Schnupferich – Die Melodie des Mumintals – TEST

Eine kindgerechte und liebevolle Handlung, eine eingängige wie durchschaubare Rätselmechanik und noch dazu ein zuckersüßer Grafikstil: All das ist Schnupferich – Die Melodie des Mumintals, ein Spiel, bei dem jedem Fan der finnischen Mumintrolle das Herz aufgeht.


Besonders ältere Semester dürften sie noch kennen: Die Mumins, nilpferdartige Trolle, die fernab der dicht bevölkerten Welt friedlich und abgeschieden im titelgebenden Mumintal leben. Zwischen 1945 und 1970 ließ die finnlandschwedische Schriftstellerin Tove Marika Jansson ihre Mumins in neun Büchern etliche Abenteuer erleben. Nicht nur das, sie zeichnete auch für eine englische Zeitschrift jahrelang kurze Comicstrips. Obwohl der Erfolg anfangs ausblieb, ließ sich Jansson nicht beirren und gab nicht auf. Es folgen über Jahrzehnte hinweg in verschiedenen Ländern zahlreiche Umsetzungen unterschiedlichster Art, beispielsweise als Hörspiel.

Bekannt sind aber vor allem die Fernsehauftritte der Trolle. In der Bundesrepublik Deutschland erhielten die Mumins beispielsweise eine Aufführung in der Augsburger Puppenkiste. Neben einer polnisch-österreichischen Trickfilmvariante wurden die Mumins in Japan gleich mehrfach als Anime umgesetzt. Selbst in Videospielform hat es die Mumins bereits gegeben. Falls ihr das nicht glaubt, das müssen wir zugeben, müsst ihr schon tief in den Weiten des Internets graben. Vor allem deshalb, da viele Titel nur in Japan erschienen sind. Mit Moomin’s Tale für den Game Boy Color hat es aber zumindest ein unterdurchschnittlicher Kandidat nach Europa geschafft. Dass die Mumins als Videospiel funktionieren, beweist aber erst das Anfang März 2024 veröffentlichte Schnupferich – Die Melodie des Mumintals.

Frühling im Mumintal

Es wird Herbst im Mumintal und wie in jedem Jahr bricht der titelgebende Schnupferich auf, damit er im Frühjahr zurückkehren kann. Schnupferichs Freund Mumin bereitet sich derweil auf seinen Winterschlaf vor. Mumin verspricht Schnupferich zudem, dass er im Frühling auf der kleinen Brücke auf ihn warten werde. Im Zeitraffer vergehen die Jahreszeiten und kaum steht der Frühling vor der Tür, ist Schnupferich zurück im Mumintal. In der Zwischenzeit hat sich aber einiges verändert, denn plötzlich fliehen Tiere aus dem Wald, der Fluss ist ausgetrocknet, Parks verunstalten die Natur, Verbotsschilder sprießen überall aus der Landschaft, die Polizei scheint omnipräsent zu sein – und dann wurde auch noch Mumin entführt!

Das sind für uns Gründe genug, um in die Rolle von Schnupferich zu schlüpfen. Aus der leicht versetzten Vogelperspektive erkunden wir mit ihm das Mumintal. Schnupferich – Die Melodie des Mumintals entpuppt sich als seichtes Adventure, das aber wegen seines Charmes nicht nur jüngere Spieler, sondern vor allem Fans der Vorlage sehr glücklich machen dürfte. Unter anderem laufen wir durch Wälder, erkunden Höhlen, erklimmen Bergpässe und machen einen Inselausflug. Hierbei springen wir über Abgründe, werfen Steine in einen Bach, um das Gewässer anschließend zu überqueren, plaudern mit den Bewohnern des Tals und lösen Rätsel, bei denen – wie es der Untertitel verspricht –, vor allem Musik eine zentrale Rolle spielt.

Überschaubare Spielwelt

Zu Beginn von Schnupferich – Die Melodie des Mumintals sind wir nur mit einer Mundharmonika ausgestattet. Im Verlauf des Spiels kommen noch eine Flöte und eine Trommel hinzu, die wir in kurzen Intervallen auch einsetzen müssen. Beispielsweise spielen wir so lange auf der Mundharmonika, bis ein sich um uns kreisender Vogel in die richtige Richtung schaut, um eine Spinne zu verjagen. Mit der Flöte müssen wir hingegen einen weniger wachsamen Polizisten schläfrig machen. Die Trommel verwenden wir wiederum dazu, um Stalaktiten auf den Boden krachen zu lassen, um uns so einen Weg durch eine Höhle zu bahnen.

Sonderlich anspruchsvoll ist all das nicht, zumal uns das Spiel symbolisch darauf hinweist, welches Musikinstrument wir einsetzen müssen. Anhand des dargestellten Symbols wissen wir auch, welcher Inspirationslevel notwendig ist. Inspiration erhalten wir, wenn wir mit Schnupferich Büsche durchsuchen, Rätsel lösen und Aufgaben bewältigen. Obwohl das Spiel im ersten Viertel noch recht linear ausfällt, öffnet sich die Welt mit dem Besuch am ikonischen Muminhaus ein wenig. Ab diesem Zeitpunkt werden uns nur noch Grenzen durch unseren Inspirationslevel, das Vorhandensein eines Musikinstruments oder benötigter Schlüsselgegenstände gesetzt. Dieser Umstand wird durch die geringe Größe der Spielwelt aber relativiert, zumal uns Schnupferich – Die Melodie des Mumintals regelmäßig in lineare Spielabschnitte schmeißt.

Liebevolle Umsetzung

Aufgrund der überschaubaren Spielwelt fällt der Titel auch nicht sonderlich lang aus. Selbst ungeübte Spieler dürften nach vier bis fünf Stunden den Abspann sehen. Wer sich beeilt, kann auch schon nach drei Stunden am Ende der Reise angelangt sein. Das ist aber überhaupt nicht schlimm, da der Kurztrip mit einigen Begegnungen verbunden ist. So treffen wir auf der Reise unterschiedliche Figuren wie die liebevolle Muminmama, den schusseligen Muminpapa, den ängstlichen Schnüferl, die aufgeweckte kleine Mü oder den Tüftler Snork, die allesamt über ihre Charakteristika aus der Vorlage verfügen. Noch dazu wurden die humorvollen Dialoge von Schnupferich – Die Melodie des Mumintals ins Deutsche übersetzt und lassen sich angenehm mitlesen. Eine Synchronisation gibt es leider in keiner Sprache.

Wer will, kann in den Einstellungen aktivieren, dass unwichtige Dialoge übersprungen, Sprechblasen beim Herumlaufen länger angezeigt, extragroßer Text oder eine leicht lesbare Schrift verwendet werden soll. Damit hört die Barrierefreiheit noch nicht auf, denn auch der Farbkontrast kann von euch so manipuliert werden, dass ihr alles gut auf dem Fernsehbildschirm oder dem Screen der Nintendo Switch erkennen könnt. Problemlos funktioniert übrigens die Steuerung, die leicht erlernbar und verinnerlicht ist. Jede Eingabe wird in den meisten Fällen umgesetzt, würde uns in seltenen Fällen die magere Technik keinen Strich durch die Rechnung machen.

Kurzweiliges Vergnügen

Obwohl Schnupferich – Die Melodie des Mumintals mit seinem seichten Anime-Look auf kunterbunte, aber dennoch gedämpfte Farben setzt und damit ein wenig an Bayonetta Origins: Cereza and the Lost Demon erinnert, kommt es häufiger zu kleinen Ruckeleinlagen. Diese treten sowohl im stationären Betrieb als auch im Handheld-Modus auf, wenn gerade viel auf dem Bildschirm passiert. Die Spielbarkeit wird dadurch aber wirklich nur in Ausnahmefällen geringfügig beeinträchtigt; beispielsweise wenn wir vor Polizisten im Park flüchten müssen und durch das Ruckeln an einer Ecke hängen bleiben.

Mit dem leichten Zittern der Spielwelt und der Charaktere kommt nichtsdestotrotz eine richtig dichte Atmosphäre auf. Noch dazu wird diese von sehr schönen und zumeist ruhigen Melodien unterlegt, welche der friedlichen Vision von Jansson gerecht werden. Schade ist lediglich, dass sich die Melodien von Mundharmonika und Flöte sich trotz höherem Inspirationslevel nicht verändern. Hier verspielt Entwicklerstudio Hyper Games viel Potenzial. In der Summe ist Schnupferich – Die Melodie des Mumintals ein eher kurzweiliges Spiel geworden, das bis auf die sich recht schnell abnutzende Rätselmechanik tatsächlich viel Freude bereitet, sofern ihr etwas mit den Mumins anfangen könnt. Wer mit den Mumins aufgewachsen ist oder sie im Leben für sich entdeckt hat, wird das Abenteuerspiel mögen und den Controller nicht so schnell aus den Händen legen können.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Ein bisschen melancholisch ist der Einstieg ins Spiel ja schon, denn kaum startet das Abenteuer, verlässt Schnupferich das Mumintal in Richtung Einsamkeit und Mumin bereitet sich auf seinen Winterschlaf vor. Wie schön, dass der titelgebende Protagonist nach der Introsequenz zurückkehrt. Ab dem Moment zieht mich Schnupferich – Die Melodie des Mumintals endgültig in seinen Bann. Die meist linear, zum Teil aber auch offen gestaltete Spielwelt ist mit vielen kleinen Details gespickt. Vor allem aber treffe ich auf Figuren, die ich aus der Vorlage kenne – und sich dann auch entsprechend ihren Charakteristika verhalten. Es macht mir Spaß, das Mumintal zu erkunden, Rätsel zu lösen und Aufgaben zu erfüllen. Der typische Humor kommt immer wieder durch und zaubert mir jedes Mal aufs Neue ein Lächeln aufs Gesicht. Noch dazu mag ich den Grafikstil und die musikalische Untermalung. Schade finde ich, dass das kurzweilige Abenteuer nicht synchronisiert ist, die Rätsel aufgrund vieler Hilfestellungen sofort durchschaut und die Switch-Version technisch nicht ganz rund läuft. Trotzdem mag ich als Fan der Mumins das Spiel und hoffe sehr, dass Schnupferich – Die Melodie des Mumintals nicht der letzte Videospielausflug der nilpferdartigen Trolle bleibt. Gerne mehr davon!