Blossom Tales II: The Minotaur Prince – TEST

Fünf Jahre nach der Veröffentlichung von Blossom Tales: The Sleeping King wollen es die Entwickler von Castle Pixel noch einmal wissen. Mit dem Mitte August 2022 veröffentlichten Blossom Tales II: The Minotaur Prince wird die Reihe konsequent und logisch fortgeführt.


Wer den ersten Serienteil aus dem Jahr 2017 gespielt hat, dem dürfte das Grundgerüst der Erzählung bekannt vorkommen. Die beiden Kinder Lily und Chrys streiten sich um Nichtigkeiten. Daraufhin schreitet ihr Großvater ein. Mittels einer fantasievollen Geschichte möchte er ihnen wichtige Werte vermitteln. Prompt werden die beiden Kinder zu Akteuren gemacht, die sich bei einem Kampfturnier ebenfalls in die Haare kriegen. Chrys möchte das Duell gegen seine Schwester Lily unter allen Umständen gewinnen. Er schummelt, was Lily auffällt. Über kurz oder lang äußert sie den Wunsch, dass der Minotaurenkönig käme und ihren Bruder hole. Wir sind nicht überrascht, dass genau dieser Wunsch plötzlich in Erfüllung geht.

Kaum hat der Minotaurenkönig Chrys entführt, müssen wir in der Rolle von Lily die Rettungsaktion planen. Als frisch gebackene Heldin ziehen wir durch das Blütenkönigreich und machen Bekanntschaft mit allerhand Bewohnern der Fantasy-Welt. Mit der Zeit kristallisiert sich heraus, dass wir nicht nur unseren Bruder aus den Klauen des Bösewichts befreien, sondern gleich das ganze Königreich retten müssen. Oft genug haben wir besser erzählte Geschichten erlebt, doch durch den häufigen Wechsel zu Chrys in Gefangenschaft und dem regelmäßig eingestreuten Humor, bei dem wir das jeweils aktuelle Ereignis mitbestimmen können, erlangt die Story von Blossom Tales II wie schon der erste Teil einen unvergesslichen Charme. Toll!

Bekanntes wie wunderbares Gameplay

Beim Gameplay orientiert sich das Action-Adventure, das wir zwischen zehn und fünfzehn Stunden durchweg aus der leicht versetzten Vogelperspektive bestreiten, sehr stark an der The-Legend-of-Zelda-Reihe. Wirklich schlimm ist das aber nicht, wissen die Entwickler von Castle Pixel vielleicht sogar noch besser als die Köpfe bei Nintendo, worauf es bei einem Teil der Reihe ankommt. Wer von The Legend of Zelda: Breath of the Wild aufgrund seiner anderen Struktur gegen den Kopf gestoßen wird, dürfte in Blossom Tales II eine wunderbare Alternative finden.

So erkunden wir die zweidimensionale Spielwelt und stoßen immer wieder auf Stellen, an denen wir ein bestimmtes Item einsetzen müssen, um zum Beispiel einen Fluss zu durchwimmen oder Geröll aus dem Weg zu räumen. Den entsprechenden Gegenstand finden wir nicht selten in einem der fünf Dungeons, die mit einer Vielzahl an Rätseln, Fallen, Monstern und anderen Hindernissen gespickt sind. Haben wir das Ende eines Dungeons erreicht, so müssen wir uns noch einem gefährlichen Bossgegner stellen. Auch wenn der Schwierigkeitsgrad von Blossom Tales II gefühlt etwas niedriger als beim Vorgänger ausfällt, solltet ihr die clever agierenden Gegner vor allem in Scharen keinesfalls unterschätzen. Auch ein paar Kopfnüsse bei den Rätseln können die Erkundung etwas bremsen, sorgen nach dem Lösen aber für ein wunderbares Erfolgserlebnis, welches uns nur noch weiter antreibt.

Charakterentwicklung leicht gemacht

Auch wenn es mit ein paar Einschränkungen möglich ist, von einem Dungeon zum nächsten zu rasen, solltet ihr diese Einstellung gleich wieder ad acta legen. Es macht nämlich unglaublich viel Spaß, das Blütenkönigreich zu erkunden. Überall finden wir Höhlen und andere Geheimnisse. Nicht selten führt die Erkundung abseits der Wege zu Schatztruhen, in denen sich meistens haufenweise Goldmünzen verstecken. Diese können wir in den Läden für Herzteile, Energiekristalle und leere Flaschen ausgeben. In letzteren bewahren wir eigens an Hexenkesseln gebraute Tränke auf. Haben wir vier Herzteile gesammelt, erweitert sich unsere Energieleiste um einen ganzen Herzcontainer. Je mehr Herzcontainer wir haben, desto mehr Schaden können wir im Kampf einstecken.

Bei der Energieleiste verhält es sich ähnlich. Diese demonstriert jedoch unsere Ausdauer und stellt darüber hinaus unseren Vorrat an Bomben oder Pfeilen dar. Anstatt Sammelgegenstände zu implementieren, läuft alles über die Energieleiste. Das mag für den einen oder anderen Spieler ungewohnt oder auch ein wenig unlogisch sein, aber gerade die Bosskämpfe profitieren immens davon, dass wir jeden unserer Schritte gut überlegen sollten. Wir mögen diesen taktischen Ansatz, auch wenn Ausweichrollen unserer Meinung nach beim puren Fortbewegen etwas zu viel Ausdauer verschlingen. Da freut es uns, dass wir in Blossom Tales II rein optional ein Pferd an die Seite gestellt bekommen.

Ein Königreich voller Geheimnisse

Geld lässt sich im Übrigen auch über das Sammeln von Blüten oder das Angeln von Fischen verdienen. Wer also nicht unbedingt Lust auf den Erkundungsaspekt hat, kann also auch eine ruhige Kugel schieben. Wollen wir wie bereits erwähnt Tränke brauen, gehören diese Aktionen zum Alltag dazu. Die alternative Methode zum Geldscheffeln können wir auf jeden Fall gut verstehen, enden doch neunzig Prozent aller Erspähungen von Schatztruhen mit dem Füllen einer vor allem zum Ende hin übervollen Geldbörse. Herzteile und Energiekristalle gibt es zwar in Hülle und Fülle, auch für das Erfüllen von einigen Nebenquests, sind aber bei der schieren Anzahl an Schatztruhen tatsächlich eher die Ausnahme.

Ähnlich wie in The Legend of Zelda: Ocarina of Time können wir in Blossom Tales II zudem Musikstücke erlernen, um damit bestimmte Ereignisse wie das Öffnen einer verschlossenen Tür oder das Aufwecken einer schlafenden Person auszulösen. Auch ein Schnellreisesystem ist mit von der Partie, denn überall im Blütenkönigreich befinden sich Landeplätze für einen Heißluftballon. Innerhalb von Sekunden können wir so von einem Ort zum anderen springen. Wer also von der Wüste zum Wald reisen will, muss nicht die halbe Karte durchqueren. Das ist eine sehr angenehme Komfortfunktion, die wir nicht mehr missen möchten. Jedoch möchten wir euch auch an dieser Stelle zum gründlichen Absuchen der Welt erneut ermutigen. Ihr könntet viel verpassen!

Fast rundum gelungenes Action-Adventure

Auf der Switch läuft Blossom Tales II bis auf seltene und vernachlässigbare Momente, in denen die Bildwiederholrate ins Stottern gerät, flüssig. Wem solche Performance-Probleme schon zu viel sind, sollte eher zur PC-Fassung greifen, die technisch auf ganzer Linie überzeugt. Ansonsten dürfte jedem klar sein, dass The Legend of Zelda: A Link to the Past vom Super Nintendo und The Legend of Zelda: Link’s Awakening vom Game Boy die großen Inspirationsquellen sind. Selbst dass die Spielwelt in Quadrate aufgeteilt ist, ist ein kleines Augenzwinkern wert. Bei den Soundeffekten beim Rätsellösen oder allgemein bei den Hintergrundmelodien erinnert das Spiel ebenfalls stark an die großen Vorbilder. Auch kleine musikalische Anspielungen an Klassiker wie SimCity sind mit von der Partie.

Die Steuerung fluppt per Steuerkreuz zu alledem. Dass wir jedoch nur zwei Items gleichzeitig ausrüsten können, wirkt im Jahr 2022 veraltet. Obwohl der eine oder andere dem Titel nun vorwerfen dürfte, viele Inhalte abgekupfert zu haben, ist das ganz egal. Blossom Tales II verbindet alle Elemente so, wie wir uns ein gesundes Action-Abenteuer vorstellen. Die deutsche Übersetzung von Julia Aigner, Andrea Brumma, Christine Kovarikova und Sofia Iberg sorgt für die richtige Stimmung. Wer außerdem gut in der Populärkultur bewandert ist, wird zu allem Überdruss auch viele Anspielungen verstehen. Blossom Tales II ist definitiv eine absolute Empfehlung für Genre-Fans!

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Blossom Tales II: The Minotaur Prince ist ein nahezu rundum gelungenes Action-Adventure. Zwar ist die Geschichte ausbaufähig, doch dafür zuckersüß erzählt. Auch die Möglichkeit, dass ich ein paar wenige Aspekte der Erzählung selbst mitbestimmen kann, gefällt mir sehr gut. Beim Gameplay fühle ich mich darüber hinaus sofort heimisch. Das Spiel macht noch weniger als sein Vorgänger einen Hehl daraus, sich maßlos an der The-Legend-of-Zelda-Reihe zu bedienen. Im Jahr 2022 ist das meiner Meinung nach auch kein Verbrechen, denn Nintendo hat mir mit The Legend of Zelda: Breath of the Wild gezeigt, wie die gewohnten Strukturen zertrümmert werden. Ich bin sehr froh, dass es Entwicklerstudios wie Castle Pixel gibt, die alten Hasen wie mir zeigen, wie das Genre deutlich besser funktioniert. Mir gefällt an Blossom Tales II eigentlich fast alles. Die Dungeons sind vielschichtig, die Kämpfe machen mit dem richtigen Item-Einsatz sehr viel Spaß, das Knobeln bei den Rätseln führt oft genug zu Erfolgserlebnissen und darüber hinaus lädt die Spielwelt ständig zum Erkunden ein. Auch der Humor mit seinen vielen Anspielungen an Werke wie Der Herr der Ringe oder Star Wars ist gelungen. Lediglich dass ich mit Lily nur zwei Items gleichzeitig ausrüsten kann, fällt mir vor allem in der zweiten Spielhälfte störend auf. Dies ist aber nur der Tropfen auf dem heißen Stein, denn ansonsten weiß das Spiel zwischen zehn bis fünfzehn Stunden bis zum furiosen Endkampf bestens zu unterhalten.