Turok 2: Seeds of Evil – TEST

Nachdem im März 2019 bereits das Seriendebüt Turok: Dinosaur Hunter in einer überarbeiteten Switch-Fassung veröffentlicht wurde, folgte nur wenig später im Juli 2019 das Remaster des zweiten Nintendo-64-Klassikers. Der ersten Euphorie folgt allerdings Ernüchterung, denn zwei Elemente von Turok 2: Seeds of Evil fielen unverständlicherweise der Schere zum Opfer.

 


Turok 2 knüpft an die Ereignisse des ersten Serienteils nur vage an. Der ehemalige Protagonist Tal’Set ist in die ewigen Jagdgründe eingegangen und macht Platz für einen neuen Helden, der den Titel Turok tragen darf. Gemeint ist damit Joshua Fireseed, in dessen Rolle wir von Beginn an schlüpfen. In der ersten Spielminute gelangt Fireseed durch ein Portal und macht prompt Bekanntschaft mit der Außerirdischen Adon. Von dieser erfährt er, dass ein neuer Feind am Horizont auftaucht. Der Primagen genannte Bösewicht wurde auf seinem Raumschiff für alle Zeiten eingesperrt, da er der Erschaffung des Universums unerlaubterweise beigewohnt hat.

Logik wird in Turok 2 offensichtlich nicht großgeschrieben, doch das muss es auch nicht – schließlich ist auch der zweite Teil der Ego-Shooter-Reihe im ominösen verlorenen Land angesiedelt. Hierbei handelt es sich um einen Ort, an dem Raum und Zeit keine Rolle spielen. Genau diesen Umstand will sich der Primagen zunutze machen und die fünf Energie-Totems, die ihn in seinem Raumschiff gefangen halten, mit seinen Armeen zerstören. Im Angesicht der dunklen Bedrohung können wir die Eroberung des verlorenen Landes natürlich nicht tatenlos mit ansehen und machen uns von der recht übersichtlich geratenen Hub-Welt, die in alle sechs Levels des Spiels führt, auf den Weg, das verlorene Land vor der Invasion zu retten und die Befreiung des Primagens mit allen Mitteln zu verhindern.

Sechs große Spielwelten

Im Gegensatz zum Serienerstling ist die Story wesentlich präsenter, wird sogar in unregelmäßigen Abständen mit synchronisierten Anweisungen von Adon an Fireseed vorangetrieben. In unseren Augen der nötige Fortschritt, den die Reihe damals wie heute gebraucht hat. Am eigentlichen Gameplay hat sich hingegen nur wenig verändert. So durchforsten wir mit Fireseed aus der Ego-Perspektive sechs sehr große Levels, die zum Erkunden einladen. Hierbei handelt es sich um den Hafen von Adia, den Fluss der Seelen, die Sümpfe des Todes, die Höhle der blinden Jäger, die Kolonie der Mantids und schließlich noch das Raumschiff des Primagens. Damit ist der zweite Teil ebenso abwechslungsreich wie sein Vorgänger, verzichtet jedoch weitgehend auf den Dschungel und Tempelanlagen.

Trotzdem sind Level-Struktur und Architektur stark an die erste Turok-Episode angelehnt, weshalb Serienkenner sich sofort zurechtfinden. So fühlen sich auch die Levels von Turok 2 sehr schlauchartig an. Trotzdem gibt es im zweiten Teil ebenfalls weitläufige Gebiete, die sich zwischen den Verbindungspfaden erstrecken – und genau die sollten wir auch unbedingt gründlich erkunden, da es pro Level mehrere Ziele gibt, die wir auf unserer Liste abhaken müssen. Beenden wir einen Spielabschnitt beispielsweise ohne die nötige Zerstörung aller Seelentore oder ohne die Aktivierung aller Warnleuchttürme für die Überlebenden, werden wir wieder zurück zum Level-Anfang geschickt.

Ego-Shooter für Einsteiger und Profis

Was zunächst nach unterdurchschnittlichem Gamedesign klingt, fällt in der Praxis aber nicht sonderlich schlimm aus. Sicherlich ist es nervig, die Welt noch einmal abzulatschen, doch da die jederzeit aufrufbare Karte automatisch aktualisiert wird, fallen auch schnell zuvor nicht untersuchte Ecken auf. Hinzu kommt, dass wir gesammelte Munition und über das Maximum gesteigerte Lebensenergie behalten dürfen und nur wenige getötete Feinde in den Arealen und Gängen zurückgesetzt werden. Ebenfalls sollte nicht unterschätzt werden, dass das Spiel auch an allen Ecken und Enden mit Collectibles gefüllt ist. Das sind zum einen quadratische Elemente, von denen einhundert Stück einen weiteren Versuch bescheren, und zum anderen Schlüssel, die wir zum Öffnen der Portale zu fünf der sechs Welten in der Hub-Welt benötigen.

Im Gegensatz zum Nintendo-64-Original bietet Turok 2 auf der Switch mit rein optionalen, allerdings voreingestellten Pop-ups besonders für Anfänger und Neulinge Hilfestellungen an, die in den einzelnen Gebieten zum nächsten wichtigen Punkt führen, sofern sich Fireseed diesem nähert. Hier kommen also sowohl hartgesottene Ego-Shooter-Fans, die mit der gefühlt unverzeihlichen Präsentation leben können, als auch Einsteiger voll und ganz auf ihre Kosten. Wieder mit von der Partie sind auch die Schwierigkeitsgrade, die das ganze Spektakel in puncto Trefferstärke und Gegneranzahl erfreulicherweise zusätzlich personalisieren lassen.

Fast so wahnsinnig wie der Vorgänger

Ein großer Kritikpunkt des Vorgängers ist das auch in der technischen Überarbeitung immer noch minderprächtige Schussgefühl, denn oft reicht es sowohl für uns als auch unsere Feinde aus, einfach nur in eine Richtung zu zielen und abzudrücken. In Turok 2 haben die Entwickler diese Mechanik erheblich überarbeitet, sodass sich ein Feind auch wirklich im Fadenkreuz befinden muss, damit wir ihn treffen. Andersherum gelingt es meistens, aber auch nicht immer, den langsameren Schüssen der Gegner auszuweichen. Diesmal bekommen wir es übrigens mit großen und kleinen Velociraptoren, bissigen Spinnen, Untoten oder den bösartigen Dinosoids, humanoide Hybridwesen, zu tun.

Zur Bekämpfung der Schädlinge steht vom einfachen Bogen, der Pistole, der Schrotflinte bis hin zum übertriebenen Partikelbeschleuniger wieder einmal ein abgefahrenes Waffenarsenal zur Verfügung. Das Höchste der Gefühle dürfte aber wohl im zweiten Level der Ritt auf einem mit Granatwerfern und Maschinengewehren ausgestattete Triceratops sein. Das liegt nahe, dass Turok 2 seinen Vorgänger in puncto Irrsinn übertreffen möchte. In bestimmten Situationen mag das zwar stimmen, doch ein wahnwitziges Bossdesign wie im ersten Teil bleibt in Turok 2 allerdings gänzlich aus. In der Regel sind es eklige oder insektenartige Außerirdische, denen Fireseed ordentlich den Hintern versohlen muss. Obwohl hier mehr möglich gewesen wäre, passen die Bossgegner gut zur Story.

Gelungene Überarbeitung mit fehlenden Inhalten

Sowohl auf dem Nintendo 64 als auch auf der Switch funktioniert die Steuerung tadellos. Auf dem Nintendo 64 bewegen wir uns über die C-Knöpfe und sehen uns per Control-Stick um – auf der Switch übernehmen diese Aufgaben die beiden Analog-Sticks, wobei das Umsehen mit dem Gyrosensor erleichtert wird. Visuell ist das Alter des erstmals 1998 veröffentlichten Titels deutlich zu erkennen. Charaktermodelle sind etwas klobig und manche Texturen matschig, auch wenn letzteres auf dem Nintendo 64 mit dem Expansion Pak und dem dadurch vergrößerten Arbeitsspeicher abgeschwächt werden kann. Auf den Screenshots nicht zu sehen ist die im Gegensatz zum Original flüssige Bildwiederholungsrate der Switch-Version, die in nur seltenen Fällen leicht ins Stottern gerät und sonst butterweich läuft.

Akustisch untermalt Turok 2 das Geschehen mit adrenalingeladenen Tracks richtig gut und auch Soundeffekte wie Schüsse in der Ferne oder schreiende Soldaten, die gerade abgeschlachtet werden, lassen den Ernst der Lage erkennen. Durch Gegnergeräusche können wir abschätzen, welcher Feind hinter der nächsten Ecke lauert. Wirklich bedauerlich ist, dass das Spiel ohne die deutsche Synchronisation vom Nintendo 64 und zudem auch noch ohne Untertitel auskommt. Ebenso fragen wir uns, wo der Splitscreen-Mehrspielermodus auf der Switch geblieben ist. Zumindest der Multiplayer-Modus der 2017 veröffentlichten PC-Fassung hätten die Entwickler beilegen müssen, denn so bleibt trotz aller Euphorie und Nostalgie ein kleiner, bitterer Nachgeschmack.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Turok 2: Seeds of Evil erzählt zwar nur eine rudimentäre, aber dennoch stimmungsvolle Story, die das Turok-Universum erweitert und bereichert. Auch wenn das Setting trotz des Schauplatzes, an dem alles möglich erscheint, nicht ganz so abgedreht ist wie noch beim Vorgänger, kann das schnelle und dieses Mal sogar wesentlich einsteigerfreundlichere Gameplay erneut über zehn Stunden an den Bildschirm fesseln. Im Kern steht eine hemmungslose Ballerorgie, die mit der Erforschung der Spielwelt und abgefahrenen Ideen wie dem Ritt auf einem Triceratops oder dem Einsatz des Partikelbeschleunigers Hand in Hand geht. Schade ist unterm Strich nur, dass zum einen die deutsche Synchronisation und zum anderen der Mehrspielermodus der Nintendo-64-Version ersatzlos gestrichen wurde. Hier hätten die Entwickler mit der sonst recht liebevollen Überarbeitung des Klassikers besonders punkten können. So bleibt immer noch ein gutes, aber eben nicht sehr gutes Gesamtpaket.