Sonic X Shadow Generations – TEST

Inzwischen ist es Gang und Gäbe, jene Videospiele, die auf älteren Konsolengenerationen gefangen sind, nachträglich auch für jüngere Plattformen zu veröffentlichen. Sega kramte Sonic Generations aus dem Jahr 2011 hervor und ergänzte das Spiel um eine zweite Kampagne.


Als Sonic Generations im Jahr 2011 für die PlayStation 3, die Xbox 360, den PC und sogar in einer alternativen Version für den Nintendo 3DS erschienen ist, hatte der titelgebende blaue Igel unlängst ein Image-Problem. Ständig hieß es, zumindest in zahlreichen Rezensionen der verschiedenen Serienteile, dass Sonic der Sprung in die dritte Dimension nie so ganz gelungen sei. Von dieser Aussage könnt ihr natürlich halten, was ihr wollt, doch in Anbetracht der starken Konkurrenz von Nintendos Klempner Mario hatte Sonic ordentlich zu knabbern. Also entschieden sich der japanische Publisher Sega zusammen mit dem hausinternen Sonic Team, dem für die 3DS-Fassung verantwortlichen Entwicklerstudio Dimps und den für die PC-Umsetzung verantwortlichen britischen Entwickler bei Devil’s Details, den nächsten Ableger der Sonic-the-Hedgehog-Reihe sowohl zwei- als auch dreidimensionale Levels zu spendieren.

Herausgekommen ist das von der Presse überdurchschnittlich rezensierte Sonic Generations. In abgespeckter Heimkonsolenvariante für die Nintendo Wii erschien der Titel aber nie, was der Autor dieser Zeilen auf der Gamescom desselben Jahres erschreckend beim Entwicklerbesuch feststellen musste. Nintendo-Fans, die damals leer ausgegangen sind, freuen sich darüber, den Titel nun auch auf der Switch spielen zu können – in einem überraschend guten Zustand.

Parallel zueinander ablaufende Kampagnen

Starten wir Sonic X Shadow Generations, haben wir schon auf dem Titelbildschirm die Möglichkeit zwischen dem Remaster von Sonic Generations und der zusätzlichen Kampagne namens Shadow Generations zu wählen. Entscheiden wir uns für das Remaster, erleben wir das Grundspiel so, wie es 2011 veröffentlicht wurde – nur eben mit höher aufgelösten Texturen und ein paar Änderungen bei der Kameraführung. Die Geschichte bleibt indessen gleich: Sonic ist auf dem Weg, um sich mit all seinen Freunden zu treffen. Plötzlich taucht ein riesiges Schattenwesen auf, das Sonic und seine Freunde in die Leere verbannt.

Ziel des Spiels ist es, aus dieser Leere zu entkommen. Dies geschieht darüber, verschiedene Levels und Herausforderungen peu à peu abzuschließen und verschiedene Bosskämpfe zu bestreiten. Entscheiden wir uns hingegen für Shadow Generations, erleben wir eine Geschichte, die parallel zu den Ereignissen um Sonic stattfindet. Wir schlüpfen in die Haut des künstlich erschaffenen wie anthropomorphen schwarzen Igels, der ebenfalls zu den Feierlichkeiten eingeladen ist, sich aber mit ähnlich schattenartigen Kreaturen und seiner problematischen Vergangenheit um Doktor Robotnik und dessen Enkelin Maria herumschlagen muss. Auch Shadow landet in einer sterilen Welt. Logisch, dass wir ihm helfen, die verschiedenen Levels abzuschließen.

Zwei unterschiedliche, aber miteinander verbundene Generationen

Wie bereits erwähnt, bietet Sonic X Shadow Generations sowohl zweidimensionale Levels, die an die klassischen Serienteile von Mega Drive und Co erinnern, als auch Ausflüge in dreidimensionale Abschnitte, die Fans unter anderem vom Dreamcast kennen. Soll heißen, dass sämtliche Levels des Spiels keine neuen Kreationen darstellen, sondern aus vorherigen Spielen stammen beziehungsweise an jüngere Grafikstandards angepasst worden sind. Passend dazu wechseln wir in Sonic Generations in der Oberwelt deshalb zwischen dem klassischen Sonic-Charaktermodell und dem Redisgn.

Beide Charaktere steuern sich zwar ähnlich, doch sind sie genauso genommen sehr unterschiedlich. Das wird spätestens bei der Wahl eines der etlichen Levels deutlich. Spielen wir mit dem klassischen blauen Igel hauptsächlich reine 2D-Abschnitte, können wir beispielsweise an Tempo gewinnen, indem wir unseren Boost im Stehen aufladen. Spielen wir hingegen in den dreidimensionalen Arealen, die aber trotzdem meist linear in eine Richtung verlaufen, können wir im Rennen unseren Boost aktivieren. Außerdem ist es nur mit dem Redesign-Sonic möglich, Gegner oder Objekte in der Luft anzuvisieren und diese auf Knopfdruck zu attackieren. Sonic Generations versucht das Beste aus älteren wie jüngeren Sonic-the-Hedgehog-Episoden zu bieten. Das klappt leider nicht immer.

2D hui, 3D pfui!

In der Kampagne müssen wir in der Regel das Ende der Levels erreichen. Hierbei springen wir auf Gegner, wirbeln sie über den Haufen oder erledigen sie blitzschnell – das hängt entsprechend von der Sonic-Generation ab, mit der wir gerade spielen. Verlieren die zweidimensionalen Abschnitte nur durch die bei hoher Geschwindigkeit häufig recht verschwommenen Hintergründe und nicht immer schnell genug sichtbaren Gegnern an Qualität, sieht es bei den dreidimensionalen Arealen etwas anders aus.

Das Geschwindigkeitsgefühl ist noch einmal ein ganzes Stück höher und sorgt dafür, dass wir oft genug in Gegner rasen. Zudem ist die Steuerung etwas schwammig und Schwenkungen der Kamera in ungünstigen Momenten geben dem eigentlich guten Spielgefühl den Rest. Gelegentlich kommt es vor, dass wir in Abgründe fallen oder plötzlich von einem Feind überrascht werden. Wie schon im Original und eigentlich fast allen Sonic-the-Hedgehog-Spielen gilt, dass bei jeder Kollision mit einem Gegner oder einem Hindernis, alle Ringe flöten gehen. Bei diesen Ringen, die quer durch die Levels verteilt sind, handelt es sich schlicht um Sammelobjekte, die am Ende Punkte geben und zudem unsere Lebensenergie darstellen. Haben wir keinen Ring mehr übrig, werden wir zum nächsten Kontrollpunkt zurückversetzt. Diese sind leider nicht in jedem Level fair verteilt.

Mögliches Austarieren der Schwachstellen

Versteht uns bitte nicht falsch, denn das Grundgerüst von Sonic X Shadow Generations ist durchaus gelungen. Auch in den 3D-Abschnitten stehen uns Werkzeuge wie das Ausweichen nach links oder rechts mittels Druck auf die Schultertasten zur Verfügung, doch wirkt das auf uns etwas aufgesetzt und nur wenig intuitiv. Zudem bietet so gut wie jeder Level verschiedene Wege zum Ziel und überall gibt es versteckte Collectibles, die Artworks oder Musikstücke für die digitale Jukebox freischalten. Beim ersten Spielen eines Abschnitts werden wir kaum alles finden können, weshalb der Titel längerfristig an den Controller fesseln kann.

Die Punkte der Levels werden ständig addiert – und im Laden können wir diese gegen neue Fähigkeiten eintauschen. Diese Fähigkeiten müssen wir noch am Händlerstand auf dem Fähigkeitsraster positionieren, wodurch wir unter anderem Vorteile im Bremsen, einen zusätzlichen Schutzschild oder gar eine Handvoll Ringe beim Starten an einem Kontrollpunkt erhalten. Je mächtiger die Fähigkeit ist, desto mehr Fähigkeitspunkte verbrauchen diese. Trotzdem können wir uns so nach und nach die Fähigkeiten unserem eigenen Spielstil entsprechend aneignen und anlegen. Dadurch werden die oben genannten Defizite zumindest teilweise negiert. Warum das Spiel diese Schwachstellen in einem Remaster aber noch haben muss, ist für uns schleierhaft.

Sonic im Schatten von Shadow

Wir schütteln gerade deshalb den Kopf, da sich Shadow Generations viel besser spielen lässt. Obwohl wir mit Ausnahme der neuen Oberwelt selbst hier nur aufgewärmte Levels aus früheren Sonic-the-Hedgehog-Spielen absolvieren, geht dabei ordentlich die Post ab. Shadow spielt sich anfangs zwar schwammig, lässt sich mit etwas Eingewöhnungszeit aber etwas angenehmer kontrollieren. Hinzu kommt, dass Shadow im Verlauf der Story Spezialfähigkeiten lernt. Mit diesen kann er unter anderem die Zeit verlangsamen. Dann können wir mit ihm so manche gefährliche Stelle kinderleicht überwinden. Später können wir sogar mehrere Gegner gleichzeitig mit Nadelgeschossen lähmen, um sie sicher auszuschalten. Wir wünschten, dass auch das Remaster von Sonic Generations inhaltliche Neuerungen dieser Art spendiert bekommen hätte.

Über alle Zweifel erhaben sind aber die Bosskämpfe in beiden Kampagnen. Egal ob wir gegen Klassiker wie Dr. Eggman oder eine riesige Echse kämpfen – inszenatorisch wie spielerisch bietet der Titel viel Abwechslung. Altbekannte und überarbeitete Ohrwürmer und selbst die Technik der überwiegend flüssig laufenden Switch-Version runden Sonic X Shadow Generations in audiovisueller Hinsicht ab. Habt ihr Sonic Generations damals verpasst, kommt aber mit dem schnellen Gameplay der Reihe gut klar, werdet ihr trotz der Defizite Spaß haben können. Besitzer des Originals warten auf den nächsten neuen Teil.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Ich bin mir unsicher, ob Sonic Generations eine Neuauflage in der Form von Sonic X Shadow Generations verdient gehabt hätte. Einerseits mag ich den Ansatz, das Beste aus zwei Spielspaßdimensionen zu mischen und daraus einen funktionalen Platformer zu machen. Bis zu einem gewissen Grad klappt das auch ganz gut, denn die Levels sind nicht nur visuell sehr abwechslungsreich, sie spielen sich aufgrund des Wechselns zwischen den beiden spielbaren Sonics durchaus erfrischend. Andererseits ist ohne große Anpassungen die hohe Geschwindigkeit ein Dorn im Auge des Spieldesigns. Oft rase ich in Gegner, die ich zumindest mit meinen Augen nicht kommen sehe – oder der Hintergrund verschwimmt derart, dass ich sammelbare Gegenstände nicht erblicke. So kann ich zwar die hohe Geschwindigkeit genießen, laufe aber Gefahr, etwas zu verpassen oder ausgebremst zu werden. Ärgerlich ist auch die Kamerafahrt in den dreidimensionalen Abschnitten, die mich zusammen mit der schwammigen Steuerung oft genug ins Verderben laufen lässt. In spielerischer Hinsicht überflügelt zudem die Kampagne mit Sonics Rivalen Shadow, der über richtig coole Spezialfähigkeiten verfügt, die ich im Grundspiel vermisse. Inszenatorisch wie audiovisuell mag ich das Spiel selbst in der technisch unterlegenen, aber trotzdem gut spielbaren Switch-Version. Fans, die das Original noch nicht kennen, dürfen daher ruhig einen Blick riskieren. Alle anderen können das Remaster ruhig überspringen, da die inhaltlichen Neuerungen meiner Meinung nach keinen erneuten Kauf rechtfertigen.