Final Fantasy II [Pixel Remaster] – TEST
Fast genau ein Jahr nach der Veröffentlichung des Debüts erschien mit Final Fantasy II am 17. Dezember 1988 in Japan die zweite Episode der Rollenspielserie. Diese macht im Gegensatz zum ersten Teil auch im Pixel Remaster einiges anders – zum Unmut von so manchem Fan.
Im Dezember 1986 legte Square mit Final Fantasy den Grundstein für die langlebige Rollenspielserie. In puncto Gameplay orientiert sich der Titel unter anderem an den beiden nordamerikanischen Rollenspielen Ultima und Wizardry, jedoch auch recht stark am Pen-and-Paper-Rollenspiel Dungeons & Dragons. Von diesen Wurzeln versuchte sich das Entwicklerteam um Director Hironobu Sakaguchi bereits beim zweiten Teil zu lösen. Das heißt, dass die Entwickler viele der eingesessenen Spielmechaniken über den Haufen geworfen haben, um ein neues und bis dahin einzigartiges Werk zu schaffen. Dies ist den mutigen wie kreativen Köpfen zweifelsohne gelungen, auch wenn die neuen Gameplay-Ideen bei Weitem nicht jeden Nerv bei den Fans treffen werden.
Jedoch sind es die Gedanken, die in dieser Disziplin zählen und Final Fantasy II zu einem der wohl einflussreichsten und wichtigsten Spiele der Reihe und sogar des gesamten Genres machen. Dies beginnt schon bei der Erzähltechnik. Während das Storytelling im ersten Teil ausschließlich über wenige Hinweise funktioniert, die zudem noch zusammengeklaubt werden müssen, kommen bei der zweiten Episode Zwischensequenzen hinzu. In den ersten Spielminuten erfahren wir, dass die vier Helden Firion, Maria, Ghai und Leon ihre Heimat durch einen Angriff des mächtigen Palmekia-Imperiums verlieren. Auf der Flucht unterliegen sie den Truppen des Imperators. Zumindest Firion, Maria und Leon werden von der liebreichen Prinzessin Hilda und ihrem Berater Min’U gerettet.
Zwischensequenzen und vordefinierte Charaktere
Obwohl Final Fantasy und Final Fantasy II aus heutiger Sicht in vielen Punkten als rudimentäre Rollenspiele betrachtet oder gar bezeichnet werden können, sehen wir dem zweiten Serienteil in so vielen Aspekten an, dass er aus dem starren Korsett des Vorgängers ausbrechen will. Auf der einen Seite sind die Dialoge, in denen selbst die Helden zu Wort kommen, im Gegensatz zum Erstlingswerk nun deutlich länger, wenn auch nicht ausufernd. Vor allem durch den Einsatz von kurzen Cutscenes in Spielgrafik werden einige wenige Situationen besser ausgedrückt, da hier und da auf Worte verzichtet und zum Beispiel der Angriff auf eine Stadt durch ein Luftschiff gleich gezeigt wird. Dem Spieler werden die Konsequenzen seines Handelns oder Nichthandelns direkt visualisiert.
In der Retrospektive fühlt sich dieser Schritt richtig gut an, da es der mit spannenden Wendungen und Überraschungen gespickten Story in regelmäßigen Abständen Aufwind gibt. Auf der anderen Seite handelt es sich bei Firion, Maria, Ghai und Leon um die ersten vordefinierten Helden in der Seriengeschichte. Alle vier Charaktere verfügen über ihre eigene Persönlichkeit. Leider schafft es das Pixel Remaster genauso wenig wie das Original oder vorherige Portierungen und Remakes nicht, sämtliche Beweggründe nachvollziehbar zu demonstrieren. Vor allem gegen Ende des Spiels gibt es einige Momente, wo Final Fantasy II sein volles Erzählpotenzial einfach nicht ausspielen will.
Fragebogen für Nicht-Spieler-Charaktere
Grundsätzlich funktioniert Final Fantasy II in seinen Grundmechaniken wie das Seriendebüt, erweitert das Gameplay jedoch an verschiedenen Stellen oder schmeißt es gleich ganz über Bord, um Platz für neue Elemente zu machen. In den Dialogen werden beispielsweise verschiedene Wörter rot unterlegt. In solchen Momenten können wir den Wortfetzen aufschnappen beziehungsweise einspeichern. Damit können wir in Gesprächen mit derselben Figur oder anderen Nicht-Spieler-Charakteren neue Informationen erhalten. Nicht selten sind diese zum Vorankommen innerhalb der Handlung unabdingbar, da sie oft wichtige Story-Momente triggern, ohne die die Geschichte nicht voranschreiten kann.
Im ersten Moment klingt dieses Konzept unglaublich spannend, doch leider können wir bei Weitem nicht mit jedem Nicht-Spieler-Charakter auf diese Art und Weise interagieren. Lediglich ausgewählte Individuen lassen sich mit diesem System ausquetschen. Auch hier verspielt Final Fantasy II, sowohl das Pixel Remaster als auch vorherige Versionen des Spiels, erneut sehr, sehr viel Potenzial, denn oft reagieren die Charaktere nur auf wenige Schlüsselbegriffe. Kann die Figur nichts mit dem Begriff anfangen, erscheint lediglich ein Fragezeichen in der Sprechblase. Das führt im Endeffekt nur dazu, dass wir Dörflern und Adligen bei jeder Gelegenheit alle Begriffe nacheinander an den Kopf schmeißen, um möglichst schnell das gewünschten Resultat zu erzielen.
Kleinteiliges Erfahrungspunktesystem
Außerhalb der Dörfer und Städte bewegen wir hingegen wie gehabt unsere Helden über die Oberwelt, steigen in mehrstöckige Dungeons hinab oder hinauf, legen uns in hunderten Zufallskämpfen mit Monsterhorden an und rüsten uns in den Läden der Spielwelt mit dem erbeuteten Gil, der Währung von Final Fantasy II, mit neuen Waffen und Rüstungen aus. Das klingt grundsätzlich sehr nach dem Seriendebüt und vielen anderen japanischen Rollenspielen. Final Fantasy II setzt sich von diesen jedoch mit seinem Erfahrungspunktesystem ab.
Erfahrungspunkte, die zum nächsten Stufenaufstieg bei der meist vierköpfigen Heldengruppe führen, gibt es im herkömmlichen Sinne nicht mehr. Stattdessen erhöhen sich die Attribute um einen bestimmten Wert, wenn im Kampf gewisse Voraussetzungen erfüllt werden. Sinkt die Energie eines Helden im Kampf um eine bestimmte Anzahl, erhöhen sich dessen Lebenspunkte geringfügig. Selbiges gilt für die Magiepunkte, wenn der Charakter in einem Kampf beispielsweise sehr viele Zauber einsetzt. Da am Ende des Kampfes aber nur abgerechnet wird, wenn die Differenz vom ursprünglichen und dem aktualisierten Wert hoch genug ist, kann das interessante Konzept in dieser Hinsicht nicht gänzlich punkten. Schließlich ist es so auch einfach möglich, die Konfrontation mit schwachen Gegnern zu suchen und sich einfach selbst mit Suizidangriffen zu verletzen. Jahrzehnte nach Release ist das System ausbaufähig!
Repetitive Kampfhandlungen
Final Fantasy II führt das Konzept aber auch bei allen anderen Attributen fort. Wenn ein Charakter viel Schaden anrichtet oder Zauber wirkt, erhöht sich nach und nach auch seine Stärke oder sein Willen. Allerdings maximal um den Wert Eins pro Kampf. Ähnlich sieht es auch bei Waffen und Zaubersprüchen aus. Während jeder Charakter den Umgang mit einer Waffenart über Level-ups mit der häufigen Verwendung von Schwertern, Äxten, Bögen und Co verbessert, muss jeder Zauber einzeln durch den wiederholten Einsatz erhöht werden. Wer jetzt an die The-Elder-Scrolls-Reihe von den Bethesda Games Studios denkt, die das System von Final Fantasy II klar aufgreift, darf genüsslich schweigen.
Anfangs macht das stetige Verbessern durchaus Spaß. Spätestens aber dann, wenn wir im letzten Spielviertel angelangt sind, kann uns das sehr repetitive System hier und da stören, zumal die Schwächen immer greifbarer werden. Greifen wir mit unserer vierköpfigen Gruppe durchweg im Nahkampf an und erlegen direkt in einer Runde alle Gegner, erhalten unsere Helden in der Regel keine Erfahrungspunkte für den Waffentyp. Versetzen wir jedoch nur einen unserer vier Helden in Angriffsstimmung und lassen unsere anderen drei Recken einfach nur verteidigen, ist die Wahrscheinlichkeit sehr viel höher, dass der Angreifer ein gutes Stück Erfahrung für den ausgerüsteten Waffentyp erhält. Wir reden hier von Wahrscheinlichkeiten, da uns der Titel an keiner Stelle einen Einblick in die komplexe Berechnung gibt oder uns gar exakte Werte präsentiert.
Angenehmer Schwierigkeitsgrad mit Ausfällen
Keine Sorge: Es ist absolut nicht nötig, jeden einzelnen Wert aufs Maximum zu bringen und jeden Waffentyp perfekt zu beherrschen. Das Pixel Remaster von Final Fantasy II ist in der Hinsicht wesentlich nachsichtiger als das Original. Level-ups in den einzelnen Disziplinen sind sehr viel schneller erreicht und allgemein fühlt sich das Abenteuer bis zum Abspann sehr viel leichter an. Selbst die größeren Gegner und der Endboss persönlich sind in wenigen Minuten erledigt, solange wir nur halbwegs darauf achten, eine gesunde Auswahl an Waffen und Zaubern ausreichend genug geskillt zu haben. Über das Boost-Menü lassen sich Waffen, Zauber und Attribute auch doppelt oder vierfach so schnell verbessern, was Abhilfe schafft.
Lediglich Gegnertypen, die etwa ab der Hälfte des Spiels im Trio oder Quartett auftreten können und die ganze Gruppe theoretisch und auch praktisch in einer einzelnen Runde versteinern oder direkt mit dem Instant-Tod belegen kann, sind teilweise sehr ärgerlich. Vor allem bei einem gelegentlichen, aber niemals vermeidbaren Hinterhalt der Monster kommt in solchen Momenten richtig viel „Freude“ auf. Zum Glück verfügt das Pixel Remaster über eine Möglichkeit, Zufallskämpfe abzuschalten. Auch eine Schnellspeicherfunktion ist mit an Bord, mit der solchen Situationen zumindest teilweise vorgebeugt werden kann. Selbstverständlich gibt es auch Ausrüstungsgegenstände, die Versteinerungen oder den sofortigen Exitus verhindern, doch sind diese natürlich selten und erst in den letzten Dungeons zu finden. Bis dahin hilft es nur, die Helden in den zahlreichen Zufallskämpfen zu verbessern, um alle Monster schnell erledigen zu können.
Verschachtelter Aufbau der Dungeons
Ein wenig nervig ist in unseren Augen jedoch die Struktur der Dungeons von Final Fantasy II, denn diese sind wesentlich verschachtelter aufgebaut als im ersten Teil. Einerseits macht es so mehr Spaß, die Gemäuer freier zu erkunden, da es öfters auch mal mehr als eine Treppe zur nächsten Etage gibt. Andererseits gibt es auch deutlich mehr Sackgassen in Form von durchschnittlich drei bis vier Türen pro Stockwerk, hinter denen sich immer wieder der gleich große Raum befindet, in dem es oftmals nicht einmal eine Schatztruhe zu entdecken gibt.
Videospiellogik hin oder her: Diese einfallslosen Räume haben in architektonischer Hinsicht keinen Nutzen und führen zu häufig zu unnötigen Laufwegen, die die Spielzeit lediglich in die Länge ziehen. Im Pixel Remaster von Final Fantasy II können wir jedoch wie im ersten Serienteil auf Knopfdruck einen Blick auf eine hilfreiche Übersichtskarte werfen, auf der sämtliche Treppen, Truhen und Türen des jeweiligen Stockwerks verzeichnet sind. So fällt uns die Orientierung viel leichter. Aufgrund der verzweigten Dungeon-Architektur sehen wir die Karte dieses Mal auch nicht so kritisch, da sie die Spielzeit positiv nach unten korrigiert. Aufgrund der düsteren und politischen Handlung sind wir im zweiten Serienteil häufiger in Schlössern unterwegs. Dennoch gibt es in Final Fantasy II auch Höhlen und Türme zu erkunden. Nichtsdestotrotz fehlt uns mit zunehmender Spielzeit die thematische Abwechslung des Erstlings etwas.
Angemessene Fortführung der Retro-Reise
An dieser Stelle sei jedoch gesagt, dass es das Pixel Remaster mit seiner Optik von Anfang bis Ende schafft, zu überzeugen. Zwischen der ursprünglichen Fassung des Spiels auf dem Nintendo Famicom und dem Pixel Remaster liegen grafische Welten. So erinnert das Pixel Remaster von Final Fantasy II mit seinem 16-Bit-Look stärker an die PlayStation-Fassung von 2002 respektive an die Game-Boy-Advance-Version aus dem Jahr 2004. Wie schon beim Original ist jedoch auch beim Pixel Remaster zu erkennen, dass bestimmte Grafiken aus dem direkten Vorgänger stammen. Schlimm ist das aber nicht wirklich, denn auch in Final Fantasy kann die verträumte Optik ansprechen. Ein pixeliger Schrifttyp verleiht in den zahlreichen Textboxen Charme.
In puncto Musik weiß auch der zweite Serienteil mit prägnanten orchestralen Melodien aus der Feder von Komponist Nobuo Uematsu zu überzeugen. Im direkten Vergleich fällt die Musik aber leicht schwächer aus. Wer es jedoch bis zum finalen Dungeon schafft, wird dafür mit einer der tollsten Stücke seiner Zunft belohnt, bei der sogar ein Chor im Hintergrund ertönt, der für Gänsehaut sorgt. Alternativ lassen sich die originalen NES-Melodien übers Menü aktivieren. Anhören können wir uns den Soundtrack sogar im Bonusbereich des Spiels in einer Jukebox. Dort finden wir – wie schon beim Debüt – auch eine Galerie mit den Artworks von Yoshitaka Amano und eine Monsterfibel, in der alle besiegten Monster mit Werten und Standort verzeichnet sind. Bis dieses in Final Fantasy II gefüllt ist, vergehen je nach Spielertyp um die 25 Spielstunden.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Final Fantasy II ist für viele Fans das schwarze Schaf der Reihe. Nach Final Fantasy XIII aus dem Jahr 2009 fällt es mir aber schwer, den zweiten Teil als solches zu bezeichnen. Grundlegend gefällt mir die düstere Story, in der die Helden nach und nach wichtige Bezugspersonen verlieren und das Palmekia-Imperium bekämpfen. Sie sind in einer aussichtslosen Lage, werden nicht ernst genommen und müssen sich das Recht für die Rettung ihrer Heimat erst verdienen. Ich finde es aber schade, dass zum Ende des Spiels einige Wendungen und Überraschungen mit zwei Sätzen abgefrühstückt werden und keinen Raum für Emotionen lassen. Es bleibt das Gefühl, dass diese Momente eingestreut wurden, um die Story in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dennoch ist Final Fantasy II eine kleine Revolution, da es innerhalb der Serie die ersten Ansätze von Zwischensequenzen als Form des Storytellings gibt, mit Firion und Maria das erste Paar in der Seriengeschichte auf dem Bildschirm auftritt, Figuren respektive Klassen wie Dunkel- und Drachenritter eingeführt werden oder auch ein Ritt auf einem vogelähnlichen Chocobo möglich ist. Das sind Elemente, die die Entwicklung der Reihe spätestens ab dem vierten Serienteil stark prägen. Mit dem Gameplay tanzt Final Fantasy II aber aus der Reihe und das schmeckt nicht jedem Fan. Persönlich mag ich den Ansatz, Attribute und Fähigkeiten durch wiederholte Anwendungen zu verbessern. Allerdings lässt sich diese Spielmechanik aushebeln. Sie ist schlicht nicht zu Ende gedacht. Zwei, drei Monate mehr Entwicklungszeit hätten dem Spiel damals wirklich gut getan. Vom Pixel Remaster hätte ich mir eine Überarbeitung erhofft, aber hier möchte Square Enix wohl nah am Original bleiben. Nichtsdestotrotz habe ich die zweite Episode sehr gerne durchgespielt. Ohne diese würde es die SaGa- und die The-Elder-Scrolls-Reihe womöglich nicht in der Form geben, wie wir sie heute kennen. Final Fantasy II ist zwar damals wie heute kein Überflieger, aber doch deutlich besser als sein Ruf – und das nicht nur, weil es eines der wichtigsten und einflussreichsten Spiele aller Zeiten ist.