Dry Drowning – TEST

Ungefähr anderthalb Jahre nach der PC-Version erscheint die Noir-Thriller-Visual-Novel Dry Drowning auch für Switch. Als Privatdetektiv Mordred Foley haben wir uns Mord-Ermittlungen im dystopischen Cyberpunk-Setting gestellt.


Dry Drowning lässt uns in weitgehend klassischer Visual-Novel-Weise in eine düstere Noir-Thriller-Geschichte eintauchen. Zu Beginn des Spiels lernen wir den Protagonisten Mordred Foley kennen. Der Privatdetektiv wurde gerade aus Mangel an Beweisen von der Anschuldigung, Beweise gefälscht und damit zwei Unschuldige auf den elektrischen Stuhl gebracht zu haben, freigesprochen. Zugleich erfahren wir mehr über das dystopische Szenario. Angesiedelt ist die spannende und mit einigen unerwarteten Wendungen aufwartende Geschichte im Stadtstaat Nova Polemos im Jahr 2066. In der Metropole gehört Überwachung genauso zum Alltag wie technologischer Fortschritt. Letzterer wird sogar direkt ins Gameplay eingebunden, da uns ein futuristisches Hilfsmittel als Inventar, Tagebuch und Menü dient.

Düsterer Noir-Thriller

Kaum haben sich Mordred und seine Kollegin und Freundin Hera über das Urteil und die nun schwierige Lage für sie unterhalten, erhalten sie einen unerwarteten Auftrag. Ausgerechnet die fremdenfeindliche und extremistische Partei der Black Bands will, dass Mordred in einem Mordfall ermittelt und die Unschuld des Tatverdächtigen beweist. Bereits in den ersten Dialogen wird deutlich, wie mitreißend geschrieben Dry Drowning ist, und wie tiefgründig die Charaktere mit all ihren Eigenarten und Geheimnissen ausfallen. Selbst Mordred und Hera sind für uns nicht immer komplett greifbar, da wir nicht alle Informationen über ihre Vergangenheit haben. Hier zeigt Dry Drowning die vielleicht größte Stärke der Visual Novel: großartige, interessante Charaktere in Einklang mit einer fesselnden Geschichte. Nichts anderes erwarten wir von einem guten Genre-Vertreter und in dieser Disziplin trumpft Dry Drowning definitiv auf.

Fallen die Dialoge noch linear aus und lassen uns in Befragungen und Unterhaltungen wenig Freiraum, müssen wir auch regelmäßig Entscheidungen treffen, deren Auswirkung wir nicht vorhersehen können. Zwar beeinflussen wir die Geschichte tatsächlich oft nur in Nuancen, dennoch ist es spannend zu erleben, wie sich manche Dialoge verändern oder Charaktere auf eine zuvor getroffene Wahl reagieren. Manchmal haben unsere Entscheidungen sogar Einfluss auf Leben und Tod von Charakteren oder die Ermittlungen. Dadurch nimmt die Handlung zumindest kleinere Abzweigungen, die sich zum Ende etwas weiter verstricken. Trotz der eher linearen Erzählung bietet Dry Drowning damit überraschend viel Wiederspielwert.

Ermittlungen & Lügen

Ein zentrales Element sind die gelegentlichen Konfrontationen mit Tatverdächtigen, Zeugen und anderen Personen, die Mordred anlügen. In diesen Sequenzen müssen wir Indizien vorlegen, um unserem Gegenüber die Wahrheit zu entlocken und die Lügen zu entlarven. Hierbei wurden wir tatsächlich ein wenig an die Ace-Attorney-Spiele erinnert, auch wenn der Anspruch eher gering bleibt und manche Schlussfolgerung nicht ganz nachvollziehbar ist. Liegen wir dreimal falsch, heißt es Game Over, was jedoch nur bedeutet, dass wir mit der Sequenz von vorne beginnen. Größeren Einfluss haben wir nicht, dennoch sind die Befragungen gelungen und tragen viel zum Detektiv-Ermittlungs-Gefühl von Dry Drowning bei.

Damit nicht genug, wird auch ausreichend Gameplay geboten, um abseits des bloßen Lesens der trotz kleinerer Fehler hervorragenden deutschen Texte und Ansehens der stimmungsvoll gezeichneten Grafik, Abwechslung zu garantieren. So untersuchen wir beispielsweise die Umgebungen, um neue Hinweise zu finden. Das gestaltet sich zwar in erster Linie wie das bloße Anklicken von Interaktionspunkten, fügt sich aber trotzdem als kleine Auflockerung gut ins Spielgeschehen ein. Selbiges gilt für kleinere Rätsel und Minispiele, die zwar eher leicht ausfallen, aber für angenehm frischen Wind sorgen und eine Bereicherung für das ausgezeichnete Visual-Novel-Gefühl darstellen. Abgerundet wird das neben gut geschriebenen, aber auf der Switch leider oft zu kleinen Texten besonders von der erstklassigen, düsteren Film-Noir-Atmosphäre. Sowohl die stimmungsvolle Musikuntermalung als auch die in matte Farbtöne und schwarz-weiß gehaltene Grafik tragen ebenfalls viel dazu bei und garantieren schließlich eine Visual Novel, die ein fesselndes, spannendes Noir-Thriller-Cyberpunk-Erlebnis bietet.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Dry Drowning hat mich schon mit dem stimmungsvollen Grafikstil und der atmosphärischen Musik für sich gewonnen. Das zusätzlich eine spannende Noir-Thriller-Geschichte im dystopischen Cyberpunk-Setting erzählt wird, trägt viel zur erstklassigen Visual-Novel-Erfahrung bei, die geboten wird. Schon nach kurzer Zeit hat mich die mit reichlich interessanten und tiefgründigen Charakteren angereicherte Geschichte gefesselt. Bereits als reine Visual Novel kann Dry Drowning komplett überzeugen. Auflockernden Gameplay-Elemente wie Minispiele oder Befragungen sorgen jedoch nicht nur für Abwechslung, sondern ziehen mich noch mehr in das Dasein des Privatdetektivs. Visual-Novel-Fans sollten sich Dry Drowning unbedingt näher ansehen, aber auch Anhänger gut erzählter, spannender Geschichten sowie alle die storylastige Adventure mögen, dürften Gefallen an Mordreds Ermittlungen finden.