Wargroove 2 – TEST

Im Februar 2019 erschien mit Wargroove ein Taktikspiel, das mit seiner Machart sehr an die zu diesem Zeitpunkt kaum bis gar nicht von Nintendo beachtete Advance-Wars-Reihe erinnert. Mehr als vier Jahre später geht das Scharmützeln im pixeligen Wargroove 2 in die nächste Runde.


Wargroove 2 erzählt eine spannende wie auch humorvolle Geschichte. So sind die animalisch und humanoid wirkenden Charaktere Zylinder, Philtrum, Oktagon und Lytra unter dem Befehl ihrer Anführerin Pistill im Königreich Aurania angekommen. Dort suchen sie nach Wissen in alten Ruinen des untergegangenen Reiches Kakofonien. Nicht nur die Namen der Akteure und Orte strotzen vor Humor, auch die Dialoge und Entscheidungen fallen erzähltechnisch witzig aus. So gelingt es Lytra durch Zufall, eine alte Ruine zu öffnen, doch schließt sich diese wieder alsbald Pistill sie betritt.

Ab sofort übernimmt, zum Unwohl ihrer Mitstreiter, Lytra das Kommando über die Armee, die noch dazu auf ihrer ersten Mission ist, Fehler macht und sich verirrt. Pardon, es muss natürlich heißen, dass sie alle Sehenswürdigkeiten mitnimmt. Ständig müssen wir über das schmunzeln, was den Charakteren widerfährt. Nicht nur in dieser Disziplin weiß Wargroove 2 zu unterhalten. Auch das Gameplay überzeugt auf ganzer Linie. Wer bisher noch keine Erfahrung mit Taktikspielen wie Advance Wars oder Tiny Metal gesammelt hat, muss nicht verzagen. Die ersten Scharmützel stellen im Spiel das Tutorial dar, in der wir alle wichtigen Kniffe und Tricks lernen. Kaum sind wir ein paar Minuten im Geschehen drin, wollen wir den Controller gar nicht mehr aus der Hand legen.

Verständliche Taktikgrundlagen

Aus der Vogelperspektive verschieben wir unsere animalischen Einheiten und führen sie in den Kampf. Schwertkämpfer gehen in den Nahkampf und Bogenschützen greifen aus der Ferne an. Wir können unsere Einheiten aber nicht einfach so in die nächste Auseinandersetzung werfen. Ständig müssen wir andere wichtige Faktoren wie die Beschaffenheit des Areals beachten. Truppen, die im offenen Wasser stehen, erhalten einen Verteidigungsmalus, während Einheiten, die sich im Wald verstecken, besser geschützt sind und somit weniger Schaden nehmen.

Darüber hinaus sollten wir darauf achten, möglichst immer kritische Treffer auszuführen. Auch dies hängt von bestimmten Faktoren in Wargroove 2 ab. Besagte Schwertkämpfer werden beispielsweise nur durch einen unmittelbar neben ihnen stehenden Kommandanten in ihrer Moral beflügelt. Bogenschützen dürfen sich zu Beginn ihres Zuges nicht bewegen und sind somit maßgeblich von drohenden Angriffen feindlicher Truppen abhängig und diesen ausgeliefert. Auch sind manche Einheiten besonders effektiv gegen bestimmte Truppentypen. Tauchen am Horizont Speerträger auf, sollten wir unsere Schwertkämpfer in Sicherheit bringen. Jede Einheit verfügt über eine Truppenstärke. Sinkt diese auf Null, ist die Einheit verloren. Um dies zu verhindern, müssen wir an bereits eingenommenen Gehöften campieren.

Angenehme Lernkurve mit bekannten Gameplay-Mechaniken

Campieren kostet jedoch Geld, das wir aus unserer Kriegskasse nehmen. Zu Beginn einer Schlacht herrscht im Geldbeutel jedoch Ebbe. Also müssen wir in Wargroove 2 verschiedene Gebäude einnehmen, die rundenweise Geld abwerfen. Manchmal können wir ein Gebäude einfach so annektieren. Es kann aber genauso gut sein, dass dieses bereits vom Feind eingenommen wurde. Ist letzteres der Fall, müssen wir in einem Gefecht darum kämpfen. Dabei sollten wir abwägen, ob wir den Angriff riskieren wollen, denn der Gegner hat im verschanzten Gebäude einen großen Vorteil. Auch hier kommt die Truppenstärke zum Tragen. Interessant ist, dass das Gebäude über die Hälfte der Energie verfügt, die die jeweilige Einheit beim Einnehmen zur Verfügung hatte. Soll ein Gebäude also möglichst gut geschützt sein, sollte es von einer Einheit mit möglichst hoher Truppenstärke eingenommen werden.

So kommen nach und nach neue Einzelheiten hinzu, die wir im Hinterkopf behalten sollten. Wargroove 2 erfindet das Rad nicht neu und kopiert wie der Vorgänger einige Mechanismen, die wir aus Advance Wars und Co bereits kennen. Schlimm ist das aber wirklich nicht, denn dies macht der Titel unglaublich gut. Mit dem titelgebenden Wargroove ist zudem abermals ein Gameplay-Element mit an Bord, welches das Spektakel zumindest etwas aus der Menge hervorhebt.

Anpassbarer wie individueller Schwierigkeitsgrad

Ein Wargroove sorgt dafür, dass sich das Blatt in brenzligen Situationen wenden kann. So ist es Lytra zum Beispiel möglich, auf dem Schlachtfeld vorzupreschen und die gegnerischen Einheiten, die sich vor ihr befinden, um bis zu 180 Grad hinter sich und damit näher an ihre Verbündeten zu ziehen. Das ist spaßig und bietet eine gute taktische Tiefe. Peu à peu wird das Spiel in der Kampagne angenehm herausfordernder. Sollten wir dennoch mal Probleme haben, können wir auf der Weltkarte jederzeit den Schwierigkeitsgrad senken.

Während der normale Schwierigkeitsgrad laut Beschreibung das originale Wargroove-Erlebnis bietet, können wir den Regler auch auf einfach, sehr einfach oder auf den Story-Modus herunterbrechen. Letzterer dürfte vor allem für Genre-Neulinge interessant sein. Wer erfahrener ist, kann den Schwierigkeitsgrad benutzerdefiniert in den Punkten erlittener Schaden, Ertrag, Aufladung des Wargrooves oder der Anzahl an Versuche, um zum Zugbeginn zurückzukehren, einstellen. Neben der Kampagne können wir Wargroove 2 auch mit bis zu insgesamt drei Freunden im Mehrspielermodus lokal angehen. Online können wir uns mit fremden Mitspielern messen. Wollen wir online mit Freunden spielen, müssen wir einen Code mit diesen außerhalb des Spiels teilen, damit diese unsere Lobby überhaupt finden können. Das ist etwas umständlich.

Community-Inhalte für den Langzeitspaß

Haben wir genug von der Kampagne von Wargroove 2, können wir uns auch den reichlich vorhandenen Community-Inhalten widmen. Im Online-Katalog haben wir unter anderem die Wahl, verschiedene Schlachtfelder herunterzuladen oder die eigens per Editor erstellten Karten mit anderen Spielern zu teilen. Das Stöbern fällt jedoch sehr umständlich aus, da die einzelnen Angebote einfach nur untereinander aufgelistet sind. Zudem benötigt die Liste oft etwas Zeit beim Nachladen.

Positiv fällt jedoch auf, dass wir auch nach Karten in der Liste suchen können. Über Filter stellen wir beispielsweise ein, auf wie viele Teilnehmer das Areal ausgelegt sein soll. Wissen wir den Titel eines bekannten Schlachtfelds, können wir auch direkt danach suchen. Wenn wir die Identifikationsnummer des Angebots wissen, führt eine Eingabe direkt zum gewünschten Ziel. Gerade wenn wir Freunden unsere eigene Kreation schmackhaft machen wollen, ist das eine tolle Möglichkeit. Der Editor, mit dem wir nicht nur einzelne Karten, sondern auch ganze Kampagnen erstellen können, lässt sich intuitiv und leicht bedienen. Über eine Auswahlliste bestimmen wir das Areal und setzen Einheiten, Dörfer oder Hindernisse ganz nach Belieben. Wargroove 2 lässt hier keine Wünsche offen. Für den Langzeitspaß ist von der ersten Spielminute an gesorgt. Daran ist echt nicht zu rütteln!

Gelungene Optionsvielfalt

Cool ist, dass wir in den Optionen festlegen können, ob Kampfanimationen immer, nie, nur in unserem Zug oder nur bei Kommandanten abgespielt werden. Da diese wie in anderen Titeln manchmal etwas ausufern können, haben wir hier die Möglichkeit, das Geschehen unseren persönlichen Bedürfnissen anzupassen. Auch die Bewegungsanimationen können wir ganz leicht in ihrer Geschwindigkeit beeinflussen. Zudem können wir das Geschehen, sofern wir im Handheld-Modus spielen, auch vergrößern. Farbenblinde mit einer Rot-Grün- oder einer Blau-Gelb-Schwäche profitieren ebenfalls von den Einstellungsmöglichkeiten.

Alle Spieler von Wargroove 2 haben definitiv etwas von weiteren Hilfsmitteln wie etwa der Einblendung des Rasters beim Befehlen der Einheiten. Wem es also nicht so leicht fällt, Entfernungen richtig abzuschätzen, wird hier an die Hand genommen. Auch dürfen wir entscheiden, ob die Trefferpunkte der Einheiten als Zahlen oder als Gesundheitsleiste angezeigt werden. Hier kommen wohlige Erinnerungen an den Super-Nintendo-Rollenspielklassiker Mystic Quest Legend zurück. Wir fragen uns wirklich, warum dieses spaßige Konzept seither so wenig Anwendung fand. Zu guter Letzt können wir die Wargroove-Aufladung wahlweise in absoluten Zahlen wiedergeben lassen anstatt in zumindest etwas schwammigen Prozentwerten.

Übersichtliches Taktieren

Bedienen lässt sich Wargroove 2 wie die meisten anderen Taktikspiele im Stile von Advance Wars: Re-Boot Camp 1+2. Die Steuerung geht bis auf manchmal nicht ganz so eindeutige Menüstrukturen leicht von der Hand und dank der guten Spielbarkeit sind Fehler ausgeschlossen – taktische Fehlentscheidungen nicht mitgerechnet. Unter dem Menüpunkt Extras werden alle wichtigen Informationen zu den Inhalten wie etwa den unterschiedlichen Kommandanten, dem Gelände oder der Spielwelt aufgelistet. Es gibt also keinen Grund besorgt zu sein, bedeutende Details zu vergessen. Manche Einträge sind jedoch gesperrt und werden erst freigeschaltet, wenn wir in der Kampagne weit genug vorangekommen sind. Somit gibt es keinen Grund, nicht nachzuschlagen. Spoilern kann uns das Spiel nicht.

Ebenfalls unter den Extras vorhanden ist eine Jukebox, in der wir alle dreißig Stücke des Taktikspiels anhören können. Akustisch bietet der Titel einige gute Stücke, die das Strategiegeschehen gut unterlegen. Dank des Soundtracks macht es noch ein wenig mehr Spaß, die pixeligen Einheiten im Retro-Look über das Areal zu scheuchen. Apropos Retro-Look: Auch unter optischen Gesichtspunkten wirkt alles wie aus einem Guss. Vor allem die Details bei den Charakteranimationen haben es uns angetan. Somit ist Wargroove 2 ein spielerischer wie visueller Genuss für Genrefans.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Wargroove 2 ist unterm Strich ein gelungenes Taktikspiel. Die vielen Gameplay-Mechaniken kenne ich zwar schon aus Advance Wars, Tiny Metal und Co, doch funktioniert dies auch ohne militärisches Setting im knallbunten Fantasy-Gewand. Hinzu kommt, dass die Story und die Dialoge derart humorvoll sind, dass es niemals langweilig wird. Je nach Größe der Karte können die Gefechte aber schon mal langwierig werden, was für das Genre aber keine Seltenheit ist. Habe ich die vielen taktischen Raffinessen des Spiels durchschaut, kann ich nicht nur in der Kampagne, sondern auch durch die vielen Community-Inhalte und im Mehrspielermodus auf lange Zeit jede Menge Spaß haben. Umfang, Retro-Look und Soundtrack überzeugen mich vollends. Auch wenn sich das Taktikspiel gut spielt, fühlt sich für mich die Bedienung hier und da etwas undurchsichtig an. Vor allem zu Beginn muss ich öfters schauen, ob ich jetzt auch die richtige Einheit gewählt und den korrekten Befehl ausgeführt habe. Ich kann mir aber vorstellen, dass dieser Umstand bei jedem Spieler anders sein dürfte. Hier solltet ihr also lieber nicht direkt von mir auf euch schließen. Wer abseits von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp und Co noch auf der Suche nach neuem Genre-Spaß ist und nichts gegen Humor und das Fantasy-Setting einzuwenden hat, sollte Wargroove 2 eine Chance geben.