Star Wars: Knights of the Old Republic II – The Sith Lords – TEST

Mit Star Wars: Knights of the Old Republic ging für viele Star-Wars- und Rollenspielfans im Jahr 2003 ein Wunsch in Erfüllung. Star Wars: Knights of the Old Republic II – The Sith Lords, das schon im darauffolgenden Jahr erschien, konnte qualitativ nicht daran anknüpfen.


Es war einmal vor langer Zeit in einer weit, weit entfernten Galaxis. Wie die meisten Werke im Star-Wars-Universum beginnt auch Star Wars: Knight of the Old Republic II mit diesen Worten. Im zweiten Serienteil schlüpfen wir in die Rolle eines Jedi, über dessen Hintergrund wir zunächst nur wenig wissen. Diesen decken wir mit der Zeit auf und erfahren mehr über unsere Rolle in den Mandalorianischen Kriegen. Für unsere Taten wurden wir vom Rat der Jedi offenbar von der Macht getrennt. Die Verbindung zur Macht müssen wir im Verlauf der auf vierzig Stunden ausgelegten Handlung wiederherstellen. Hierbei greift uns die nur wenig durchschaubare Kreia als Mentorin unter die Arme.

Viele Fragen stellen wir uns im Verlauf der Story von Star Wars: Knights of the Old Republic II. Beispielsweise machen die Sith Jagd auf die Jedi und damit auch auf uns. Warum diese trotz verlorenem Jedi-Status von uns wissen, bleibt lange Zeit ein Rätsel. So ist es mit vielen Dingen im Spiel. Besonders wenn Haupt- und Nebenfiguren über bestimmte Ereignisse sprechen, die im ersten Serienteil passiert sind, bleiben sie dabei sehr vage. Die Geschichte traut sich nicht, eine klare Aussage zu treffen. Trotz allem gibt es im späteren Handlungsverlauf interessante Wendungen und Überraschungen zu erleben. Dennoch sei gesagt, dass das Finale wirklich langweilig inszeniert ist und größtenteils einfach unfertig wirkt: ein Problem, an dem das Spiel an mehreren Stellen krankt.

Ein Haufen unsympathischer Charaktere

Auch der Weg zum Abspann ist beschwerlich. Wie beim Seriendebüt ist auch bei Star Wars: Knights of the Old Republic II eine anfängliche Linearität keinesfalls von der Hand zu weisen. Durch regelrechte Schlauchlevels ist die Bewegungsfreiheit aber deutlich eingeschränkter als noch im Vorgänger. Können wir uns damit gerade noch so arrangieren, enttäuschen vor allem die Charaktere, die sich uns als Gruppenmitglieder anschließen. Entweder nerven sie uns mit nicht immer nachvollziehbaren Ratschlägen oder sind darüber hinaus unglaublich unsympathisch.

Es fällt uns in den Dialogen wirklich schwer, höflich zu bleiben. So haben wir ständig das mulmige Gefühl, dass uns Star Wars: Knights of the Old Republic II regelrecht auf die dunkle Seite der Macht ziehen will. Dies kommt auch nicht von ungefähr, denn in den Dialogen stehen uns im zweiten Teil viel mehr und vor allem facettenreiche Dialogoptionen zur Verfügung. Von elegantem Diskreditieren bis zu kraftvollen Drohungen bietet das Spektrum für die „böse“ Spielweise alles, was wir uns wünschen können. Wer hingegen stets brav dem Jedi-Kodex folgen will, hat diese Möglichkeit aber ebenfalls zu jeder Zeit. Schade ist nur, dass zumindest die deutschen Bildschirmtexte an einigen Stellen sehr holprig ausfallen. Viel zu häufig können wir aufgrund der vermutlich sehr schwammigen Übersetzung aus dem Englischen kaum bis gar nicht erahnen, was die nächste kryptische Dialogoption aussagen soll.

Vielschichtige, aber nicht zwingend notwendige Mechaniken

Beim Gameplay hat sich darüber hinaus nur wenig getan. Das musste es innerhalb von einem Jahr auch nicht, denn die Regeln folgen klar den Grundfesten des Rollenspielgenres. So plaudern wir auf Raumstationen und Planeten mit der ansässigen Bevölkerung und nehmen Aufträge an. Entweder helfen wir den Bewohnern der Galaxis gemeinnützig oder nutzen ihre Situation zu unserem Vorteil gnadenlos aus. Als Belohnung winken Erfahrungspunkte, nützliche Items und hilfreiche Credits. Bei letzteren handelt es sich um die Währung des Spiels, mit denen wir uns bei Händlern mit neuer Ausrüstung eindecken können. Dies ist aber eigentlich kaum nötig, da wir die besten Waffen und Rüstungen ohnehin besiegten Widersachern abnehmen können.

Mit den richtigen Fähigkeiten lassen sich an Werkbänken auch besondere Items fertigen, sofern wir daneben über die notwendigen Materialien verfügen. Das System ist zwar eine gelungene Vertiefung der Spielmechaniken, doch wer nicht über die Grundvoraussetzungen beim Werkeln verfügt oder nicht ständig zum Gruppenmitglied mit dem nötigen Wissen wechseln will, wird das System nicht vermissen. Nichtsdestotrotz ist es wie schon beim ersten Teil toll, dass wir auch in Star Wars: Knights of the Old Republic II einen Großteil der Aufgaben auf unterschiedliche Art und Weise lösen können. Für unser nächstes Ziel lassen sich zum Beispiel Computer hacken, Droiden reparieren und Schlösser knacken.

Dungeons and Dragons als Regelwerk

Beim Regelwerk setzt Star Wars: Knights of the Old Republic II wie schon der Vorgänger auf das Regelwerk der dritten Edition des Pen-and-Paper-Rollenspiels Dungeons and Dragons. Wer dieses nicht kennt, muss aber nicht verzagen. Das Spiel vereinfacht diese Mechaniken so sehr, dass wir am Ende ohne Würfel- und Berechungsweg nur die Ergebnisse entschlüsselt bekommen. Dem Menü können wir so zum Beispiel entnehmen, wie hoch unsere Trefferwahrscheinlichkeit ist, wie hoch der Schadensbereich mit unseren ausgerüsteten Waffen ausfällt und wie hoch unser Verteidigungswert ist. Nur im Hintergrund rollen die Würfel, um all das genau so zu berechnen. Wir bekommen als Spieler nichts davon mit, wodurch sich die Spielerfahrung tatsächlich intensiviert.

Daher fühlen sich gerade die Kämpfe von Star Wars: Knights of the Old Republic II so an, als würden sie fast schon in Echtzeit ablaufen. In Wahrheit ist das System rundenbasiert. Wollen wir ein wenig taktieren, können wir das Geschehen jederzeit pausieren und den Charakteren einzeln die Befehle erteilen. Je höher das Level der Charaktere ausfällt, desto mehr Talente wie ein heftiger Angriff und Machtfähigkeiten wie Energieschilde oder Heiltechniken stehen uns im Kampf zur Verfügung. Da die Obergrenze im Gegensatz zum ersten Teil nicht beim zwanzigsten Level liegt, werden unsere Mitstreiter zum Ende des Spiels aber fast schon übermächtig. Der Schwierigkeitsgrad schwankt dadurch.

Kalkulierte Veröffentlichung mit Mängeln

Wer sich an den ersten Teil erinnert, wird vermutlich auch an die drei eher unausgegorenen Minispiele denken. Bei Star Wars: Knights of the Old Republic II hat sich dieser Umstand ehrlich gesagt noch verschlechtert. Das Kartenspiel Pazaak hat zwar ein paar neue Regeln bekommen, ist aber nach wie vor reines Glücksspiel und kaum kalkulierbar. Bei Swoop-Rennen müssen wir nun hin und wieder über Hindernisse springen. Aufgrund der trägen Steuerung in diesem Minispiel ist das aber einfach kein Spaß. Auch das Abschießen von Truppen am Boden oder Raumgleitern im All ist nur Mittel zum Zweck.

Warum diese Minispiele, die im ersten Teil schon eher als öde Dreingabe fungierten, zum zweiten Mal zur Anwendung kommen mussten, ist uns absolut schleierhaft. Vermutlich steckt hier aber der immense Zeitdruck dahinter, dem Obsidian Entertainment ausgeliefert war. Das Spiel musste unbedingt zum Weihnachtsgeschäft im Jahr 2004 fertiggestellt werden. So hat sich der leitende Entwickler des Spiels, Chris Avellone, einmal dazu geäußert, dass das Entwicklerstudio sich zu sehr an Kleinigkeiten aufgehalten haben soll, sodass am Ende einige Teile des Spiels gestrichen werden mussten. Anscheinend litt auch die Qualitätssicherung erheblich darunter, denn anders können wir die Vielzahl an Bugs nicht erklären, die es schon bei den ursprünglichen Fassungen auf dem PC und der Xbox gab und schlussendlich sogar heute noch auf der Switch gibt.

Game Breaking Bugs als Sinnbild einer mangelhaften Qualitätssicherung

Über vermeidbare Wegfindungsprobleme der Charaktere, nicht ausgeführte oder gar nicht erst vorhandene Animationen können wir dabei noch schmunzeln. Auch wenn plötzlich manche Charaktere mit der Stimme einer anderen Figur sprechen, das Gesagte gelegentlich nicht zum dargestellten Text passt oder sogar ganz falsch übersetzt wurde, sind noch halbwegs verzeihliche Fehler. Wenn das Spiel aber in Momenten abstürzt, wenn sich ein gewisser Charakter in unserer Gruppe befindet, wenn wir zu einem bestimmten Punkt im Spiel gelangen, ist das einfach nicht mehr feierlich.

Auch ein Game Breaking Bug, der das Weiterspielen unmöglich macht, ist uns im Spiel unterkommen. So fehlte plötzlich in einem Dialog die Option, die das nächste Ereignis auslöst, wenn wir die Figur vorher auf etwas anderes ansprechen. Manche Fehler lassen sich zum Glück durch Neuladen des Spielstandes noch umgehen, andere bleiben bestehen. Selbst neue Fehler dieser Tragweite haben sich bei der Portierung auf die Switch eingeschlichen. Warum Spielabstürze bei Schlüsselsequenzen Entwicklerstudio Aspyr entgehen konnte, ist uns schleierhaft, steht aber sinnbildlich dafür, wie es um die Qualitätssicherung des Spiels auch bei der Switch-Fassung steht. Spätestens bei der Portierung auf die Switch hätte Star Wars: Knights of the Old Republic II zumindest bei den groben Schnitzern eine Generalüberholung gutgetan. Teils wird das Durchspielen so zur großen Geduldsprobe.

Audiovisuell schöner Abgesang

Darüber hinaus läuft das Spiel auf der Switch durchaus flüssig. Trotz der angesprochenen und kritischen Defizite macht es uns dennoch Spaß, die thematisch abwechslungsreichen Planeten zu erkunden. Auch die Rückkehr auf die aus dem Vorgänger bekannten Planeten Dantooine und Korriban machen Spaß, da uns diese beiden Welten das Ausmaß der Ereignisse des ersten Teils in visueller Hinsicht sehr gut näher bringen. Auch die Videosequenzen können überzeugen, wenn sie auch ein wenig hinter denen des Seriendebüts zurückbleiben. Die musikalische Untermalung stammt dieses Mal übrigens aus der Feder von Komponist Mark Griskey, der später auch die Musik zu Star Wars: The Force Unleashed geschrieben hat.

In Star Wars: Knights of the Old Republic II orientiert er sich aber stellenweise sehr stark am Soundtrack des ersten Serienteils. Nicht selten haben wir beim Spielen deshalb das Gefühl, die Noten des unvergesslichen Jeremy Soule herauszuhören. Definitiv kommt durch die Musik an so gut wie jeder Stelle die typische Star-Wars-Atmosphäre ans Tageslicht. Unterm Strich ist der Titel ein sehr ambivalentes Rollenspiel. So gut ambitionierte Ideen wie verschiedene Kampfstile auch sind, so wenig können sie sich im großen Ganzen entfalten. Hätte Obsidian Entertainment 2004 mehr Zeit gehabt, sähe unser Urteil vermutlich anders aus. In diesem Zustand bleibt Star Wars: Knights of the Old Republic II aber lediglich eine Empfehlung für die größten Fans.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Star Wars: Knights of the Old Republic II habe ich bei der ursprünglichen Veröffentlichung auf dem PC im Jahr 2004 nicht angerührt. Zu sehr haben mich die Defizite seitens der Fachpresse davon abgehalten. Auf der Switch wollte ich dem Titel aber endlich eine Chance geben. Leider kommt der Titel nicht ansatzweise an die im direkten Vergleich hohe Qualität des Vorgängers heran. Die Geschichte ist weitgehend lahm präsentiert, traut sich nicht, mit klaren Aussagen auf die bisherigen Ereignisse einzugehen und nervt mich darüber hinaus mit größtenteils unsympathischen Charakteren. Das einzig Gute daran ist, dass es dem einen oder anderen Spieler damit absolut nicht schwerfallen dürfte, Entscheidungen zu treffen, die zur dunklen Seite der Macht führen. Wer auf diese Art spielen will, wird sich über eine sehr viel größere Entscheidungsvielfalt freuen. Auch das Gameplay an sich bietet wieder sehr viele Möglichkeiten, wie ich zum Ziel kommen kann. Weitere Mechaniken wie das Arbeiten an Werkbänken oder gar Kampfhaltungen für Lichtschwertduelle vertiefen das Konzept weiter, sind aber nicht zwingend zum Durchspielen erforderlich. Mich stören aber vor allem die zahlreichen Bugs, die auf eine mangelhafte Qualitätssicherung zurückzuführen sind. Der anfänglich stark schwankende Schwierigkeitsgrad und nicht zuletzt die unfertigen Stellen und das mau inszenierte Finale geben dem Spiel den Rest. Nur die allergrößten Star-Wars-Fans sollten hier zuschlagen. Alle anderen können sich, gegebenenfalls erneut, mit dem ersten Teil der Reihe vergnügen!