Resident Evil 4 – TEST

Als 2005 Resident Evil 4 für die Videospielreihe selbst und für das Third-Person-Shooter-Genre neue Standards setzte, hat bestimmt niemand das Vermächtnis des Spiels absehen können. Sechs Millionen verkaufte Einheiten auf über zehn Plattformen später, erscheint das Spiel auch für die Nintendo Switch.


Nach den turbulenten Ereignissen in Resident Evil 2, die letztendlich zur Zombifizierung und Zerstörung von Raccon City führten, sieht sich Leon Scott Kennedy im vierten Teil direkt neuen Gefahren entgegen. Inzwischen ist er kein Polizist mehr, sondern steht in den Diensten des amerikanischen Präsidenten. Dessen Tochter Ashley wurde allerdings von einem religiösen Kult entführt; damit ist Leons neuster Auftrag klar. Auf der Suche nach der Vermissten reist er ins spanische Hinterland, wo die religiösen Fanatiker schon auf ihn warten. Einen neuen Virus haben sie auch in die Finger bekommen, dabei ist Umbrella Corporation doch eigentlich zerschlagen. Storytechnisch bewegt sich Resident Evil 4 vom Trash-Faktor mindestens auf derselben Höhe wie die Vorgängerteile, geht aber noch etwas offener mit seinem absurden Setting und den Figuren um. Das erkennen wir auch an den flapsigen Kommentaren von Leon, der auch nach über zehn Jahren nichts von seinem Charmeverloren hat.

Un forastero!

Schlurfende Zombies gehören der Vergangenheit an, die neuen Gegner irgendwo in Spanien haben aber nichts von ihrem Schrecken verloren. Im Gegenteil, dank des neuen Virus sind die Feinde wesentlich schneller unterwegs und können mit der Umgebung interagieren. Angefangen mit einem schimpfenden Mob spanischer Dorfbewohner, erweitert sich das Gegnerrepertoire später mit allerlei mutierten Monstrositäten und sogar waffenbepackten Söldnern, sobald das Spiel seine vielseitigen Areale zur Schau stellt. Vom Land, über eine verlassene Burg bis zu einem Industriekomplex bietet Resident Evil 4 auch nach heutigen Maßstäben immer noch sehr viel Abwechslung, besonders weil die insgesamt linearen Abschnitte ohne Backtracking auskommen und uns nicht länger als nötig festhalten.

Mit dem Sprung in die Third-Person-Perspektive gestaltet sich auch das Gameplay dementsprechend actionlastiger. Das Haushalten von Munition und Heilgegenstände ist trotz der Heerscharen von Gegnern noch extrem wichtig. Der richtige Einsatz der richtigen Waffen zur richtigen Zeit, das taktische Anschießen von Gegnern, um anschließend Tritte oder Schläge anzuketten und der Einsatz des Messers – eine Mischung aller Optionen ist die effektivste Art das Spiel zu spielen.

Ein Koffer voller Waffen

Belohnt wird das mit hinterlassenen Ressourcen und die ersehnten Pesetas, die wir beim regionalen Händler ausgeben. Mit dieser Währung und den teils gut versteckten Schätzen erweitern und verbessern wir unser Waffenarsenal. Die neuen Waffen sind nicht nur spürbar stärker, sondern haben auch Auswirkungen auf das Gameplay. Wer einmal mit dem halbautomatischen Scharfschützengewehr geschossen hat, will danach nicht mehr zurück zur langsamen und behäbigen Flinte. Solche Waffen müssen wir uns aber erst verdienen. Die ehemalige Item-Kiste symbolisiert nun Leons Gepäckvolumen, denn auch das Inventar ist eine Ressource, um die wir uns kümmern müssen – jede Waffe und jeder Gegenstand nehmen unterschiedlich viel Platz weg. Glücklicherweise macht das Sortieren auch heute noch riesigen Spaß, aber trotzdem ist die Erleichterung groß, wenn wir genug Geld für ein größere Kiste zusammengespart haben. Was gibt es schon schlimmeres, als wichtige Munition in der Welt zurückzulassen?

Immer wieder packend

Auch wenn sich das Spiel mit einer neuen Perspektive vertraut gemacht hat, Leon bewegt sich immer noch nach den Regeln der ursprünglichen Panzer-Steuerung. Das heißt, dass unserer Bewegungen eingeschränkt sind und wir zum Beispiel nicht gleichzeitig schießen und rennen können. Unsere Entscheidungen stehen also im Mittelpunkt. Freies Drehen der Kamera ist auch nicht möglich, sodass ein Überblick über die Gegnerhorden und die möglichen Fluchtwege erschwert wird. All diese Einschränkungen gehen aber Hand in Hand mit der erzielten Spielerfahrung und dem Spielgefühl – eine ständige Unterlegenheit und der daraus resultierenden Panik.

Die Vorlage für die Nintendo-Switch-Version ist die HD-Variante, die auf der PlayStation 4 und der Xbox One erschienen sind und läuft somit ebenfalls mit sechzig Bildern pro Sekunde. Die Bewegungssteuerung per Pointer wie in der Wii-Version ist leider nicht enthalten. Dafür aber ein schönes HD-Rumble, womit das satte Trefferfeedback der unterschiedlichen Waffen noch einmal unterstrichen wird. Das braungraueSpanien ist zwar schneller als vermutet gealtert, die Kulissen sind aber trotzdem ansehnlich genug, sodass sie nicht negativ ins Gewicht fallen. Wer bis heute noch keinen Kontakt mit Resident Evil 4 hatte, sollte davon auf keinen Fall abgeschreckt werden.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

 

Auch wenn ich Resident Evil 4 schon etliche Male durchgespielt habe, ist es doch das unglaublich gute Pacing und Spielgefühl, das mich immer wieder dazu bringt, das Spiel von Neuem anzugehen. Bis heute hat der Klassiker nichts von seinem Wiederspielbarkeitswert und seinem Charme verloren. Spielsysteme wie das Munitions- und Heilgegenstände-Management und das Verbessern der Waffen beim ikonischen Händler bekommen bis heute nur wenige Titel besser hin. Schade, dass es sich nur um eine einfache Portierung der anderen HD-Versionen des Spiels handelt, sodass zum Beispiel ein Mehrwert wie das Wii-exklusive Feature der immersiven Bewegungssteuerung per Pointer nicht enthalten ist. Auch schade, dass bei der Neuveröffentlichung der höhere Schwierigkeitsgrad und der Extra-Content wie Mercenaries erst nach dem einmaligen Durchspielen freigeschaltet wird. Nichtsdestotrotz handelt es sich hierbei unabhängig von der Plattform um ein grandioses Abenteuer!