Illusion of L’Phalcia – TEST

Bei Rollenspielen aus dem Hause Kemco würden wir uns manchmal gerne die Haare raufen, sind manche Design-Entscheidungen einfach nicht nachvollziehbar. Illusion of L’Phalcia ist zum Glück deutlich besser geraten, auch wenn immer noch ein wenig Luft nach oben bleibt.

 


In der Fantasy-Welt L’Phalcia wird die Legende um das magische Schwert Amal von einer Generation zur nächsten weitergegeben. Obwohl diese Waffe in L’Phalcia einst tatsächlich existierte, wird es durch die Geschichten immer stärker mythologisiert. Aus keinem anderen Grund versuchen Schatzjäger die Existenz des Schwertes zu beweisen. Einer von ihnen ist der junge Abenteurer Ryser, der mit seinem sprechenden Leoparden Cougar durchs Land zieht. Um das Relikt zu finden, ist es jedoch erst einmal nötig, die sechs Teile einer Schatzkarte in die Hände zu bekommen. Das erinnert ein wenig an Dragon Ball, denn ähnlich wie der von den Helden nach dem Sammeln von allen sieben Drachenkugeln zu beschwörende Drache Shenlong in Akira Toriyamas Manga-Reihe, erfüllt einem auch das Schwert Amal einen Wunsch.

Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, dass nicht nur Ryser und Cougar auf der Suche sind, sondern auch Prinzessin Tiana, ihr Diener Ferio und die Kriegerin Caldina. Mit denen schließen wir uns im Verlauf der gar nicht mal so kurzen Story zusammen und begeben uns gemeinsam auf Weltreise. Die Charaktere sind zwar allesamt Stereotypen, aber dennoch interessant geschrieben. Während Ryser gerne mal als geldgierig dargestellt wird, ist Cougar hingegen immer hungrig. Im Gegensatz dazu stehen die gemeinnützig veranlagte Tiana und der stets um sie besorgte Ferio. Caldina wird hingegen eher als Alleingängerin charakterisiert.

Angenehmer Rollenspielstandard

Zu einem Rollenspiel gehören natürlich auch Dialoge. Diese haben in Illusion of L’Phalcia in der Regel einen angenehmen Umfang, fühlen sich nur vereinzelt gestreckt an und ufern zum Glück noch seltener aus. So bleibt die Geschichte mit ihren illustren Figuren stets interessant und motivierend, obwohl sie nur zum Rollenspielstandard gehört. In puncto Gameplay orientiert sich der Titel an gewöhnlichen Genrekonventionen. So reisen wir über eine Oberwelt von Ort zu Ort, treiben die Handlung sowohl durch Gespräche mit Nicht-Spieler-Charakteren als auch über Dialoge innerhalb der Gruppe voran, und investieren angehäufte Goldmünzen in neue Ausrüstung, um anschließend gegen immer mächtigere Monster und Dämonen zu kämpfen.

In den Dungeons lauern neben solchen Gefahren aber auch jede Menge Schätze und Geheimnisse, die wir aufdecken dürfen. Leider fühlen sich die Dungeons eher wie kleine Labyrinthe an, bei denen jedoch meist ein starrer Gang mit wenigen Abzweigungen wie ein roter Faden hindurchführt. Für unseren Geschmack sind sie nicht verspielt genug und regen auch nicht mit Rätseln zum Tüfteln an. Langweilig wird es durch die zahlreichen Zufallskämpfe aber nie. In diesen greifen wir unsere Gegner rundenbasiert mit Waffen an, führen Spezialangriffe aus oder lehren unsere Feinde mit Magie das Fürchten. Da die Monster häufig in Zweierreihen antraben, müssen wir mit Angriffsreichweiten taktieren, was die starren Kämpfe auflockert.

Rollenspiel zwischen zwei Generationen

Ist unsere Gruppe fünfköpfig, lässt sich in den Kämpfen ein aufladbarer Team-Angriff aktivieren. Um Zaubersprüche zu erlernen, müssen wir unseren Helden verschiedenförmige Edelsteine ihrer Rune zuweisen. Darüber hinaus lassen sich so auch andere Boni wie verbesserte Angriffe freischalten. Zwischen Erkundungs- und Kampfbildschirm liegt ein starker Kontrast, der die PlayStation- von der PlayStation-2-Inspiration visuell trennt. Während die zweidimensionalen Umgebungen wie die Städte an Suikoden erinnern, entdecken wir in den dreidimensionalen Kämpfen leichte Parallelen mit Tales of Symphonia – ohne die aktionsreichen Bewegungsfreiheiten, versteht sich. Ein tolles Feature ist in diesem Kontext das Herauszoomen der Kamera, um in Dungeons einen besseren Überblick zu erhalten. Das möchten wir zukünftig auch in anderen Rollenspielen sehen!

Unterlegt wird Illusion of L’Phalcia mit einem schönen Soundtrack, bei dem sich die Stücke leider recht schnell abnutzen. Ein Novum für Kemco-Rollenspiele ist hingegen die japanische Synchronisation, die aber nur bei sehr wenigen Dialogen – und dann auch nur ganz rudimentär und nicht einmal lippensynchron zu den Charakteranimationen – zu hören ist. Die Steuerung funktioniert weitestgehend, fühlt sich aber gelegentlich etwas hakelig an, was ebenso bedauerlich ist wie diverse Mikrotransaktionen wie der Erfahrungspunkte-Multiplaktor, der das Aufleveln nahezu überflüssig macht.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Illusion of L’Phalcia gehört meines Erachtens nach ohne Zweifel zu den besseren Rollenspielen des japanischen Konzerns Kemco. Obwohl die Story abgekupfert scheint, die Charaktere allesamt Stereotypen sind und sich die Entwickler auch sonst nur am klassischen Rollenspielrepertoire bedient haben, ist das Gesamtwerk von Anfang an interessant gestaltet und motiviert durchweg. Der grafische Kontrast zwischen den Erkundungsabschnitten und dem Kampfbildschirm wird wohl nicht jedem gefallen, funktioniert aber bis auf den Stilbruch in den Charaktermodellen recht gut. Ebenfalls hervorzuheben ist das Zoom-Feature, mit dem der Bildschirmausschnitt in den Dungeons vergrößert werden kann, was der Übersicht sehr zugutekommt. Auch wenn das Spiel mit alten Kemco-Fehlern wie der hakeligen Steuerung und neuen Problemchen wie der rudimentären und niemals lippensynchronen Vertonung zu kämpfen hat, macht mir das Spiel trotz aller Unkenrufe echt Spaß. Nur die recht happigen Mikrotransaktionen sorgen bei den ersten härteren Kämpfen wieder einmal für ein ungutes Gefühl in meiner Magengrube und gehören vor allem bei kleineren Titeln abgeschafft – den richtigen Umgang mit derlei Dingen wird Kemco aber wohl nie lernen.