Ghost 1.0 – TEST
Wenn Trends in den letzten Jahren sichtbar waren, dann waren das zum einen die Rückbesinnung an Spiele der alten Schule und zum anderen das Übernehmen des Metroid-Spielprinzips. Ghost 1.0 aus dem Jahr 2016 orientiert sich zwar an diesem Konzept, verfügt aber über ausreichend Alleinstellungsmerkmale, um es vom heißgeliebten Nintendo-Franchise abzugrenzen.
Ghost 1.0 spielt in einer dystopischen Zukunft und erinnert mit seinem Stil stark an Filme wie Blade Runner und Co. Zwei gewiefte Cyberkriminelle, der Robotertechniker Boogan und der Hacker Jacker, wollen die Vormachtstellung der durchtriebenen Nakamura Corporation nicht länger hinnehmen. Sie beschließen, die Raumstation der Nakamura Corporation zu infiltrieren, da sie vermuten, dass sich dort der Quellcode für die Androidenherstellung befindet. Mit Hilfe der künstlichen Intelligenz Ghost gelingt ihnen schließlich die Infiltration in die Raumstation.
Hierbei schlüpft der Spieler in die Rolle der titelgebenden Ghost, die sich in einem speziell angefertigten humanoiden Roboterkörper frei durch die zweidimensionale Spielwelt aus der Seitenperspektive bewegen kann. Unterwegs erhält Ghost zwischendurch Anrufe von Boogan und Jacker, die ihr wertvolle Hinweise und wichtige Tipps zum Vorgehen verraten. Hinzu kommen Zwischensequenzen, in denen das Geschehen auf der anderen Seite der Leitung thematisiert wird. Diese Designentscheidung kann sowohl im Rahmen der Erzählstruktur auflockern als auch mit humoristischen Elementen punkten. Der Humor fällt passend zur Situation aus und kann mit Anspielungen auf die Populärkultur, beispielsweise mit einer kurzen Erwähnung von Arnold Schwarzenegger oder mit ulkigen Verweisen auf Rollenspielregelwerke, in den meisten Fällen überzeugen.
Herausforderungen en masse
In der Raumstation angekommen, stellen sich der Protagonistin viele verschiedene Arten von Feinden in den Weg. Diese agieren allesamt unterschiedlich. Einerseits gibt es Arbeitsroboter, die ohne Waffen ausgestattet sind und der Heldin nur entgegenlaufen, und andererseits lauern in den teilweise knapp bemessenen Räumen der Raumstation auch richtige Kampfmaschinen, die bei Blickkontakt sofort um sich schießen. Je nachdem wie häufig Ghost einen Alarm auslöst, desto gefährlichere Feinde stellen sich ihr bei diversen Schusswechseln in den Weg. Einzelgänger können zwar schnell erlegt werden, doch oft tauchen die aufs Töten fixierten Gegner im Rudel auf und bahnen sich stringent den Weg zur Spielfigur.
So werden gute Reflexe gefordert, da neben den Gegnern auch die feindlichen Projektile nur so durch die Gegend fliegen und die Lebensenergie knapp bemessen ist. Selbst auf dem normalen Schwierigkeitsgrad entpuppen sich diese Gefechte als Herausforderung, weshalb sich vor allem eher ungeübte Spieler die Wahl des Schwierigkeitsgrads zu Beginn wohl überlegen sollten. Obwohl die Kämpfe in der Überzahl sind, gibt es auch ein paar Rätsel im Spiel. Ghost kann sich von ihrem Körper zeitweise trennen und die Kontrolle von Gegnern übernehmen, um zum Beispiel sonst unerreichbare Schalter zu aktivieren oder hinter feindlichen Linien für großen Aufruhr zu sorgen.
Dystopische Defizite
Ghost 1.0 gelingt es sehr gut, den Fokus deutlich auf die teilweise sehr hektischen Kämpfe zu legen und sich weniger stark auf das Erkunden der Spielwelt zu konzentrieren, womit sich der Titel zum Teil stark von der Metroid-Reihe unterscheidet. Das mag im ersten Moment positiv klingen, ist auf Dauer aber nicht die beste Lösung für das Spiel, denn vor allem die Steuerung ist per Controller nicht sonderlich zu empfehlen. Während mit dem linken Stick die Spielfigur durch die Gänge und Räume der Raumstation navigiert wird, können mit dem rechten Stick die Gegner aufs Korn genommen werden. Da diese Schüsse oft ungenau abgegeben werden und Munition temporär begrenzt ist, sollten Interessierte am Spiel eher zur PC-Fassung greifen, um punktgenau mit Maus und Tastatur das Abenteuer zu bestreiten.
Ebenso wenig kann die Spielwelt begeistern. Zwar sind alle Grafiken gestochen scharf und überzeugen ebenfalls mit ihrem Comiclook, doch der Aufbau der Spielwelt ist als repetitiv einzustufen und bietet innerhalb der auf über ein dutzend Stunden angelegten Kampagne viel zu wenig Abwechslung. Der Soundtrack des Spiels passt hingegen gut zur klaustrophobischen Atmosphäre, bietet hier auf Dauer aber ebenso wenig Abwechslung. Wer sich trotzdem auf den Titel einlässt, wird immerhin mit freischaltbaren Fähigkeiten und jeder Menge Action gut motiviert.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Ghost 1.0 kann vor allem mit seiner dystopischen Zukunftsvision überzeugen, die nicht selten an Filme wie Blade Runner erinnert. Die düstere Atmosphäre spiegelt sich wunderbar in der interessant erzählten Handlung, den ansehnlich animierten Zwischensequenzen, der klaustrophischen Spielwelt und dem elektrisierenden Soundtrack wieder. Allerdings gelingt es dem Spiel auf Dauer nicht, diese Fassade aufrechtzuerhalten. Spätestens nach zwei bis drei Stunden Spielzeit können die Defizite nicht mehr geleugnet werden. Es fehlt der Spielwelt an Abwechslung, was vor allem an der eher starren Gestaltungsweise der Raumstation zu erkennen ist. Es gibt zwar durchaus andere Thematiken wie Laser-Strahlen oder Fließbänder, die versuchen, einzelne Abschnitte voneinander abzutrennen, doch ist das einfach zu wenig. Ebenso unschön, aber nicht ganz so ärgerlich, ist die Steuerung. Während das Zielen mit Maus und Tastatur – wie so oft auch – intuitiver funktionieren würde, ist es per Controller einfach ein Graus. Wer über diese mehr oder weniger großen Defizite hinwegsehen mag, kommt dennoch in den Genuss eines guten, unterhaltsamen und sogar motivierenden Spiels mit reichlich Action!