Spirit of the North – TEST

Obwohl Spirit of the North bereits Ende 2019 für den PC und die PlayStation 4 erschien, ließ die Nintendo-Switch-Fassung bis Anfang Mai 2020 auf sich warten. Auch wenn Spirit of the North zum Teil ein Genuss ist, leidet das Spiel teilweise unter sehr schlechtem Gamedesign.


Im Action-Adventure Spirit of the North schlüpfen wir in die Haut beziehungsweise in das Fell eines Rotfuchses, mit dem wir zunächst in einer Winterlandschaft durch den Schnee stapfen und später eine zunehmend herbstliche Ruinenkulisse erkunden. Was unser konkretes Ziel ist, verrät das Spiel ähnlich wie sein großes Vorbild Journey nicht. Das heißt, dass wir in erster Linie einem recht linearen Weg folgen und hier und da kryptische Hinweise darauf finden, was mit der verschwundenen Menschenkultur passiert ist. Das ist einerseits sehr interessant und gar atmosphärisch, zumal uns das Spiel damit Freiraum zur Interpretation lässt. Andererseits ist die rätselhafte Handlung nicht gerade hilfreich, wenn wir bei der Erkundung der Spielwelt mal wieder nicht weiterkommen.

Hauptsächlich geht es in Spirit of the North neben dem Erforschen der Umgebung um das Lösen von Rätseln. Positiv fällt uns hier auf, dass die enthaltenen Denkaufgaben wesentlich vielschichtiger sind als in Journey und halten uns auch wesentlich länger bei der Stange, da die Lösung nicht immer offensichtlich ist. Vergleichbare Action-Adventures wie die Episoden der The-Legend-of-Zelda-Reihe haken derlei Aufgaben zwar schon im ersten Dungeon ab, doch lockert das die spielerisch sonst eher dröge Erkundung der auf sieben Kapitel aufgeteilten Spielwelt immer mal wieder und meistens gut auf.

Flower Power

Um in Spirit of the North ein Rätsel überhaupt lösen zu können, ist es in den meisten Fällen als erstes unsere Aufgabe, eine magisch anmutende Blume zu finden und sie dann mit dem Fuchs anzubellen, damit ihre Kraft schließlich auf das Raubtier übergeht. Anschließend können wir magische Steintafeln aktivieren, die quasi als Schalter funktionieren, um irgendwo einen Mechanismus auszulösen. Wollen wir danach eine weitere Aufgabe mit Magie lösen, müssen wir uns erneut nach einer Blume umschauen – oder einfach zurück zu der Blume laufen, die uns vorher schon einmal ihre Kraft verliehen hat. Unserer Meinung nach ist das ganz schön absurd, denn hin und wieder stehen zwei zu aktivierende Steintafeln auch nebeneinander.

Warum uns die Blume nicht gleich mehrere Ladungen gibt, die Anzahl der Blumen im jeweiligen Spielabschnitt nicht limitiert ist oder wir im Spiel nicht einfach unsere Kapazität an magischen Ladungen erhöhen können, ist uns schleierhaft. Glücklicherweise gibt es daneben auch noch weitere und vor allem tiefgründigere Rätsel. Unter anderem müssen wir uns mit dem Fuchs auf einen Schalter stellen, mit Hilfe von Magie unseren Körper in Geisterform verlassen, so durch das geöffnete Tor schlüpfen und dort mit einer Lichtexplosion eine dunkle Knospe vernichten, um einen neuen Durchgang in das nächste Areal des Levels zu öffnen.

Probleme mit der Rätselmechanik

Allerdings offenbart Spirit of the North auch in dieser Komplexität, das durchdachtes Gamedesign keine Stärke der Entwickler ist. An vielen Stellen müssen wir unter Zeitdruck agieren und die uns zur Verfügung stehende Zeit ist immer so knapp bemessen, dass wir das Puzzle erst beim vierten oder fünften Anlauf schaffen. Das sorgt mit den dazugehörigen Laufwegen zurück zum Anfang und einem gelegentlich inbegriffenen Umweg zur letzten Blume für Frustration. Ein paar Sekunden mehr hätten hier definitiv nicht geschadet. Zu guter Letzt gibt es jedoch auch Rätsel, deren Lösung wir einfach nicht durchschauen. So müssen wir an einer Stelle mehrmals an Steinringen drehen. Es gibt keine ersichtlichen Hinweise darauf, ob wir einen der Ringe richtig drehen – hier hilft nur ausprobieren.

Abseits der Wege der schön designten Spielwelt gilt es noch bis auf die Knochen verweste Pilger zu erlösen, indem wir ihren in der Nähe versteckten Stab finden. Belohnt werden wir mit kosmetischen Skins für unseren Rotfuchs, die wir im laufenden Spiel an- und abschalten können. Unter technischen Gesichtspunkten weist die Nintendo-Switch-Fassung viele verwaschene und zum Teil nachladende Texturen auf, die besonders in den ersten Kapiteln negativ auffallen. Dafür entschädigt der tolle Soundtrack, der mit Klavierklängen das repetitive und circa vier bis fünf Stunden lange Spirit of the North immerhin musikalisch zu einem wirklich atmosphärischen Genuss macht.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Nachdem ich erst vor Kurzem das erste Mal das von vielen hochgelobte Journey gespielt habe und nicht verstehen kann, wie diese Lobhudelei zustande kommt, ging ich mit gemischten Gefühlen an Spirit of the North heran. Das Spiel geht in eine ähnliche Richtung wie Journey, bietet in spielerischer Hinsicht aber deutlich mehr. So wird das Erkunden der Spielwelt und das Erlösen von Verstorbenen stets mit neuen Skins für meinen Rotfuchs belohnt. Auch die Rätsel sind eine willkommene Abwechslung, die in die Weltenerkundung greift. Leider ist die Umsetzung der Rätsel mehr schlecht als recht, da sie mir jedes Mal, wenn ich sie nicht direkt schaffe, unnötig Frust beschert. Ich muss die Aufgabe nicht nur von Neuem beginnen, sondern in vielen Fällen auch noch einen Umweg hinnehmen, um meinen auf eine Ladung limitierten Magievorrat aufzustocken. Da frage ich mich, ob die Entwickler ihr Spiel überhaupt selbst gespielt haben. Dennoch gefällt mir die verträumte und in herbstliche Farben gehüllte Spielwelt mit ihrem atmosphärischen Soundtrack so gut, dass ich in Spirit of the North auch künftig immer mal wieder hineinschnuppern werde, wenn auch mit einem lachenden und einem weinenden Auge.