Kamiwaza: Way of the Thief – TEST

Kamiwaza: Way of the Thief, das über den Publisher NIS America am 14. Oktober 2022 unter anderem für die Nintendo Switch erschien, ist das Remaster eines ursprünglich im Jahr 2006 ausschließlich in Japan erschienen PlayStation 2 Stealth-Action-Adventures von Acquire. In der Rolle des ehrenhaften Diebes Ebizo versuchen wir dabei, das Leben unserer Adoptivtochter im Japan der ausgehenden Edo-Zeit zu retten.


Das japanische Entwicklerstudio Acquire ist den meisten westlichen Spielern vielleicht durch die Stealth-Ninja-Action-Serie Tenchu und die Way-of-the-Samurai-Reihe bekannt. Zudem leistete das Studio Square Enix Hilfestellung bei der Entwicklung des Rollenspiels Octopath Traveler. Kamiwaza: Way of the Thief erschien im Jahr 2006 für die PlayStation 2 ausschließlich in Japan und ist ein Spin-Off der Way-of the-Samurai-Reihe, bei dem wir nicht die Rolle eines Rônin, sondern die eines Diebes spielen, der sich im Japan des 19. Jahrhunderts behaupten muss. Sonst nur eingefleischten Fans der Way-of-the-Samurai-Reihe bekannt, gelangte Kamiwaza nun dank NIS America 16 Jahre nach seinem Erscheinen auch in westliche Gefilde.

Langfinger im alten Japan


Kamiwaza: Way of the Thief entführt uns nach Japan in die ausgehende Edo-Zeit. Wir übernehmen die Rolle von Ebizo, einem Waisen und gewieften Dieb, der einer vermeintlich rechtschaffenden Diebesbande anschließt, welche sich damit rühmt, die Reichen zu bestehlen und die Beute an die Armen zu verteilen. Beim Versuch, in das Anwesen eines reichen …. einzubrechen geht allerdings einiges schief und es kommt eine größere Anzahl an Bediensteten ums Leben. Ebizo rettet das Leben des kleinen Mädchens Suzuna und flüchtet gemeinsam mit ihr.

Nach diesen Ereignissen schwört Ebizo dem Diebesleben ab, arbeitet fortan als Schreiner und zieht Suzuna wie seine eigene Tochter auf. Das bescheidene, aber friedliche Leben findet jedoch zehn Jahre später ein jähes Ende, als Suzuna an einer mysteriösen Krankheit erkrankt. Die Ärzte wissen keinen Rat, und die Medizin kostet ein Vermögen. Also packt Ebizo widerwillig seine alte Diebesausrüstung aus und geht erneut den Weg des Diebes, um das Leben seiner Adoptivtochter zu retten.

Stylischer Dieb mit multifunktionalem Sack


Lediglich mit einem Sack auf den Schultern, in dem wir unser Diebesgut verstauen, durchstreifen wir in der Rolle von Ebizo die japanische Stadt Mikado und nehmen eine Reihe von Aufträgen im lokalen Badehaus an, welches als Treffpunkt der lokalen Unterwelt als unser Hauptquartier dient. In seinem Kern ist Kamiwaza: Way of the Thief ein typisches Stealth-Spiel, bei dem es hauptsächlich darum geht, unerkannt durch die Missionen zu kommen und dabei alles zu stehlen, was nicht niet- und nagelfest ist. Ebizo ist zudem ein ehrenhafter Dieb, dem es missfällt, Menschen zu töten, weshalb wir im Gegensatz zu anderen Stealth-Spielen wie der Tenchu-Reihe unsere Gegner nicht meucheln können, sondern sie lediglich für einige Zeit ins Land der Träume schicken dürfen. Interessanterweise setzt Kamiwaza: Way of the Thief im Gegensatz zu anderen Genre-Vertretern nicht auf besonders vorsichtige Schleich-Aktionen sondern belohnt besonders wagemutige Spieler. Mithilfe des sogenannten „Just Stealth“-Manövers, bei denen wir schnell eine der rechten Schultertasten drücken müssen wenn wir gesehen werden, können wir uns kurz unsichtbar machen und dürfen mit dem „Stylish Steal“ währenddessen sogar in die Taschen des verdutzten Gegners greifen um ihn zu bestehlen. Dies verleiht dem Spiel eine zusätzliche Schnelligkeit, wer aber realistische Stealth-Mechaniken erwartet, ist bei Kamiwaza: Way of the Thief definitiv falsch.

Mit dem Y-Knopf stehlen wir alles was nicht festgenagelt ist. Von Tellern, Lampen und Dekorationsgegenständen bis hin zu wertvollen Schwertern oder kompletten Samurai-Rüstungen wandert alles in unseren Sack, der im Laufe der Zeit auch immer größer wird. Große und besonders wertvolle Gegenstände haben dabei eine eigene Energieleiste, die wir durch konstantes „Angreifen“ mit dem Y-Knopf langsam leeren müssen, bevor wir sie mitgehen lassen können. Da manches Diebesgut eine sehr lange Energieleiste hat, führt dies immer wieder zu monotonem Hämmern auf den Y-Knopf, was uns manchmal wirklich fast zur Weißglut getrieben hat. Einzige Möglichkeit, dem entgegenzuwirken, ist in der Nähe dieser Gegenstände mit einem „Just Stealth“ Manöver einer Wache auszuweichen und kurz danach ein „Stylish Steal“ auszuführen, was uns erlaubt, das meiste Diebesgut sofort einzustecken. Eine etwas seltsame und umständliche Mechanik, an die man sich erst gewöhnen muss. Unseren treuen Diebessack können wir zudem als Fußball missbrauchen, um besonders hoch hängende Gegenstände zu stehlen oder auch Wachen durch einen gezielten Schuss an den Kopf für eine Weile kampfunfähig zu machen. Eine andere Möglichkeit, Wachen oder andere NPCs auszuschalten ist zudem, ihnen ihr gesamtes Geld zu klauen, das hier wie eine Art Lebensenergie funktioniert. Haben wir ihnen ihr gesamtes Vermögen aus den Taschen gezogen, klappen sie zusammen und sind eine Weile außer Gefecht gesetzt.

Die einzelnen Missionen sind dabei von den Zielen recht gleichförmig, müssen wir doch meistens einen bestimmten Gegenstand aus den Anwesen, Burgen oder Tempeln stehlen. Lediglich der Tag- und Nachtzyklus sorgt für Abwechslung. Zudem stehen wir in den Missionen immer unter Zeitdruck, wollen wir doch unserer Adoptivtochter Suzuna rechtzeitig die Medizin überbringen, damit sie nicht stirbt. Dabei stehen wir auch vor dem Dilemma, dass wir ihr zwar die lebensrettenden Medikamente geben müssen, aber auch unsere Ausrüstung und Fähigkeiten im Badehaus verbessern wollen. Sind wir in der Stadt unterwegs, müssen wir zudem darauf achten, nicht verdächtig aufzufallen. Erster Anhaltspunkt ist dabei unser Sack. Ist er zu voll, werden die Einwohner und die hiesigen Gesetzeshüter misstrauisch und unser Fahndungslevel steigt. Wollen wir es senken, müssen wir die Wanted-Schilder mit unserem Antlitz stehlen. Unser Portrait auf den Wanted-Schildern sieht unserem Alter-Ego zudem immer ähnlicher, je höher unser Fahndungslevel ist.

Remaster mit technischen Mängeln

Seine Herkunft auf der PlayStation 2 sieht man Kamiwaza: Way of the Thief deutlich an und dafür, dass wir es hier mit einem Remaster zu tun haben wurde nicht viel an der Grafik verbessert. Überall sehen wir matschige Texturen und die Umgebungen wirken allesamt recht karg. Auch die Charaktermodelle sehen nicht sonderlich ansprechend aus. Da haben wir auch schon deutlich hübschere PlayStation-2-Titel gesehen. Zudem ist die Framerate nicht immer stabil, was das eigentlich auf Schnelligkeit ausgelegte Stealth-Gameplay deutlich ausbremst. Von einem Remaster hätten wir definitiv etwas mehr erwartet.

Gut gelungen ist hingegen der Soundtrack, der mit fernöstlich angehauchten Klängen durchaus überzeugen kann und das insgesamt etwas dürftige technische Gesamtbild dann doch noch etwas anhebt. Die Sprachausgabe von Kamiwaza: Way of the Thief ist ausschließlich in Japanisch verfügbar und der Text ist auf Englisch. Eine Übersetzung ins Deutsche oder andere Sprachen gibt es leider nicht.

Geschrieben von Markus Schoenenborn

Fazit:

Ich finde es immer wieder toll, wenn eigentlich vergessene Spiele, die es nie aus Japan herausgeschafft haben, auch endlich bei uns erscheinen. Diese Spiele sind nicht auf ein großes Publikum ausgelegt, können aber in gewissen Kreisen definitiv auf Resonanz stoßen. Kamiwaza: Way of the Tief ist genau so ein Spiel. Es richtet sich an ein absolutes Nischen-Publikum, das ganz sicher viel Spaß mit Ebizos Diebestour im alten Japan haben wird. Alle anderen rümpfen die Nase bei der detailarmen Grafik, den matschigen Texturen und werden von dem teilweise wirklich hakeligen Gameplay abgeschreckt. Die altbackene Grafik kann ich verkraften, obwohl Kamiwaza sicher nicht das hübscheste PlayStation-2-Spiel ist, aber manche Gameplay-Mechaniken sind zwar interessant, aber oft auch recht seltsam und umständlich. Gerade die bereits angesprochenen langen Energieleisten von wertvollen Gegenständen, die das Stehlen von wertvollen Gegenständen sehr umständlich macht, hat mich oft genervt. Zudem sind die Missionen trotz des Tag- und Nachtwechsels mit ihren ähnlichen Zielen und der Levelwiederholung dann insgesamt sehr abwechslungsarm. Das Spiel bietet zwar einige originelle Ansatzpunkte, wie die Belohnung von schnellem und besonders draufgängerischem Spielen, was recht selten in einem Stealth-Spiel ist, und auch die Story um Ebizo ist interessant und emotional. Insgesamt ist der Weg des Diebes dann aber doch mit zu vielen Stolpersteinen versehen, so dass ihn nur die eingefleischtesten Fans betreten sollten. Abschreckend ist zudem der recht hohe Preis von fast vierzig Euro, der in Anbetracht eines solchen Gesamtpaketes definitiv zu hoch ist.