Final Fantasy [Pixel Remaster] – TEST

Mitte 2021 begann Square Enix mit der Veröffentlichung der Pixel Remaster der ersten sechs Final-Fantasy-Teile – zumindest auf dem PC. Im April 2023 erschienen direkt alle Episoden auf einen Schlag endlich auch für die Konsolen, sprich PlayStation 4 und Nintendo Switch.


Als am 27. Mai 1986 mit Dragon Quest der Archetyp des japanischen Rollenspiels aus dem Hause Enix erschien, dauerte es nicht lange, bis Nachahmer folgten. Anderthalb Jahre später wagte der ebenfalls vom Pen-and-Paper-Rollenspiel Dungeons & Dragons inspirierte Konkurrent Square mit Final Fantasy diesen Schritt. Wie diese Geschichte ausging, ist in der Retrospektive leicht erklärt. Final Fantasy wuchs zu einer der größten und vor allem weltweit erfolgreichsten Videospielserien aller Zeiten. Das Debüt der langlebigen Rollenspielserie funktioniert in einigen Belangen aber ein wenig anders als viele der in späteren Episoden etablierten Mechaniken.

Allen voran sei hier die Story erwähnt, die weder umfangreich noch tiefgründig ist. Die Welt von Final Fantasy versinkt im Chaos, sodass die Erde bebt, die Länder von Feuersbrünsten bedroht werden, die Meere faulen und der Wind verblasst. Wie aus dem Nichts erscheinen die vier Krieger des Lichts, die die Welt vor dem Untergang bewahren sollen. Nachdem wir zu Beginn Klassen wie Krieger, Weißmagier oder Dieb für die vier Charaktere ausgewählt haben, müssen diese als erstes die vom bösen Krieger Garland entführte Prinzessin Sela befreien. Danach geht es darum, die vier Kristalle der Elemente zu reaktivieren und die Welt zu retten. Gegen Ende der Story wird es im wahrsten Sinne des Wortes paradox. Das Pixel Remaster hätte diesen Aspekt der von Hironobu Sakaguchi und Kenji Terada erdachten Handlung besser beleuchten können.

Erkundungsmöglichkeiten mit Story-Aspekten

An dieser Stelle sei bereits gesagt, dass Square Enix eine nah am Original liegende Spielerfahrung bieten will. Wer sich auf Final Fantasy einlassen will, sollte also stets beachten, dass es sich bei dem Titel um ein Rollenspiel aus den 1980er-Jahren handelt. Soll heißen, dass sich die Story selten bis gar nicht über gescriptete Szenen entfaltet. Es ist unglaublich wichtig, dass wir den wiederkehrenden Dialog mit den zahlreichen Nicht-Spieler-Charakteren suchen. Oft lassen die Bewohner der Spielwelt in Nebensätzen wichtige Informationen fallen, die für den weiteren Spielverlauf essentiell sind. In der Elfen-Stadt verrät beispielsweise ein Dörfler, wo ein Levithanit genannter Edelstein einzusetzen ist, damit wir an ein neues Vehikel gelangen.

Wie schon Dragon Quest ist auch Final Fantasy im ersten Teil relativ offen gestaltet. Es gibt zwar einen roten Faden, der durch das Abenteuer führt, doch immer dann, wenn eines der drei Fortbewegungsmittel Schiff, Kanu und Luftschiff als Erkundungsmöglichkeit hinzu kommt, öffnet sich die Spielwelt um ein gutes Stück. Auf diese Art und Weise können bestimmte Städte oder Dungeons aufgesucht werden, obwohl das vielleicht noch gar nicht nötig wäre. Im Kern geht es darum, in teils miteinander verzahnten Fetch-Quests wichtige Schlüsselobjekte zu sammeln und dem richtigen Charakter zu überreichen. Aufgrund dessen, dass wir viele Informationen im Hinterkopf behalten müssen, ist das Konzept vielleicht nicht für jeden Rollenspieler geeignet, aber in Zeiten von Zielmarkierungen eine nette Abwechslung.

Mehrere sinnvolle Neuerungen

In restlichen Gameplay-Belangen funktioniert Final Fantasy ähnlich wie der Großteil des restlichen Genres. Wir latschen mit der vierköpfigen Gruppe die Oberwelt ab, erkunden labyrinthartige Dungeons und besuchen Dörfer und Städte. Außerhalb der Ortschaften kämpfen wir in sehr vielen rundenbasierten Zufallskämpfen gegen Goblins, Skelette, Drachen, Elementare und andere fantasievolle Gestalten. Diese sind optisch zum Teil an die Monster aus Dungeons & Dragons angelehnt. Mit dem erbeuteten Gil, der Währung von Final Fantasy, können wir uns neue Ausrüstungsgegenstände zulegen und unser Inventar mit hilfreichen Heiltränken auffüllen. In dieser Hinsicht wurde das Pixel Remaster von Final Fantasy im Gegensatz zum Original vom Nintendo Entertainment System gleich mehrfach modernisiert.

Beispielsweise wurden die Preise für Rüstungen, Waffen, Zaubersprüche und Co reduziert. So können wir uns gleich zu Beginn des Abenteuers mehr Wertsachen in den Läden des Königreichs Cornelia leisten, was den Spieleinstieg erleichtert und sogar verbessert, da wir so weniger grinden müssen. Außerdem ist es im Pixel Remaster möglich, diagonale Schritte zu gehen, wodurch sich das Bewegungsmuster der Gruppe in acht anstatt nur vier Richtungen deutlich natürlicher anfühlt. Ebenso wurde dem Spiel eine Auto-Battle-Funktion hinzugefügt, bei der der Kampf sogar in doppelter Geschwindigkeit abläuft. Hier wiederholen die Charaktere pro Runde einfach ihre Eingabe aus der letzten Abfolge, was sogar kampfübergreifend funktioniert. Klasse!

Einsteigerfreundliche Maßnahmen

Etwas ungewöhnlich ist die Orientierung des Magiesystems an die ersten Regelwerke von Dungeons & Dragons, denn anstatt Magiepunkten im herkömmlichen Sinne stehen den Zauberern pro Stufe zum einen maximal drei Sprüche zur Verfügung und zum anderen können diese nur begrenzt oft eingesetzt werden müssen. Im Original, das auch auf dem Nintendo Entertainment System Classic Mini gespielt werden kann, ist dies eine haarige Angelegenheit, da gelernte Zauber dort nicht vergessen werden können. Im Pixel Remaster von Final Fantasy ist dies aber möglich. Zudem kommt mit dem Äther ein recht kostengünstiges Item hinzu, das die Magiepunkte beziehungsweise die Anzahl der einsetzbaren Zauber einer Stufe regeneriert.

Die Zugänglichkeit in Final Fantasy ist jedoch auch in anderen Belangen gegeben, denn beispielsweise gibt es sowohl in den Städten als auch in den Dungeons eine Minimap am oberen Bildschirmrand zu bestaunen. Diese können wir auf Knopfdruck in einer Nahansicht betrachten, auf der tatsächlich auch alle Truhen und Türen – sowohl geöffnet als auch ungeöffnet – abgebildet sind. Ansprechbare Charaktere bleiben hier jedoch außen vor. Vor allem jene Spieler, die nicht den letzten Winkel in einem Dungeon abgrasen wollen, kommen hier auf eine deutliche Zeitersparnis. Wir stufen dieses Feature tatsächlich aber für zu mächtig ein, da es vor allem die Motivation schmälert, einen Tempel, einen Turm oder eine Höhle vollständig zu erkunden. Dennoch machen auch wir regen Gebrauch von der recht „angenehmen“ Option.

Liebevolles Retro-Gewand mit kleinen Tücken

Abgesehen davon fällt der Schwierigkeitsgrad des Pixel Remasters von Final Fantasy recht niedrig aus. Phasen, in denen wir die Helden stundenlang aufleveln, gibt es nicht mehr. Selbst die Bossgegner sind binnen weniger Runden besiegt. Nur der Endgegner schafft es, uns länger als zwei Minuten in einem Kampf zu halten oder uns ins Schwitzen zu bringen. Selbst blutige Anfänger dürften vor keinen Herausforderungen stehen – falls doch, freut sich gerade diese Spielergruppe über die Option, dass neben automatischen Spielständen auch Quicksaves außerhalb von Kämpfen angelegt werden können. Befinden wir uns auf der Oberwelt, können wir das Spiel ganz normal speichern. Zusätzlich lassen sich über ein Boost-Menü gewonnene Erfahrungspunkte und Goldmünzen verdoppeln, vervierfachen oder wie die Zufallskämpfe gleich ganz deaktivieren. Etwas für ganz Mutige!

Optisch kann das Pixel Remaster mit ähnlichen Grafiken wie in der Game-Boy-Advance- und PlayStation-Version im 16-Bit-Gewand punkten. Für die Konsolenfassung der Pixel-Remaster fügte Square Enix sogar einen optionalen pixeligen Schrifttyp hinzu. Dafür wurde der Soundtrack von Komponist Nobuo Uematsu noch einmal stark aufgebohrt. Jetzt begeistert dieser mit orchestralen Klängen, die vor allem von Blas- und Streichinstrumente stammen. Wahlweise können wir jederzeit über das Optionsmenü zum Ursprungs-Soundtrack wechseln. Angehört werden kann die Musik auch in einer separaten Jukebox im Spiel. Dort finden wir in einer Fibel auch Informationen zu allen besiegten Feinden und zudem eine Übersicht der Artworks von Amano Yoshitaka. Wer sich auf diese wundervolle Reise einlässt, wird zehn bis zwölf Stunden von einem klassischen Rollenspiel verwöhnt.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Als ich das Erstlingswerk Mitte der 2000er-Jahre zum ersten Mal auf meinem Game Boy Advance gespielt habe, war ich hin und weg. Sofort habe ich mich in das Franchise verliebt. Das erste Final Fantasy legte den Grundstein für viele Elemente, die das Genre und auch die Reihe maßgeblich lenken sollten. Da ist es mir auch egal, dass die Story weitgehend rudimentär ausfällt und erst das Ende einen interessanten Kniff für mich bereithält. Auch dass ich das Pacing maßgeblich bestimme, indem ich mit möglichst allen Charakteren spreche und vor allem Informationen im Hinterkopf mitnehme, ist für mich eine fantastische Alternative zu Zielmarkierungen und Konsorten. Das fördert die Immersion, wodurch ich mich noch viel besser in der Welt aufgehoben fühle und mit zunehmender Spielzeit weiß, wohin ich zurückkehren werde. Viel mehr mag ich aber das überaus flüssige Gameplay. Ich erkunde die Spielwelt in Dörfern, Städten und Dungeons und lege mich dabei mit unzähligen Monstern in zahlreichen Zufallskämpfen an. Dank der neuen Auto-Battle-Funktion verbessern sich meine vier Charaktere so rasant, dass sie es in Windeseile mit immer größeren Bedrohungen aufnehmen können. Das Monsterdesign und Magiesystem, auch wenn es stark von Dungeons & Dragons beeinflusst ist, gibt dem ersten Teil der Final-Fantasy-Reihe einen eigenständigen Anstrich, aus dem in späteren Episoden noch so viel mehr geworden ist. Audiovisuell ist das Spiel für Fans der 16-Bit-Zeit ohnehin eine Genugtuung, denn die Optik ist detailreich und verspielt. Auch die orchestrale Musik von Nobuo Uematsu haut mich vom Prolog bis zum Abspann um. Sie könnte fast schon als alleiniger Kaufgrund für das Spiel herhalten. Selbst wer das Original von Final Fantasy kennt oder eine spätere Portierung gespielt hat, wird auch mit dem Pixel Remaster wirklich viel Spaß haben. Ich habe diesen definitiv!