidimensional dargestellt und wird für die Szenen theaterhaft mit den 3D-Charakteren bestückt. Viele Animationen gibt es nicht, allerdings erlaubt der dreidimensionale Raum eine Vielzahl von Bildkompositionen und Kameraposen, die pro gesprochenen Absatz wechseln. Es gibt auch keine Textboxen, alles Gesagte wird direkt im Raum neben den Figuren angezeigt. „Gesagtes“ sei hier relativ zu nehmen, denn es gibt keine Sprachausgabe, was sich für uns bei dieser Form der Inszenierung komisch anfühlte. Das Spiel wirkt trotz wenigen Animationen sehr lebendig. Dumm nur, dass viele der Textzeilen in weißer Schrift auf bunten und sogar hellen Hintergründen abgebildet werden. Das tut in den Augen weh.

Zwischen den recht kurzen Kapiteln dürfen wir das Café in der Ego-Perspektive erkunden. Zu entdecken gibt es nur eine Vielzahl an optionalen und ebenfalls sehr skurrilen Textpassagen, die mehr zur Spielwelt vermitteln. Die Nintendo-Switch-Version Necrobarista – Letzte Ausschenkung – enthält einige wenige Zusatzinhalte, darunter die bisherigen DLC-Inhalte und eine Art Editor-Modus, in dem wir unsere eigenen Szenen zusammenstellen dürfen. Ein in der Theorie spannender Baukasten, der leider nicht gut zu bedienen ist. In der Praxis hat die Switch-Version dieses Spiels aber noch ganz andere Probleme.

Schwache Portierung

Wie schon erwähnt, ist das Grundspiel technisch kein Meilenstein, die Switch-Version erbringt aber nicht einmal die technische Minimalleistung des Originals. Die Frame-Rate ist ruppig, die Ladezeiten sind besonders für ein Spiel dieser Art verdächtig lang und allgemein fühlt sich die Bedienung mit ihren Verzögerungen ständig an wie ein Spaziergang im Treibsand.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

Eine Zeit lang hatte ich meinen Spaß daran, mehr über die Eigenheiten des Cafés und die Regeln dieser Zwischenwelt herauszufinden. Die frische Form der Inszenierung half dabei ungemein, besonders die Bildeinstellungen und Lichtstimmungen haben es mir angetan. Leider macht die Switch-Version jede Stelle ein wenig schlechter als sie sein müsste. Necrobarista – Letzte Ausschenkung – hat mir auch noch einmal aufgezeigt, dass ich persönlich doch lieber Visual Novels spiele, die einen klaren Fokus auf eine packende Story haben.