40 Jahre Famicom und NES: Ein Rückblick – SPECIAL

Vor vierzig Jahren legte der Nintendo Family Computer, kurz Famicom, den Grundstein für Nintendos dauerhafte Präsenz im Heimkonsolenmarkt. Am 15. Juli 1983 erschien die erste stationäre Konsole des japanischen Traditionsunternehmens in Japan und wurde nach anfänglichen Schwierigkeiten zur damals meistverkauften Konsole.


Das Jahr 1983 wird in der Videospielbranche gerade in den USA mit dem großen Zusammenbruch des Marktes assoziiert. In Japan hingegen erschien am 15. Juli des Jahres der Nintendo Family Computer. Nach den Erfolgen mit Arcade-Spielautomaten wie Donkey Kong sowie den Game-&-Watch-Geräten, wollte Nintendo in den Markt für stationäre Heimkonsolen einsteigen. War anfangs noch ein vollwertiger 16-Bit-Computer inklusive Tastatur und Floppy Disks im Gespräch, bestand der damalige Nintendo-Präsident Hiroshi Yamauchi auf der Umsetzung einer möglichst günstigen Konsole mit austauschbaren Spielkassetten.

Nintendos erste Heimkonsole

Basierend auf Arcadeautomaten wie Donkey Kong oder Namcos Galaxian begann Masayuki Uemura Anfang der 1980er-Jahre mit der Umsetzung des späteren Famicom. Ein weiterer Einfluss war die 1982 in Nordamerika erschienene Konsole ColecoVision von Coleco. Da benötigte Chips und Mechanismen für das Famicom in Japan nicht verkauft wurden oder zur Verfügung standen, musste das Team um Masayuki Uemura improvisieren und eigene Prozesse entwickeln, bevor im Oktober 1982 ein erstes Testmodell fertiggestellt wurde. Aus diesem Grund wurden frühe Famicom-Spiele auf Basis von NEC PC-8001 Computern entwickelt.

Da die Bedienung des Famicom möglichst unkompliziert und genau sein sollte, wurde auf die Implementierung der damals bei Heimcomputern weit verbreiteten Joysticks verzichtet. Stattdessen setzte Nintendo auf die Bedienelemente der Game-&-Watch-Geräte und somit auf das lange mit Nintendo in Verbindung gebrachte klassische digitale Steuerkreuz. Zusätzlich verfügen die beiden fest mit der Konsole verbundenen Controller über jeweils einen A- und einen B-Button. Die Start- und Select-Tasten wurden jedoch nur dem ersten Controller hinzugefügt. Dafür ist in das zweite Gamepad des Famicom ein Mikrofon integriert worden. Dieses wird in einigen wenigen Spielen verwendet. So ist es etwa möglich, in Kid Icarus den Händler um günstigere Preise zu bitten.

Anfänge einer Konsole

Ursprünglich unter dem Projektnamen GameCom entwickelt, soll es Masayuki Uemuras Frau gewesen sein, die diesen Namen unpassend fand. Schließlich handelt es sich bei der ersten Nintendo Konsole weder um einen Personal Computer noch um einen Heimcomputer. Da die Ausrichtung des Geräts eindeutig auch auf Familien und Kinder abzielte, wurde aus GameCom schließlich Family Computer, dessen Abkürzung Famicom heutzutage wahrscheinlich noch bekannter ist. Tatsächlich lautete der vollständige Name der Konsole „Home Cassette-type Video Game: Family Computer“. Als diese am 15. Juli 1983 in Japan erschien, war das Launch-Line-up mit Umsetzungen der Arcade-Spiele Donkey Kong, Donkey Kong Jr. und Popeye überschaubar und deutlich kleiner als das von Segas zeitgleich erschienener SG-1000-Konsole. Dennoch konnte sich Nintendos Famicom nach einer aufgrund technischer Probleme notwendigen kleinen Revision mit neuem Motherboard durchsetzen.

Die Popularität des Famicom zog 1984 Dritthersteller wie Namco und Hudson Soft an, und das obwohl Nintendo ein teures Lizenzierungsverfahren für die Veröffentlichungen von Spielen auf dem Famicom etablierte. Für Lizenzierung und Produktionskosten standen Nintendo demnach dreißig Prozent des Umsatzes eines Spiels zu. Damit etablierte Nintendo die bis heute gängigen Gebühren und Standards für Lizenzierungen von Konsolenherstellern und für digitale Shops.

Zusätze für Famicom und NES

Zudem spendierte Nintendo dem Famicom einige Peripherie-Geräte. Das vielleicht wichtigste ist dabei das Famicom Disk System, das die Veröffentlichung von Spielen auf Floppy Disks ermöglichte. The Legend of Zelda erschien in Japan beispielsweise erstmals für das Disk System und erst später in der Modul-Variante, die für die USA und Europa notwendig war. Zusätzlich zu klassischen Spieleveröffentlichungen war es außerdem möglich, leere Disketten zu kaufen. Diese konnten an einem Disk Writer für einen günstigen Preis mit einem Spiel beschrieben werden. Da es jederzeit möglich war, die Daten wieder zu löschen und ein neues Spiel auf der Diskette zu hinterlegen, war es einfach, Spiele auszutauschen. Außerdem boten dank der Schreibfunktion von Disketten viele FDS-Spiele eine Speicherfunktion, die bei klassischen Modul-Veröffentlichungen erst für die westliche Version von The Legend of Zelda mittels Batteriespeichersystem verfügbar war.

Aufgrund des eher geringen Gewinns, den die Veröffentlichung von Spielen für das Famicom Disk System ermöglichten, setzten nur wenige Hersteller auf die Unstützung des Zusatzgeräts. Mit rund viereinhalb Millionen abgesetzten Geräten war die Peripherie trotzdem recht erfolgreich. Später ergänzten Geräte wie der Zapper für Lightgun-Spiele oder der kleine Spielzeugroboter R.O.B. die für Famicom und NES verfügbare Peripherie. Sharp veröffentlichte sogar zwei spezielle Version des Famicom. Etwa den Röhrenfernseher C1 mit integrierter Konsole.

Schwieriger Weg nach Westen

Eine Veröffentlichung außerhalb Japans gestaltete sich hingegen aufgrund des Einbruchs des Videospielmarktes 1983 vor allem in den USA schwierig. Nintendos potenzielle Partnerschaft mit Atari wurde durch einen Streit über die Donkey-Kong-Rechte erschwert. Zudem wollten viele Händler keine neuen Konsolen mehr verkaufen. Dies führte sogar dazu, dass Nintendo aus dem Famicom für den Westen einen vollwertigen Heimcomputer inklusive Tastatur und Datasetten machen wollte. Unter dem Namen Advance Video System wurden sogar erste Prototypen gebaut, die jedoch nie Marktreife erlangten. Stattdessen verbaute Nintendo die Technik des Famicom in einem grauen, klobigen Gehäuse, das weniger den Eindruck einer Konsole und eines Spielzeugs wecken sollte. Das Nintendo Entertainment System sollte optisch problemlos neben Videorekorder und Stereoanlage passen, ohne aufzufallen. Der Modulschacht wurde zu einem Einschubfach umgebaut, das von einer Klappe verborgen wurde. Dadurch war der Kontakt von Spielemodulen zum Motherboard über einen Umweg erforderlich, wodurch im Vergleich zum Famicom stärkeres Bildflackern möglich ist.

Trotz der Maßnahmen waren amerikanische Händler jedoch skeptisch und Nintendo musste zusichern, bei Rückgabe von nicht verkauften Konsolen keine Strafgebühr zu verlangen. Verkaufte sich das NES anfangs schleppend, sorgten hochwertige Spiele dafür, dass die Konsole auch außerhalb Japans immer populärer wurde. War das Famicom schon Ende 1984 bereits die meistverkaufte Heimkonsole, schaffte es das NES im Westen schließlich auch zu großem Erfolg. Letztlich konnte sich Nintendos erstes stationäres System insgesamt fast zweiundsechzig Millionen Mal verkaufen. Zugleich wurden bis heute beliebte Franchises wie Super Mario, The Legend of Zelda, Metroid, Mega Man oder Castlevania auf dem Famicom etabliert. Der Erfolg des Famicom beziehungsweise NES hatte auch einen großen Anteil daran, dass der Videogame-Crash von 1983 überwunden wurde. Damit ist Nintendos Heimkonsole eine der bis heute wichtigsten Veröffentlichungen in der Geschichte der Branche und über Jahrzehnte war Nintendo das Synonym für Videospiele.

Geschrieben von Alexander Geisler