Tony Hawk’s Pro Skater 1+2 – TEST
Bereits 2012 wagte sich Publisher Activision daran, die Serienursprünge von Tony Hawk’s Pro Skater mit einer HD-Aufpolierung neu aufzulegen. Fortgeführt wurde das Konzept aber nicht. Das Remake der ersten beiden Teile aus dem Jahr 2020 zeigt dafür, wie es richtig geht.
Im Jahr 1999 überraschte der ursprüngliche Entwickler Neversoft mit einem Sportspiel, bei dem Skateboard-Legende Anthony Frank „Tony“ Hawk als Namenspate herhielt. Neversoft landete mit Tony Hawk’s Pro Skater einen Hit, auf den mehrere Fortsetzungen folgen sollten. Kaum eine andere Videospielreihe hat um das Millenium herum die deutsche Generation Y so geprägt, wie es Tony Hawk’s Pro Skater geschafft hat. Das liegt weniger am Design und Gameplay des Skateboardspiels, sondern mehr an den Werten und Inhalten, die es verkörpert. Um die Jahrtausendwende erreichte die Amerikanisierung in Deutschland ihren vorläufigen Höhepunkt und der American Way of Life zeigt in der Person von Hawk ein letztes Mal, zu welchen Höchstleistungen ein Mensch nach amerikanischer Vorstellung imstande sein kann.
Mit Punk Rock und Ska Punk wird im Spiel hingegen die Lebenseinstellung von Teenangern und junger Erwachsener auf den Punkt gebracht. Mit dem Remake, das auf den ersten beiden Serienteilen basiert, fällt diese immense Bedeutung flach. Dennoch dürfte Tony Hawk’s Pro Skater 1+2 gerade für dreißig- bis vierzigjährige Spieler eine Rückbesinnung an ihre Jugend sein, die sich an viele Stunden mit ihrem Idol erinnern. Jüngere oder noch ältere Spieler werden hingegen wohl nur wenig mit dem Spiel anfangen können, wie wir im Folgenden erklären.
Abwechslungsreiche Areale mit Herausforderungen
Eine großartige Geschichte erzählt Tony Hawk’s Pro Skater 1+2 nicht. Stattdessen ist in diesem Spiel der Name zugleich das Programm. Wir schlüpfen in die Rolle der titelgebenden Skateboard-Legende und anderen Profis der Sportart. Dabei skaten wir nicht nur in speziell dafür vorgesehenen Skateparks, sondern auch auf der befahrenen Straße, quer über Schulhöfe, durch leere Lagerhallen und stillgelegte Einkaufszentren sowie geräumige Flugzeughangars. Das Spiel bietet dadurch jede Menge Abwechslung, auch wenn das grundlegende Gerüst mit seinen Halfpipes und Rails außerhalb der Skateparks mit Abhängen, Schrägen, Rohren und Geländer stets wiederzuerkennen ist. So bleibt das Gameplay auf der einen Seite zwar gleich, auf der anderen Seite ist jedes neue Areal eine willkommene Herausforderung.
Innerhalb von zwei Minuten ist es unsere Aufgabe, eine bestimmte Anzahl an Buchstaben und Symbolen einzusammeln, ein verstecktes Tape zu finden, verschiedene Gegenstände zu zerstören, spezielle Manöver auszuführen oder eine bestimmte Punktzahl zu erreichen. Besonders letztere Aufgabe hängt eng damit zusammen, verschiedene Tricks auszuführen. Haben wir genügend Umdrehungen in der Luft gemacht oder sind lange genug über Rohre geschlittert, können wir unseren Punktezähler mit Spezialtricks so richtig in die Höhe schnellen lassen. Motivierend!
Steile Lernkurve trotz reichlich vorhandener Motivation
Schnell finden wir uns in Tony Hawk’s Pro Skater 1+2 in einer Suchtspirale wieder, da zwei Minuten pro Level natürlich viel zu kurz sind, um alle Aufgaben auf einmal abzuschließen. Noch dazu verlangt das Spiel von Beginn an, dass wir alle Tricks und Manöver auswendig kennen. Es gibt zwar ein Tutorial, doch die Vielzahl an Möglichkeiten, Kombinationen und Knopfbelegungen legen uns Steine in den Weg. Hier solltet ihr euch nicht entmutigen lassen, denn nach vier bis fünf Stunden Einarbeitungszeit können wir mit ersten Erfolgen auf unsere ersten mühseligen Skateversuche zurückblicken. Definitiv haben wir das Gefühl, mit der Zeit besser zu werden.
Die Lernkurve ist jedoch hoch und in der schnelllebigen Gesellschaft der deutschen Generation Z, die eine sofortige Befriedigung ihrer Bedürfnisse und somit auch ein sich schnell einsetzendes Erfolgserlebnis erwartet, dürfte Probleme haben, das Potenzial des Spiels zu erkennen. Hierzu muss erwähnt werden, dass spätere Levels erst dann freigeschaltet werden, wenn genügend Aufgaben in vorherigen Arealen erfolgreich abgeschlossen werden. Wer es also auf Gedeih und Verderb nicht schafft, hohe Punktzahlen zu erreichen, was wie gesagt kein Zuckerschlecken ist, steckt schon sehr bald in ermüdenden Wiederholversuchen fest. Hier orientiert sich das Spiel auch für unseren Geschmack viel zu sehr an den Originalen.
Umfangreiche Klassiker
Leichter wird das Spiel dadurch, dass wir in jedem Gebiet für jeden Skater eine festgelegte Anzahl an Skillpunkten einsammeln können. Diese dürfen wir danach auf die Fähigkeiten der Charaktere verteilen und auf Wunsch auch wieder abziehen. So können wir – von den grundlegenden Attributen ausgehend – einstellen, wie hoch unser Skater in einer Halfpipe springen oder wie gut er das Gleichgewicht bei einem Manual halten kann. Um die Areale besser kennenzulernen, können wir auch im Free-Skate-Modus auf Erkundungstour gehen. Dabei kann im Vorbeigehen gleich die Steuerung geübt werden, die sehr direkt ausfällt und dank der häufig ungünstigen Kameraperspektive auch sehr nervig sein kann.
Wer die Hürde des Einarbeitens erst einmal überwunden hat, wird unglaublich viel und gerne Zeit in Tony Hawk’s Pro Skater 1+2 investieren. Das liegt auch daran, dass es einen Mehrspielermodus gibt, den wir online oder lokal via Splitscreen angehen dürfen. Für weiteren Nachschub an Inhalten sorgt ein zugänglicher Level-Editor, mit dem wir schlichte Skateparks erstellen und mit der Welt teilen dürfen. In puncto Technik ist die Switch-Fassung aufgrund verwaschener Texturen, vieler fehlender grafischer Details, längerer Ladezeiten, einer festen Bildwiederholrate von dreißig Bildern pro Sekunde und dennoch seltener Framerate-Einbrüche die schwächste Version des Spiels. Auf PlayStation 5 und Co ist die technische Erfahrung besser. Wer nur eine Switch besitzt, kann sich den Titel guten Gewissens aber auch auf der Hybridkonsole zulegen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
In meiner Jugend konnte ich um das Jahr 2000 mit Tony Hawk’s Pro Skater nicht sonderlich viel anfangen. Zwar fand ich es immer beeindruckend, wenn Freunde mir ihre Tricks und Kombinationen auf ihrem Röhrenfernseher gezeigt haben, doch selbst bin ich immer wieder an der überladenen Steuerung gescheitert. Sonderlich viel besser ist diese im Remake nicht. Dennoch versuche ich jede freie Minute in Tony Hawk’s Pro Skater 1+2 zu stecken, um mich noch mehr in das Gameplay hineinzufuchsen. Dabei merke ich, wie ich peu à peu Fortschritte erziele und stetig besser werde. Das Grundgerüst mit den Halfpipes und Rails ist zwar in jedem Level vorhanden, wird aber durch clevere Ideen kaschiert, sodass ich in verschiedenen Arealen immer wieder vor neuen Herausforderungen stehe. Wäre die Steuerung etwas weniger direkt und hätte sie eine etwas angenehmere Fehlertoleranz, so würde ich sicher noch sehr viel mehr Spaß mit dem Titel haben. Auch das Freischalten von neuen Levels ist in meinen Augen eine zu zeitintensive und unzeitgemäße Angelegenheit. Trotz dieser Defizite habe ich definitiv meinen Spaß mit dem Spiel und jeder, der etwas mit dem Sport anfangen kann, darf ruhigen Gewissens einen Blick riskieren. Am ehesten werden aber Spieler der Generation Y auf ihre Kosten kommen, da diese noch dazu in vielen schönen Erinnerungen schwelgen können.