Color TV-Game: Nintendos erste Heimkonsolen – SPECIAL

Nintendo blickt auf eine lange Vergangenheit zurück. Gegründet 1889, wandte sich das japanische Unternehmen in den 1970er-Jahren dem wachsenden Videospiel-Markt zu. Bevor mit dem Famicom beziehungsweise Nintendo Entertainment System der weltweite Erfolg errungen wurde, veröffentlichte Nintendo in Japan als erste Heimkonsolen die Color-TV-Game-Modelle.


Fast fünfzig Jahre widmet sich das jüngst 135 Jahre alt gewordene Nintendo bereits dem Videospiel-Markt. Nachdem Nintendo in den Anfangsjahren als Hersteller von Hanafuda-Karten erfolgreich war und später in anderen Branchen wie Spielzeugen und Elektronik-Produkten tätig wurde, weckte die wachsende Videospiel-Branche in den 1970er-Jahren die Aufmerksamkeit von Nintendo-Präsident Hiroshi Yamauchi. Nachdem das erfolgreiche Geschäft mit Laser Clay Shooting Systems zusammenbrach, brauchte Nintendo eine neue Sparte. Dies führte ab 1975 dazu, dass der Konzern aus Kyoto erste Arcade-Automaten produzierte. Gleichzeitig weckten die Erfolge von Atari und Magnavox mit Heimkonsolen, das Interesse am in Japan langsam Einzug haltenden Markt. In Folge dessen erschienen im Juni 1977 mit dem Color TV-Game 6 und Color TV-Game 15 die ersten Nintendo Heimkonsolen in Japan.

Erste Erfolge

Da Nintendo nicht die Möglichkeit hatte, die Technik und Schaltkreise der Color-TV-Game-Konsolen selbst zu produzieren, schloss sich das Unternehmen mit Mitsubishi Electronics zusammen. Während Nintendo für Entwurf, Gestaltung und Vertrieb verantwortlich war, stammte die Technik von Mitsubishi Electronics. Unter Leitung des ehemaligen Sharp-Ingenieurs Masayuki Uemura sowie Mitsubishi-Supervisor Hiromitsu Yagi, wurde das erste Konsolenprojekt von Nintendo umgesetzt. Ziel war es dabei ein möglichst günstiges Produkt anzubieten und unter dem üblichen Konsolen-Verkaufspreis von 20.000 Yen zu bleiben. Nintendo-Präsident Hiroshi Yamauchi peilte sogar einen Preis von unter 10.000 Yen an. Um das zu verwirklichen und dennoch die Produktionskosten zu decken, wurden zwei Versionen des Color TV-Game hergestellt.

Im Juni 1977 erschienen das Color TV-Game 6 für 9.800 Yen und das Color TV-Game 15 für 15.000 Yen gleichzeitig. Da es noch keine austauschbaren Module gab, verfügten die Konsolen wie die Namen bereits andeuten über sechs beziehungsweise fünfzehn vorinstallierte Spiele. Allerdings handelte es sich fast ausschließlich um Varianten des Pong-Konzepts. Zudem waren beim Color TV-Game 6 genau genommen nur drei reine Mehrspieler-Titel enthalten, da die anderen drei Spiele lediglich Abwandlungen waren. Das Color TV-Game 15 ergänzte weitere neun Pong-Varianten sowie Shooting Game als einzige Abweichung. Für die Steuerung setzten die Color-TV-Game-Konsolen auf Drehregler, die beim Color TV-Game 6 fest in die Konsole integriert waren, während das Color TV-Game 15 kabelgebundene Controller bot. Für die Stromversorgung waren in der ersten Version Batterien erforderlich. Spätere Revisionen, darunter auch die bekannte orangefarbene, erhielten ein teilweise separat erhältliches Netzteil.

Eine erste Preissenkung des Color TV-Game 6 erfolgte bereits im ersten Jahr der Konsole. Zum Weihnachtsgeschäft 1979 wurde auch der Preis des Color TV-Game 15 auf 7.500 Yen gesenkt, bevor die Produktion beider Modelle 1980 eingestellt wurde. Bei den Verkaufszahlen gibt es unterschiedliche Angaben, die jedoch grob zueinander passen. So sollen vom Color TV-Game 6 rund 360.000 und vom Color TV-Game 15 rund 700.000 Konsolen verkauft haben. Anderen Angaben zufolge kommen beide Konsolen zusammen auf über eine Millionen verkaufte Exemplare, während ebenfalls von rund einer Millionen abgesetzter Konsolen pro Variante die Rede ist. Sicher ist aber, dass Nintendo aufgrund des Erfolgs der beiden Color TV-Game-Modelle zum japanischen Marktführer wurde.

Weitere Modelle

Bereits im Juni 1978 und damit ein Jahr nach den ersten beiden Modellen, veröffentlichte Nintendo das Color TV-Game Racing 112. Die Besonderheit der Konsole war das fest integrierte Lenkrad mit dem das integrierte Rennspiel gesteuert wurde. Der aus der Vogelperspektive gespielte Titel war das einzige Spiel des Color TV-Game Racing 112, lag jedoch in zehn Variationen mit unterschiedlichen Zielen. Zusätzliche Einstellungsmöglichkeiten für Straßenart oder Tempo ließen insgesamt 112 Spielmodi zu. Für den Zwei-Spieler-Modus verfügte die Konsole zusätzlich zum Lenkrad über zwei kabelgebundene Drehregler-Controller. Mit einem Preis von Anfangs 12.500 Yen und später 5.000 Yen blieb Nintendo der Preisgestaltung der Vorgänger-Modelle treu. Bei den Verkaufszahlen des Color TV-Game Racing 112 wird sowohl von rund 160.000 als auch bis zu 500.000 Exemplaren gesprochen. Genau verifizieren lässt sich der Erfolg der Konsole allerdings nicht.

Anfang 1980 folgte mit Color TV-Game Block Kuzushi das vierte Modell, das auf sechs Varianten des Breakout-Spielprinzips setzte. Dabei ließen sich etwa die Anzahl der Bälle oder die erforderlichen zu zerstörenden Blöcke einstellen. Gesteuert wurde wieder mittels Drehregler. Preislich lag das Color TV-Game Block Kuzushi zur Veröffentlichung bei 13.500 Yen, bevor 1980 der Preis auf 8.300 Yen gesenkt und 1981 die Produktion eingestellt wurde. Wie bei den anderen Color-TV-Game-Modellen sind die Verkaufszahlen nicht eindeutig. Das Color TV-Game Block Kuzushi soll sich zwischen 400.000 und 500.000 mal verkauft haben.

Den Abschluss der Color-TV-Game-Konsolen stellt das ebenfalls 1980 veröffentlichte Computer TV-Game dar. Da im Gegensatz zu den anderen Modellen keine Farbausgabe geboten wurde, passte Nintendo den Namen der mit 48.000 Yen ungewöhnlich teuren Konsole an. Allerdings richtete sich die Adaption von Nintendos 1978 veröffentlichten Arcade-Automaten Computer Othello auch vorwiegend an Unternehmen. Das Computer TV-Game nutzt die Original-Technik des Arcade-Automaten was in einer ungewöhnlich großen Konsole mit schwerem Netzteil resultierte. Aufgrund der eher geringen Zielgruppe produzierte Nintendo das Computer TV-Game nur in sehr geringer Stückzahl.

Großes Erbe

Sechs Jahre nach der Veröffentlichung der ersten Color-TV-Game-Konsolen wurde die Produktion der Modell-Reihe 1983 endgültig beendet. Zu diesem Zeitpunkt hatten die unterschiedlichen Varianten Nintendo bereits den Platz als Marktführer in Japan eingebracht. Allerdings fehlte aufgrund nicht austauschbarer Spiele der nachhaltige Erfolg. Deshalb konzentrierte sich das Unternehmen verstärkt auf Arcade-Automaten, zu denen etwa Shigeru Miyamotos 1981 veröffentlichtes Debüt Donkey Kong gehörte, und Handheld-Systeme wie die Game-&-Watch-Geräte. Die Erfahrung mit den Color-TV-Game-Modelle führte schließlich auch zur Produktion und Veröffentlichung des Nintendo Family Computer am 15. Juli 1983 in Japan. Für die Technik des Famicom war bei Nintendos Partner Ricoh erneut der ehemalige Mitsubishi-Techniker und Color-TV-Game-Supervisor Hiromitsu Yagi verantwortlich.

Später nutzte Nintendo die Grundlagen der Color-TV-Game-Konsolen auf unterschiedliche Weise. So basiert das Game-Boy-Spiel Alleyway auf dem Color TV-Game Block Kuzushi. Vor allem in verschiedenen Spielen der WarioWare-Reihe wurden Mikrospiele basierend auf den Color-TV-Game-Modellen eingebaut. Außerdem ist eine Helfertrophäe des Color TV-Game 15 in Super Smash Bros. for Wii U/3DS enthalten. Damit erinnert Nintendo an die Heimkonsolen-Ursprünge, die aufgrund der Bedeutung des Famicom beziehungsweise Nintendo Entertainment Systems und des enormen Erfolgs der ersten Konsole mit austauschbaren Modulen fast vergessen ist.

Geschrieben von Alexander Geisler