Kirby und das vergessene Land – TEST

Fast genau vier Jahre nach Kirby Star Allies kehrt Nintendos pinker Held in seinem ersten 3D-Jump-’n’-Run auf die Switch zurück. Nur knapp einen Monat vor dem dreißigsten Jubiläum erlebt Kirby in Kirby und das vergessene Land ein kunterbuntes und knuffiges Abenteuer.


Am 27. April 1992 erschien mit Kirby’s Dream Land das erste Spiel mit dem pinken Titelhelden in Japan. Auf damaligen Spieleverpackungen oft noch in weiß gehalten, eroberte Kirby seit dem alle Nintendo-Systeme und die unterschiedlichsten Genres. Trotzdem hat es Kirby im Gegensatz zu seinen Kollegen Mario und Donkey Kong nie geschafft ein eigenes 3D-Jump-’n’-Run zu erhalten. Das hat sich nun mit Kirby und das vergessene Land geändert. Nintendo und HAL Laboratory schicken den Traumländer vom Planeten Pop auf Rettungsmission in eine andere Dimension und vor Kreativität nur so strotzenden Level.

Charmantes Hüpfabenteuer

Gleich zu Beginn sei gesagt: Die Geschichte ist Nintendo- und Genre-typisch belanglos. Kirby, die Waddle Dees und ihre Umgebung wird von einem geheimnisvollen Tor in eine andere Dimension gezogen. Dort trifft Kirby auf das fliegende Wesen Elfilin und wird von diesem gebeten bei der Rettung der von den Bestien entführten Waddle Dees zu helfen. Mehr braucht es nicht, um Kirby und somit uns auf ein spaßiges Jump-’n’-Run-Abenteuer zu schicken. Erwartet aber nicht, dass die Geschichte jemals mehr bietet. Das grandiose Gameplay steht eindeutig im Vordergrund und ist ein mehr als willkommener Ersatz für die vernachlässigbare Geschichte. Tatsächlich lässt uns die Freude, die wir beim Spielen haben, die Story sogar recht bald fast schon komplett vergessen. Wichtig ist nur: Wir müssen Waddle Dees retten und dürfen dafür spaßige Level absolvieren.

Ein Open-World-Spiel ist Kirby und das vergessene Land entgegen anfänglicher Spekulationen nicht. Stattdessen durchstreifen wir lineare Level, in denen wir uns frei bewegen dürfen. Das erinnert ein wenig an Super Mario 3D World und weniger an Super Mario Odyssey. Ein Nachteil ist das aber keineswegs. Dafür sind die Level zu detailreich, farbenfroh, knuffig und kreativ gestaltet. Über eine Weltkarte erreichen wir die nacheinander die sechs Welten des Spiels und die darin enthaltenen Level. Von den urbanen Graslanden über ein verfallenes Einkaufscenter, einsame Strände und einen verlassenen Vergnügungspark wird viel geboten. Wichtig dabei ist, dass die Level nicht nur klassisches Kirby-Jump-’n’-Run-Gameplay inklusive unterschiedlicher Spezialfähigkeiten bietet, sondern auch kleinere Rätsel. Diese sind natürlich in die Level eingebunden und oft nur mit der richtigen Fähigkeiten zu absolvieren. Als Belohnung winken Sammelfiguren oder sogar zu rettende Waddle Dees. Das bringt uns dazu wirklich jede noch so kleine Ecke zu erkunden und Level erneut anzugehen.

Farbenfroher Entdeckerdrang

Zusätzlich wollen wir die unterschiedlichen Aufgaben, die jedes Level bietet erfüllen. Was wir genau tun sollen, bleibt jedoch verborgen, weshalb gutes Umsehen hilfreich ist. Als Belohnung für jedes erreichte Ziel winkt ein weiterer befreiter Waddle Dee. Hier wird Motivation, auch zum erneuten Erkunden der spaßigen Level großgeschrieben. Da Kirby, die Gegner und die Umgebungen nicht nur farbenfroh, sondern auch noch überaus knuffig gestaltet sind, verströmt Kirby und das vergessene Land zudem eine regelrechte Gute-Laune-Atmosphäre, die einfach nur fröhlich stimmt. Dazu trägt selbstverständlich auch der tolle Soundtrack inklusive bekannter Kirby-Melodien bei.

Dank zwei unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade und optionalem Koop-Modus, bei dem Kirby von einem Waddle Dee unterstützt wird, wird außerdem genau die richtige Herausforderung für jeden geboten. Zwar ist Kirby und das vergessene Land auch im höheren wilden Modus nicht wirklich schwer, doch gerade im späteren Verlauf des Spiels wollen Fähigkeiten im Kampf gegen große und starke Gegner sinnvoll und überlegt eingesetzt werden. So leicht wie frühere Kirby-Spiele ist das 3D-Debüt hier nicht.

Knuffiges Vollstopfen, großartige Bosse

Nintendo und HAL Laboratory setzen aber nicht nur auf die neuen 3D-Level als einzige große Neuerung. Als neues Gameplay-Element hält der Vollstopf-Modus Einzug in Kirbys Abenteuer. An bestimmten Stellen in den Leveln dürfen wir große Objekte wie Autos, Getränkeautomaten oder Verkehrskegel einsaugen, wodurch sich Kirbys Körper entsprechend verformt. So rasen wir geschwind über Straßen, schießen mit Dosen um uns oder zerstampfen mit einer Kopfattacke Böden und Rohre. Das bringt zusätzliche Abwechslung in die toll designten Level und fügt sich so natürlich ein, dass alles wie aus einem Guss wirkt. Der Vollstopf-Modus fügt sich in das restliche Gameplay so gut ein, dass es so wirkt, als hätte Kirby diese Fähigkeit schon immer gehabt. Zusätzlich werden dadurch eine abwechslungsreiche Passagen ermöglicht in denen wir durch die Luft schweben oder Achterbahn fahren. Ein großer Spaß!

Haben wir alle Level einer Welt abgeschlossen, helfen uns die Waddle Dee dabei das große Tor vor dem Bossabschnitt zu öffnen. Hier warten auf uns riesige Gegner, die uns den Zugang zur nächsten Welt versperren. Mit Kirbys Spezialfähigkeiten treten wir gegen Riesenaffen, Bäume und andere Kontrahenten an. Die Bosskämpfe sind grandios gestaltet und unterstreichen mit wie viel Kreativität das gesamte Spiel aufwartet. Außerdem bieten gerade die späteren Bosse im höheren Schwierigkeitsgrad eine angenehme Herausforderung für erfahrenere Jump-’n’-Run-Fans. Später dürfen wir sogar in der Arena in Waddle-Dee-Dorf erneut gegen die Bossgegner antreten.

Wuseliges Dorfleben

Allgemein schalten wir einige unterhaltsame Zusatzbeschäftigungen in dem anfänglich zerstörten Dorf frei. Sobald wir ausreichend Waddle Dees befreit haben, werden neue Gebäude errichtet und somit erhalten wir zusätzliche Möglichkeiten uns vom Abenteuer abzulenken. In Kirbys Haus dürfen wir uns ausruhen, Musik aus vorherigen Kirby-Spielen lauschen und einige unserer gefundenen Sammelfiguren ausstellen. In der Arena treten wir in Turnieren an. Andere Gebäude und Einrichtungen wie das Café oder der Angelteich schalten kurzweilige Minispiele frei. Am wichtigsten ist aber der Waffenladen in dem wir Kirbys Spezialfähigkeiten verbessern können. Dafür benötigen wir jedoch die in den Leveln versteckten Blaupausen, Münzen und seltene Sternjuwelen. Letztere finden wir vorwiegend in den „Straßen der Schätze“-Bonusleveln, die wir über die Weltkarte erreichen. In diesen stellen wir uns unter zeitlich begrenzten Herausforderungen.

Die aufgewerteten Fähigkeiten sind deutlich stärker als ihre vorherigen Versionen, erhalten höhere Reichweite oder andere Verbesserungen, die uns spürbar zu Gute kommen. Besonders in den Bosskämpfen profitieren wir davon, wenn wir statt des normalen Schwertes das kolossale Schwert mit uns führen. Etwas schade ist, dass in den Leveln keine speziellen Rätsel oder Aufgaben warten, die wir nur mit aufgewerteten Spezialfähigkeiten absolvieren können. Immerhin setzen einige der „Straßen der Schätze“-Herausforderungen an die verbesserten Fähigkeiten voraus. Allerdings ist das bereits Kritik auf hohem Niveau. Ähnliches gilt für das auf ein Item limitierte Inventar. Kirby kann einen Gegenstand, etwa zur Heilung oder Stärkung unseres Angriffs mitführen, aber eben nur einen. Manchmal hätten wir uns zwar einen weiteren Slot gewünscht, auf den Spielspaß wirkt sich das aber zu keiner Zeit aus.

Kunterbunt mit kleinen Schwächen

Ähnliches gilt für die sehr wenigen technischen Macken, die kaum als solche zu bezeichnen sind. Am Fernseher läuft Kirby und das vergessene Land komplett flüssig. Lediglich die Animationen von weiter entfernten Gegnern und Objekten werden reduziert und können somit manchmal etwas abgehackt wirken. Störend ist das aber genauso wenig wie die sehr seltenen und kaum merklichen Bildrateneinbrüche im Handheld-Modus. Abgesehen davon, ist Kirbys 3D-Jump-’n’-Run-Debüt ein putziges, knuffiges, farbenfrohes und wunderschönes Abenteuer, das uns mit seinem Charme sofort in den Bann gezogen hat. Es macht einfach viel Spaß mit Kirby die Level zu durchstreifen und dabei ganz in der Gute-Laune-Stimmung zu versinken. Nach ungefähr zehn Stunden sehen wir zwar den Abspann, aber es sei zumindest verraten, dass damit noch nicht das Ende erreicht ist. Außerdem laden Sammelfiguren, zu befreiende Waddle Dees und die Beschäftigungen im Dorf zu einer weiteren spaßigen Zeit mit Kirby und das vergessene Land ein!

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Kirby und das vergessene Land sprundelt einfach nur über vor Charme und Knuffigkeit. Nintendo und HAL Laboratory beweisen mit Kirbys 3D-Debüt nicht nur, dass der rosa Traumländer auch in drei Dimensionen überzeugen kann, sondern welche Kreativität und Qualität die Jump ’n’ Runs von Nintendo auszeichnen. Kirby braucht sich mit seinem zweiten Switch-Spiel nicht vor Mario zu verstecken. Die Entwickler haben es geschafft mit kreativem Leveldesign, enormem Entdeckungsdrang, viel Liebe zum Detail und der schlichtweg enormen Knuffigkeit und Gute-Laune-Stimmung eines der besten Jump ’n’ Runs für Switch abzuliefern. Kleinere technische und spielerische Macken können den positiven Eindruck zu keiner Zeit trüben. Dafür ist Kirby und das vergessene Land einfach zu spaßig. Weder Jump-’n’-Run- noch Kirby-Fans kommen um das neue Abenteuer des Traumländers herum – fast lässt sich sogar sagen, dass Kirby und das vergessene Land in jede gut sortierte Switch-Sammlung gehört!