20XX – TEST

Ursprünglich 2017 für den PC veröffentlicht, wurde der Action-Titel 20XX von Batterystaple Games im Juli 2018 auch für PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch umgesetzt. Zwar mag das Spiel an die Mega-Man-Reihe erinnern, doch Elemente wie der Zwei-Spieler-Modus oder die zufallsgenerierten Levels verhelfen dem Titel zu einer gewissen Eigenständigkeit.


Obwohl die Mega-Man-Reihe, besonders in den Spin-offs der langlebigen Serie, mit der Zeit eine kultverdächtige Hintergrundgeschichte entwickelte, konnte sie dank des actiongeladenen und sehr flüssigen Gameplays meistens vernachlässigt werden. 20XX macht bereits in der Introsequenz klar, dass sich die Entwickler zwar am großen Vorbild aus dem Hause Capcom orientiert haben, zeigt aber zugleich, dass kein Wert auf den Ausbau einer stringenten oder konsekutiven Handlung gelegt wurde. Die beiden Protagonisten Nina und Ace leben abgeschieden auf einer Raumstation, die sich in der Umlaufbahn der Erde befindet.

In ihrer Weltraumbasis planen die beiden Charaktere Ausflüge auf den blauen Planeten, um dort in maximal zehn aufeinanderfolgenden Levels einen Roboter nach dem anderen in seine Einzelteile zu zerlegen. Entwickelt wurden die amoklaufenden Roboter von zwei wahnwitzigen Wissenschaftlern, die den Ernst der Lage zu spät erkannt haben und auch keine Verantwortung für die Katastrophe übernehmen wollen. Dementsprechend ist es die Aufgabe des Spielers, in die Haut von Nina und Ace zu schlüpfen, um die dystopische Lage unter Kontrolle zu bringen – und das immer und immer wieder. Sobald einer der Charaktere das Zeitliche gesegnet hat, gilt der Spieldurchlauf als beendet, woraufhin mitunter der nächste Angriff geplant werden kann.

Motivierende Spieldurchgänge

Wie in anderen Rogue-like-Spielen setzen sich die einzelnen Elemente der Levels bei jedem neuen Spieldurchlauf anders zusammen. Jede Plattform, egal ob sie sich selbstständig bewegt, bei direktem Kontakt mit einem der Spielcharaktere zu Boden rast oder in bestimmten Intervallen verschwindet und wenig später wieder auftaucht, ist nach einem festen Programmierraster rein zufällig ins Level eingebaut. Selbiges betrifft auch die restliche Level-Architektur, die Positionen von Gegnern und Kisten, in denen sich Power-ups oder Schraubenmuttern befinden. Mit Schraubenmuttern können an bestimmten Stellen entweder Lebensenergie oder auch weitere Upgrades für die Helden gekauft werden.

Je nachdem, wie schnell sich der Spieler an die hohe Spielgeschwindigkeit und den teils ganz schön knackigen Schwierigkeitsgrad gewöhnt hat, desto eher wird er also in Verbesserungen investieren können. Diese verfallen im Übrigen nach Beenden eines Spieldurchgangs, doch dürfen zumindest die so genannten Seelenchips bis zu Beginn des nächsten Durchlaufs behalten werden. Mit diesen darf sich der Spieler auf der Raumstation permanente Verbesserungen kaufen, die zudem – jedoch nie einzeln – aktiviert oder deaktiviert werden können. Diese Designentscheidungen sind einerseits motivierend und sorgen andererseits dafür, dass sich 20XX stets abwechslungsreich anfühlt.

Unterteilung in Nah- und Fernkampf

Erwähnter Abwechslungsreichtum liegt jedoch vor allem an den spielbaren Charakteren. Mit einer Blaster-Pistole verschießt Nina Laser-Salven in einer recht starren Richtung auf die Gegner und Ace wirbelt mit einer Klinge herum, wodurch sich eine Abgrenzung in Nah- und Fernkampf abzeichnet. Bei erfolgreichem Beenden des ersten Spieldurchlaufs kann in den Konsolenfassungen der Charakter Hawk freigeschaltet werden, der an die Peitschenschwinger aus Konamis Castlevania-Reihe erinnert. Besitzer der im Jahr 2017 veröffentlichten PC-Fassung werden im Rahmen eines kostenpflichtigen Zusatzinhalts für Hawk hingegen genauso zur Kasse gebeten, wie der im Juli 2018 ebenfalls auf diesem Weg nachgereichte Charakter Draco.

Im Rahmen unseres Tests konnten wir Draco jedoch noch nicht ausprobieren, da er erst mit einem kostenlosen Update nachgereicht wird. Dem Trailer und den offiziellen Herstellerangaben ist zu entnehmen, dass Draco mit unterschiedlichen Primärwaffen kämpfen, jedoch nicht auf die im Spiel verteilten Waffen-Typen zugreifen kann. Das macht ihn zu einer interessanten Spielfigur für Puristen, die sich lieber auf einzelne Spielweise einstellen wollen. Mit dem Rogue-like-Prinzip hat dies aber nur am Rande etwas zu tun, womit 20XX so wirkt, als wolle es sich aus seinem vielleicht zu eng geschnürten Korsett befreien.

Nostalgie in fremdem Glanz

Wer keine Lust darauf hat, die zufallsgenerierten Levels im Alleingang anzugehen, darf in Ninas und Aces Raumschiff den Zwei-Spieler-Modus aktivieren. Dieser funktioniert sowohl offline als auch übers Internet. Auf der Nintendo Switch lief der Online-Modus im Test überraschend stabil, hatte über die Dauer eines vollständigen Spieldurchlaufs keinerlei Aussetzer oder Verbindungsabbrüche. Schade ist nur, dass es keinerlei Möglichkeiten gibt, im Spiel mit seinem Gegenüber zu kommunizieren. Selbst an vorinstallierte Textbausteine haben die Entwickler nicht gedacht, weshalb es schwierig ist, sich mit seinem Mitspieler bei der Wahl von Upgrades oder dem Aufsammeln von Lebensenergiepunkten abzusprechen. Unnötig wird so aus dem eigentlich kooperativen Modus in Windeseile eine kompetitive Spielerfahrung, die zu Frust führen kann. Hier sollten die Entwickler also unbedingt noch nachbessern.

Grafisch erinnert das Spiel vor allem an die drei Super-Nintendo-Episoden von Mega Man X, verzichtet jedoch auf die 16-Bit-Grafiken und erstrahlt in schöner Comicgrafik. Der Soundtrack fühlt sich zwar wie eine aufgebohrte Version der Musik des Vorbilds an, erreicht aber nicht ganz dessen Qualität. Im Endeffekt ist dies aber nicht schlimm, da das Geschehen jederzeit stimmig unterlegt wird. Zu guter Letzt ist auch die teilweise etwas zu genaue Steuerung von Capcoms Videospielen inspiriert, wodurch vor allem Mega-Man-Fans einen Blick bei 20XX riskieren dürfen, sofern sie mit den entindividualisierenden Rogue-like-Elementen konform gehen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

20XX ist spürbar von den alten Mega-Man-Klassikern der 1980er- und 1990er-Jahre inspiriert. Jede Plattform, jedes Kistenversteck und jeder Gegner, der in den zweidimensionalen Levels aus der Seitenansicht pulverisiert werden darf, scheinen exakt positioniert zu sein – und das ist für ein Spiel, das sich auf zufallsgenerierte Spielinhalte stützt, ein sehr großes Kompliment. Bei weiteren Spieldurchläufen kann der Titel sein Baukastensystem allerdings nicht mehr leugnen, da viel zu viele Elemente wiederkehrend sind. Ermüdungserscheinungen sind zwar das Ergebnis im Einzelspielermodus, doch Freunde des Zwei-Spieler-Modus, der auch online wunderbar funktioniert, erfreuen sich an gemeinsamen Spieldurchläufen mit Freunden und fremden Spielern. Diese beiden Punkte sind im Grunde auch die Alleinstellungsmerkmale, die den Titel von Capcoms Mega-Man-Franchise abgrenzen. In anderen Belangen bietet 20XX nicht mehr, aber auch nicht weniger.