Metroid Dread – TEST
Nachdem das Entwicklerstudio MercurySteam mit Metroid: Samus Returns bereits ein Remake eines weniger beliebten Serienteils mit Bravour meisterte, durfte es sich danach an einem neuen Spiel der Reihe versuchen. Das Ergebnis, Metroid Dread, polarisiert jedoch stark.
Wer die Metroid-Reihe kennt, hat eine ungefähre Vorstellung davon, was ihn oder sie in Metroid Dread erwartet. Allerdings geht das von MercurySteam und Nintendo Entertainment Planning & Development entwickelte Action-Adventure zumindest in puncto Gameplay in eine leicht andere Richtung. Ein sehr hoher Schwierigkeitsgrad, viele verdeckte Quick-Time-Events und zu kurze Reaktionszeiten sind die Punkte, die aus dem weitgehend identischen Gameplay der Serie herausstechen. Schmecken dürfte das sicher nicht jedem Fan des Franchises. Stellenweise werden wir das Gefühl nicht los, dass mit Metroid Dread eine Zielgruppe bedient werden will, die an ihren Fähigkeiten in knüppelharten Spielen wie Dark Souls wachsen, doch dazu später mehr.
Storytechnisch knüpft das Spiel an die Ereignisse von Metroid Fusion an, das im Jahr 2004 für den Game Boy Advance veröffentlicht wurde. Auch wenn seither weitere Episoden der Metroid-Reihe veröffentlicht worden sind, schließt Metroid Dread für die Switch die Geschichte ab, die mit dem Seriendebüt für das Nintendo Entertainment System im Jahr 1986 begann. Protagonistin Samus Aran hat sich gegen die gefährlichen X-Parasiten behauptet. Auf dem Planeten ZDR sollen sich weitere Parasiten aufhalten, die ausgelöscht werden müssen. Dort angekommen stellt sich Samus Aran ein neuer Feind in den Weg.
Gelungenes Gameplay in einer funktionalen Umgebung
Wie schon die vorherigen vier Abenteuer der Kernreihe mitsamt ihren Remakes kontrollieren wir Samus Aran in Metroid Dread aus der zweidimensionalen Seitenperspektive, auch wenn die Hintergründe dreidimensional in die Tiefe gehen. Wir schießen mit unserer Armkanone auf alles, was sich irgendwie bewegt, springen über Abgründe und erreichen neue Höhen. ZDR entpuppt sich dabei als verwinkeltes Labyrinth, in dem wir zunächst nicht alle Abzweigungen nehmen können.
Wie für die Serie üblich liegt das daran, dass wir zu Beginn der Story durch einen Zwischenfall all unsere Technologien verlieren. Diese sammeln wir im Verlauf der auf circa acht bis zehn Stunden ausgelegten Kampagne wieder ein und erhalten dadurch Zugriff auf neue Fähigkeiten. Dann können wir uns plötzlich einkugeln und in der Morph-Ball-Gestalt durch kleine Gänge rollen. Mit dem Grapple Beam können wir uns an vordefinierten Stellen über Abgründe schwingen oder Blöcke aus der Wand reißen. Auch die verschiedenfarbigen Türen können wir in Metroid Dread mit unterschiedlichen Munitions- und Waffenarten öffnen. All das ist unglaublich spaßig. Trotz des sehr verwinkelten Aufbaus und fehlender Zielmarkierungen auf der In-Game-Karte verlieren wir auch nie den Anschluss, da der Weg zum nächsten Ziel linear ist und die verschiedenen Räume zumindest spielmechanisch logisch verbunden sind.
Ermüdende Konfrontationen mit Superrobotern
Erlangen wir beispielsweise den hitzeabweisenden Varia Suit zurück, können wir uns sicher sein, dass auf geradlinigem Weg eine der nächsten Türen zu einem jener Gebiete führt, in denen hohe Temperaturen ein Vorankommen bisher verhindert haben. Beim Aufbau von ZDR haben sich die Entwickler viel Mühe gegeben, was dem stringenten Spielfluss zugute kommt. Metroid Dread ist aber kein Spiel mit durchgehend funktionierendem Flow.
Es gibt repetitive und für die Serie ungewohnt knackige und je nach Spielertyp regelrecht unfaire Stellen, die den Fortschritt abbremsen. Diese können nicht umgangen werden können, indem wir ZDR nach versteckten Items durchsuchen, die unseren Munitionsvorrat oder unsere Energieleiste erhöhen. Gemeint sind die Konfrontationen mit den Extraplanetar-Mobil-Multiform-Identifizierer, kurz E.M.M.I. genannten Superrobotern. In instanzierten Gebieten machen diese Jagd auf uns, weshalb wir zunächst vor ihnen flüchten müssen. Erst wenn wir am Ende des Areals unsere Waffe temporär in die Omega Weapon umwandeln, haben wir eine Chance gegen sie. Normale Schüsse richten keinen Schaden an. Hinzu kommt, dass die E.M.M.I. uns mit einem Schlag töten, wenn wir nicht rechtzeitig kontern. Dafür haben wir nur eine Möglichkeit, deren Reaktionszeit noch dazu viel zu knapp ausfällt und nicht immer deutlich ist.
Motivierende Bosskämpfe als Frustmomente
In unseren Augen ist das schlechtes Spieldesign. Zu häufig führt dieses Konzept zum Game-Over-Bildschirm, doch zum Glück haben die Entwickler in dieser Disziplin mitgedacht. Sie lassen uns nicht den ganzen Weg vom letzten Speicherpunkt aus noch einmal nehmen. Stattdessen landen wir einfach vor dem aktuellen Areal und verlieren somit etwas weniger Lebenszeit. Ähnlich sieht es auch bei den Bossgegnern aus. Diese sind verdammt hart – mit dem positiven Unterschied, dass es hier tatsächlich nur auf unser persönliches Können ankommt.
Wir müssen oft gleichzeitig gegnerischen Projektilen ausweichen, einen Angriff im richtigen Moment kontern, den Gegner zwischendurch selbst anvisieren und Raketen abfeuern. So lernen wir die Bossgegner, deren Manöver durchweg in mehrere Phasen aufgeteilt sind, nach mehreren Anläufen immer besser kennen. Das ist deutlich motivierender als die zu häufigen Konfrontationen mit den E.M.M.I. – dennoch könnten sich jüngere oder unerfahrene Spieler oder gar Serienfans von diesem hohen Schwierigkeitsgrad überfordert fühlen, zumal Nintendo auf der Spielverpackung nicht auf diese Ungewöhnlichkeit der Serie hinweist. Der Spielspaß steht und fällt in Metroid Dread also vor allem mit unserer Frustresistenz. Trotz der am Ende angezeigten Spielzeit von etwa acht Stunden haben wir den Titel doppelt so lange gespielt.
Verpasste technische Möglichkeiten
Unter technischen Gesichtspunkten kann Metroid Dread weitgehend brillieren. Fast durchweg läuft das für die Nintendo Switch entwickelte Spiel sehr flüssig. Es gibt jedoch in der zweiten Spielhälfte ein paar Momente, in denen zu viel auf dem Bildschirm passiert. Genau dann geht die Bildwiederholrate leicht in die Knie, was die Spielbarkeit vor allem in zwei Bosskämpfen etwas schmälert. Machbar sind diese dennoch, obwohl die Qualitätssicherung hier ein wenig aufmerksamer hätte sein können. Auch ein paar der Texturen wirken ein wenig matschig, was auf der Switch wirklich nicht sein müsste. Dafür überzeugen wiederum die Lichteffekte.
Beim Soundtrack von Kenji Yamamoto, Sōshi Abe und Sayako Doi bleiben jedoch leider zu wenige Melodien hängen. Nur ein paar atmosphärische Stücke haben es ins Spiel geschafft. Mehr wäre auch bei der Bedienung des Spiels möglich gewesen, denn obwohl sich das Abenteuer bis zum Abspann auf einer zweidimensionalen Ebene abspielt, können wir Samus Aran nur über den Analog-Stick bewegen, nicht aber über das Steuerkreuz. Hin und wieder fühlt sich die Steuerung etwas hakelig an, fällt aber nicht so stark ins Gewicht. Eine alternative oder frei konfigurierbare Methode wären ein feiner Zug gewesen. Aufgrund der Defizite ist der Titel vielleicht kein Überflieger, aber definitiv eine Empfehlung für Hardcore-Spieler geworden!
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Metroid Dread ist in meinen Augen zwar ein solides Spiel, doch keinesfalls die erhoffte Serienfortsetzung geworden. Das ist wirklich schade, denn im Kern funktioniert das Action-Adventure genauso wie ich es von einem Spiel der Metroid-Reihe erwarte. Es macht Spaß, den Planeten ZDR zu erkunden und versteckte Geheimnisse aufzustöbern. Selbst die Bossgegner, die knüppelhart sind, motivieren mich, ihre Angriffsmanöver zu durchschauen und meine Fähigkeiten zu verbessern. Dies dürfte aber gerade die Serienfans vor den Kopf stoßen, die nicht die Muße haben, sich in die teilweise komplexen Mechaniken einzuarbeiten. Sehr viel mehr dürften sich diese auch an den E.M.M.I. stören, die übermächtig sind und nur auf eine Art und Weise besiegt werden können. Wer nicht frustresistent ist und nicht zu häufig Bekanntschaft mit dem Game-Over-Bildschirm machen will, wird mit Metroid Dread nicht viel Spaß haben. Es ist ein Spiel, das sich an hartgesottene Spieler richtet. Diese werden trotz ein paar technischer Mankos aber sehr viel mehr Spaß mit dem Titel haben können. Der durchschnittliche Metroid-Fan wird so meiner Meinung aber nach angesprochen.