Redaktionsdiskussion: Nebenbei – Taugen Spiele als Second-Screen? – SPECIAL

Zwischen Staffelstart und Spielstand stellt sich die Couch-Frage: Lohnt es sich, während der neuen Folge noch zu zocken – oder verpassen wir beides? Switch und Switch 2 machen das Nebenbei verführerisch einfach, doch unsere Aufmerksamkeit bleibt endlich. In unserer Redaktionsdiskussion zeigen wir, wann Second-Screen geht, wo er scheitert und welche Titel im Alltag wirklich nebenher funktionieren.


Wir wollen klären, ob unser Spielen neben einer im Fernseher flimmernden Serie ein Gewinn für uns ist oder bloß ein schlechter Kompromiss, der beiden schadet. Bei Serien wollen wir auf dem aktuellen Stand bleiben, unsere Spiele fordern jedoch auch unsere Präsenz. Beides passiert oft auf derselben Couch. Mit Switch und Switch 2 ist der Einstieg simpel, doch genau das macht die Frage dringlicher: Wie viel Aufmerksamkeit verträgt das Nebeneinander wirklich, wenn auf unserem Fernseher eine neue Folge läuft, während in der Hand weitere Unterhaltung winkt? Uns interessiert, ob das Nebenbei eine sinnvolle Nutzungsform ist oder nur wie Produktivität wirkt, während in Wahrheit Lücken entstehen, die später mühsam geschlossen werden müssen. Im Kern geht es um Zeitqualität: Reicht geteilte Konzentration aus, damit am Ende mehr als bloß Rauschen übrig bleibt?

Second-Screen-Spielen meint hier nicht, Fernseh-Lärm zu übertönen, sondern gezielt zu prüfen, welche Spieldesigns Fortschritte erlauben, ohne dauernd Erklärungen zu verlangen. Ein Spiel, das klar und knapp kommuniziert und jederzeit ein Pausieren erlaubt, passt wohl eher in diese Nische als ein Erzählmonolith, der unmerklich Fäden spannt, die wir bei Unachtsamkeit verpassen. Kurz: Wie gestalten wir den Abend so, dass nichts Wichtiges durch das Sieb fällt, wenn zwei Medien gleichzeitig um Aufmerksamkeit bitten?

In dieser Redaktionsdiskussion wollen wir Empfehlungen geben, die im Wohnzimmer bestehen, wenn die neue Staffel verlockt und die Hände trotzdem spielen wollen. Wir laden euch herzlich ein, mitzudenken: Was meint ihr? Hier sind erstmal unsere Meinungen dazu.

Arnes Meinung:

Alles mit Story taugt für mich nicht. Ich kann kein The Witcher 3: Wild Hunt spielen, kein Cyberpunk 2077, nicht mal Once Upon A Katamari, solange dort eine Geschichte erzählt wird, die mir wichtig ist. Das funktioniert bei mir nur mit voller Aufmerksamkeit, sonst fühlt es sich an wie zwei Bücher parallel, beide halb gelesen, aber jeweils nur jeden zweiten Satz. Manches funktioniert aber: Wenn ich in Bravely Default: Flying Fairy HD Remaster Zufallskämpfe grinde oder in Pokémon-Legenden: Z-A nur meine Pokémon hochlevele, packe ich das neben einer Serie mühelos. Tetris Effect: Connected passt und Hades ebenso, weil ein Durchgang klar begrenzt ist und eine Niederlage keinen Plot zerreißt. Wichtig ist mir eine einfache Pause: kurz weglegen, wenn die Serie oder der Film plötzlich mehr Aufmerksamkeit brauchen. Storylastiges hebe ich mir für ruhige Abende ohne Fernsehen auf. Fürs Nebenbei suche ich Spielsysteme, die meine Hände beschäftigen und mein Hirn nicht brauchen. Manche Titel können das, andere nicht. Meine Regel bleibt: Story geht vor, Mechanik kommt danach. Mein aktueller Nebenher-Tipp: Slay the Spire, das geht immer.

Erics Meinung:

Ich kann Arne nur beipflichten, denn auch ich könnte niemals ein Rollenspiel, ein Adventure oder jedwede andere Form von Spiel mit viel Text nebenher spielen. Das wird der Sache einfach nicht gerecht. Dennoch gibt es eine Videospielreihe, die ich tatsächlich nur noch auf diese Art und Weise spielen kann, sprich nebenher beim Fernsehen. Die Rede ist von Picross. Dadurch, dass Entwickler Jupiter keine Anstalten macht, auch nur eine Kleinigkeit am Regelwerk zu verändern, spiele ich die Titel inzwischen blind. Obwohl es von der Reihe unzählige Titel gibt, staut sich durch das regelmäßige Abarbeiten kein Backlog an. Es ist für mich die pure Entspannung, nebenher Gitternetzrätsel zu lösen. Allerdings bin ich wählerisch beim Fernsehprogramm. Serien, die meine volle Aufmerksamkeit brauchen, würde ich niemals mit Picross ergänzen. Skandinavische oder britische Krimis sind jedoch bestens dafür geeignet, da dort eh nicht großartig viel passiert. Auch die steilen Thesen von Richard David Precht lassen sich beim Spielen gut reflektieren. Am besten funktioniert die Kombination aber mit Medical Detectives: Geheimnisse der Gerichtsmedizin. Kommentator Hubertus Bengsch ist derart einschläfernd, dass es für mich nichts Meditativeres gibt, als dabei Picross zu spielen. Falls ihr mir das nicht glaubt, solltet ihr es sofort einmal ausprobieren!

Markus‘ Meinung:

Ich kann meinen beiden Vorrednern nur beiflichten, zum Nebenbei-Spielen taugen Spiele mit Story oder viel Text definitiv nicht. Auch ich würde kein Rollenspiel oder Visual Novel mal so eben als Second Screen nebenbei spielen. Auch Spiele mit dichter Atmosphäre wie Survival-Horror würde ich nie im Leben als Berieselung nehmen. Wo es aber bei mir wunderbar funktioniert hat, sind eine spezielle Unterart des Rollenspiels, nämlich der klassische 3D-Dungeon-Crawler. Wenn ich bei Wizardry grinden muss, um es mit den Monstern in der nächsten Etage des Dungeons aufzunehmen oder einen neuen Charakter leveln muss, geht das auch wunderbar nebenher. Bei Etrian Odyssey auf dem Nintendo DS oder 3DS habe ich mich immer vom abendlichen Fernsehprogramm berieseln lassen, während ich das Dungeon erkundete, Charaktere auflevelte und dabei die Karte zeichnte. Da ich heute kein lineares Fernsehen mehr schaue, nutze ich heute Podcasts oder lange YouTube-Essays für die gleiche Berieselung. Da Dungeon Crawler oftmals auch ohne viel Story auskommen, ist dies für mich das ultimative Genre zum nebenbei spielen. Einfach wunderbar zum Abschalten!

Alex’ Meinung:

Bei mir ist es ähnlich wie bei meinen Vorrednern: Sobald viel Story geboten wird, will ich mich voll darauf konzentrieren – sowohl bei einem Spiel als auch einer Serie beziehungsweise einem Film. Trotzdem spiele ich häufig, während ich etwas nebenbei laufen habe. Meist sind es Spiele, in denen ich grinden muss oder Aufgaben erfüllen kann, ohne viel Story. Arne hat bereits Pokémon-Legenden: Z-A erwähnt und die Pokémon-Reihe gehört definitiv für mich zu den perfekten Second-Screen-Spielen- Pokémon hochleveln, während ich eine Serie, einen Film oder etwas auf YouTube anschaue, funktioniert perfekt – und das gilt für viele andere Rollenspiele, solange ich der Geschichte fern bleibe. Außerdem sind Puzzle-, Renn- oder Sportspiele oft gut geeignet. So widme ich mich dem Gegner bekämpfen, Materialien sammeln und Synthetisieren in den Atelier-Spielen sehr oft nebenbei, während ich zusätzlich noch mit etwas anderem beschäftigt bin. Letztlich will ich mich aber gar nicht auf Genres oder Reihen beschränken, denn solange ich mich nicht vollständig auf ein Spiel oder das, was ich zusätzlich laufen habe, konzentrieren muss, funktioniert es für mich sehr gut Spiel und Serie, Film oder YouTube miteinander zu verbinden.

Sörens Meinung:

Auch ich bin ganz klar der Meinung, dass sich für ein “Second-Screen”-Spiel nicht wirklich Spiele mit aufwendigen Erzählungen oder Gameplay eignen, die meine volle Konzentration benötigen. Rollenspiele oder auch Action-Adventures wie zum Beispiel ein The Legend of Zelda sind da für mich keine Optionen. Schon mehr sind es da Spiele, die von Grund auf eher für Entschleunigung stehen und ein leichteres Gameplay bieten. Bestes Beispiel finde ich ist dafür die Animal-Crossing-Serie aber auch andere “Cozy-Games” beziehungsweise Simulationen eignen sich dafür sehr gut. Ein weitere Beispiel dafür ist auch eine Aufbau oder Wirtschaftssimulation und da fällt das vor wenigen Tagen für die Nintendo Switch 2 erschienene Two Point Museum ein: Das entspannte Gameplay fordert auch mal Phasen wo ich einfach nur dem Treiben in meinem aufgebautem Museum zuschaue oder schlicht warte während mein Forscherteam auf der Suche nach einem neuen Exponat ist.