Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook – TEST
Mit Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook tischt uns Nippon Ichi Software ein ganz besonderes Mahl auf. In dem am 26. Mai in Europa und den USA erschienenen Roguelike mit Strategiespiel- und Survival-Anleihen müssen wir mit einer Gruppe furchtloser Abenteurer einen tiefen Dungeon erforschen und dürfen erlegte Monster zu schmackhaften Gerichten verarbeiten.
Der japanische Titel von Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook, „Shikabanegurai No Bōken Meshi“ lässt sich frei übersetzen mit „Kadaver zum Abendessen“, und genau dies ist hier tatsächlich auch Programm. Genau wie im bekannten Manga „Delicious in Dungeon“ von Ryōko Kui sind die fiesen Monster in den Tiefen des Dungeons auch hier nicht nur Gegner, sondern versorgen unsere wackeren Abenteurer mit wertvollen Ballaststoffen und Vitaminen. Will heißen, hier kommt alles vom erlegten Schleim bis zum Drachen auf den Tisch und wird verspeist. Ursprünglich erschienen ist das Spiel am 27. Januar 2022 in Japan und erscheint nun, mehr als ein Jahr nach seinem Release, auch in westlichen Gefilden.
Verhungernde Abenteurer in tiefen Labyrinthen
Nachdem wir einen von vier Schwierigkeitsgraden zwischen „Leicht“ und „Alptraum“ ausgewählt haben, dürfen wir uns eine von acht Charakterklassen aussuchen und anschließend unseren Charakter anpassen. Dabei können wir nicht nur das Geschlecht wählen, sondern auch Frisur, Haarfarbe und andere Körpermerkmale nach Belieben verändern. Danach beginnt ein kurzes Text-Intro, welches uns die Geschichte des Spiels näher bringt. Wir erfahren, dass das Dorf Piohne bekannt für seine Abenteurer ist. Dort haben wir trainiert und wurden als Test in den nahegelegenen Dungeon geschickt, welcher als die „Sealed Lands“ bekannt ist. Dieser Dungeon ist normalerweise für Anfänger ausgelegt, aber aus nicht näher genannten Gründen finden wir uns auf einmal alleine, verloren und ohne jeglichen Proviant mitten in den Tiefen des Dungeons wieder. Nachdem wir drei Tage ohne Hoffnung auf Rettung durch die Hallen geirrt sind, finden wir uns nahe dem Hungertod und stark dehydriert im Spiel wieder und stolpern dem Tode nahe über den verwesenden Kadaver eines riesigen Monsters. Verzweifelt und ohne Alternativen nehmen wir einen herzhaften Bissen aus dem von Maden wimmelnden Arm der Kreatur. Wirklich schmackhaft ist dies jedoch wie zu erwarten nicht, und wir fallen in Ohnmacht.
Unser tapferer Abenteurer erwacht an einem ganz anderen Ort, ein verlassenes Lager, von dem aus wir uns aufmachen, aus den „Sealed Lands“ zu entkommen. Den unzähligen Gefahren des Dungeons alleine ausgesetzt, müssen wir aber schon bald erfahren, dass wir ohne Unterstützung niemals aus den Ausgang finden werden. Zum Glück treffen wir aber auf drei andere gestrandete Abenteurer, die wir genau wie vormals unseren Hauptcharakter selbst bestimmen und editieren können. Gemeinsam machen wir uns nun daran, den Ausgang des Labyrinths zu finden. Wer eine tiefgründige Geschichte sucht, ist bei Monster Menu: the Scavenger’s Cookbook definitiv falsch. Weitere Einzelheiten zur Spielwelt, der Geschichte des Dungeons und anderer Abenteurer finden wir unterwegs in Form von Schriftstücken und Tagebucheinträgen. Der Fokus des Spiels liegt ganz klar auf dem Gameplay.
Roguelike mit Survival- und Strategie-Anteil
Im Kern ist Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook ein Roguelike mit einem Fokus auf Crafting, genauer gesagt Kochen, garniert mit ein paar Survival-Elementen. Unser Ziel ist es, die einhundertste und zugleich tiefste Etage des Dungeons zu erreichen und am Leben zu bleiben. Jede einzelne Etage ist dabei zufallsgeneriert und frei begehbar, die Kamera können wir ebenso nach Belieben drehen und kippen. Unterwegs sammeln wir allerhand Crafting-Material ein und plündern Schatztruhen, während wir wachsam nach dem Ausgang in die nächste Etage Ausschau halten. Dies hört sich alles recht einfach an, wären da nicht die zahlreichen Monster, die uns ans Leder wollen. Diese laufen, krabbeln und fliegen sichtbar durch den Dungeon, berühren wir sie, kommt es zum Kampf, der rundenbasiert und wie in einem Strategiespiel ausgetragen wird. Wir können unsere Helden über schachbrettartige Felder bewegen und die Gegner angreifen. Dabei bestimmt unsere Charakterklasse auch die Entfernung, aus der wir attackieren können. Mit Pfeil und Bogen bewaffnet können wir aus größerer Entfernung angreifen, während die kräftigen, mit Nahkampfwaffen ausgerüsteten Barbaren lediglich einem Monster direkt neben ihnen eins über die Rübe geben können. Ist ein Monster besiegt, bleibt seine Leiche liegen und wir können uns entscheiden, ob wir es sofort verzehren, was uns einige nützliche Buffs beschert, oder wir warten bis das Scharmützel vorbei ist. Dann können die Monsterleiche in Ruhe untersuchen und nützliche Zutaten und Gegenstände von ihnen erbeuten.
Neben den normalen Monstern gibt es auch noch einige besonders starke Bossgegner, die uns an bestimmten Stellen über den Weg laufen. Zudem sollten wir auch auf die im Spiel integrierte Uhrzeit achten. Neigt sich der Tag dem Ende zu und die Nacht bricht an, werden die normalen Monster noch etwas stärker. Dann ist es empfehlenswert, schnell den Ausgang zu suchen. Sollte einer unserer Charaktere das Zeitliche segnen, können wir sie oder ihn an Schreinen, die zufallsbedingt auftauchen, wiederbeleben. Sollte die ganze Party einen Kampf nicht überleben, starten wir wie im Roguelike-Genre üblich wieder bei Null auf der ersten Etage. Sämtliche Erfahrungspunkte und wichtige Ressourcen gehen dabei verloren, lediglich gesammelte Ausrüstung dürfen wir behalten, was die weiteren Durchgänge zumindest anfangs etwas einfacher und schneller macht.
Monster auf den Tisch
Haben wir den Ausgang in die nächste Etage gefunden, dürfen wir entscheiden, ob wir sofort die Expedition fortsetzen, oder zunächst unser Lager aufschlagen. Letztere Option ist in den meisten Fällen das sinnvollste, können wir uns dort nämlich unter anderem ausruhen, gefundene Zutaten und Monster-Einzelteile kochen oder das Spiel abspeichern. Hier kommen dann die Crafting- und Survival-Elemente zum Tragen. Wir müssen nämlich bei Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook nicht nur wie üblich ein Auge auf die Lebenspunkte beziehungsweise Hitpoints unserer Charaktere haben, sondern zusätzlich drei weitere Werte beachten. Jeder unserer Abenteurer hat nämlich auch noch Balken für den Kalorien- und Wasserhaushalt, sowie einen für „Happiness“, also die allgemeine Zufriedenheit. Diese Werte sinken konstant während unserer Dungeon-Expeditionen. Wenn sie einen kritischen Wert erreicht haben drohen negative Buffs und im schlimmsten Fall der Hungertod oder Verdursten. Um die Kalorien-, Wasser- und Zufriedenheitswerte wieder aufzufüllen, müssen wir kochen.
Die von getöteten Monstern erbeuteten Überreste wie Fleisch oder Organe, sowie aufgesammelte Pflanzen können wir dazu verwenden, Essen zu kochen. Dabei gilt es, die Zutaten auch relativ schnell zu Gerichten zu verarbeiten, denn sie verderben mit der Zeit und werden ungenießbar. Wir beginnen das Spiel mit einigen wenigen Rezepten, erweitern unser Kochbuch aber im Laufe des Abenteuers durch neue Rezepte, die wir unterwegs finden. Zudem ist es uns auch freigestellt, selbst mit den Zutaten zu experimantieren, allerdings ist nicht immer klar, ob wir dabei nicht aus Versehen einen kulinarischen Unfall produzieren, der zu einer Lebensmittelvergiftung und einem Abzug an „Happiness“-Punkten führt. Diese können zudem auch sinken, wenn wir unseren Charakteren Mahlzeiten vorsetzen, die sie überhaupt nicht mögen, wie beispielsweise Insekten oder bestimmte Teile der Monster-Anatomie wie Innereien oder Augäpfel.
Hübsches Charakterdesign, Solide Technik und spartanischer Soundtrack
Optisch sticht Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook zunächst durch seinen Grafikstil hervor. Charakterdesigner ist nämlich auch hier, wie bei vielen Spielen von Nippon Ichi Software Takehito Harada. Dieser entwarf unter anderem auch die charmanten Figuren für die Disgaea-Reihe und Labyrinth of Galleria: The Moon Society und kann auch hier mit seinem typischen Stil überzeugen. Abgesehen vom Charakterdesign ist die Grafik des Spiels allerdings insgesamt eher unspektakulär, dafür aber technisch sauber und flüssig. Der Soundtrack wird jedoch eher spartanisch eingesetzt. Zwar ist beispielsweise die Kampfmusik sehr einprägsam und wird zu einem regelrechten Ohrwurm, aber außerhalb der Kämpfe und einiger anderer Szenen ist Stille angesagt. Während der Erforschung des Dungeons hören wir sonst nur das Pfeifen des Windes oder andere Geräusche. Schade, denn hier wäre unserer Meinung nach noch mehr drin gewesen.
Geschrieben von Markus Schoenenborn
Fazit:
Ich bin recht zuversichtlich in Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook gestartet, boten die Spiele von Nippon Ichi Software in der Vergangenheit immer wieder ausgefallene Ideen mit dem für den Entwickler typischen schwarzen Humor und spaßigen Charakteren. Das niedliche Charakterdesign von Takehito Harada sticht auch hier wieder sofort ins Auge und auch die ersten Spielstunden sind durchaus motivierend. Mit der Zeit stellte sich bei mir allerdings etwas Ernüchterung ein, denn das Spiel ist auf Dauer leider recht eintönig. Obwohl sich die Optik des Dungeons nach einiger Zeit immer wieder ändert, sind die einzelnen Etagen wenig abwechslungsreich und auch die Monster punkten nicht gerade durch Artenvielfalt. Das eigentlich zentrale und anfänglich tatsächlich spaßige Koch- und Crafting-System zeigt ebenfalls nach einiger Zeit Abnutzungserscheinungen, kocht man doch eigentlich immer wieder recht ähnliche Gerichte mit anderen Zutaten und Icons. Auch das Survival-Element mit den Werten für Kalorien- und Wasserhaushalt wirkt eher aufgesetzt, lässt es sich im späteren Spielverlauf recht einfach aushebeln und wird dann lediglich eine Pflichtübung, die abgehakt werden muss. In den höheren Schwierigkeitsgraden ist das Spiel zudem nicht gut ausbalanciert und wirkt eher unfair. Zwar ist der Nippon-Ichi-typische schwarze Humor präsent, aber durch die selbst erschaffenen Charaktere und die dünne, kryptische Story kommt der typische Charme der Entwickler nie wirklich zum Tragen. Insgesamt ist Monster Menu: The Scavenger’s Cookbook ein nettes Roguelike, das aber nur für hartgesottene Fans des Genres interessant sein dürfte.