NBA 2K20 – TEST

NBA 2K20 wusste im Vorfeld vor allem wegen seinem sehr zweifelhaften Umgang mit Glücksspiel zu polarisieren, wenn auch nicht im positiven Sinne. Vor weiteren Schnitzern, wie der dummen künstlichen Intelligenz, wussten sich die Entwickler ebenfalls nicht zu schützen, auch wenn es Lichtblicke in der Umsetzung gibt.


Die NBA-2K-Reihe hat sich auf der Nintendo Switch in den letzten Jahren einen Namen durch gewissenhafte Portierungen gemacht. Schon beim ersten Ableger NBA 2K18 haben sich die Entwickler das Ziel gesetzt, die Basketballsimulation mit möglichst wenig Abstrichen auf die portable Nintendo-Konsole zu bringen. Dies ist ihnen damals wie heute sehr gut gelungen. Abstriche macht das Spiel gegenüber PlayStation 4 und Co hauptsächlich auf graphischer Ebene: Gesichtsanimationen wirken klar verbessert zum Vorjahr, aber weit von dem Standard entfernt, den 2K Games auf den Heimkonsolen in diesem Jahr etabliert hat. Auch Schatten und Texturen wurden im Vergleich deutlich reduziert.

Einen weiteren wichtigen Unterschied stellt die Bildwiederholungsrate dar: Während die PlayStation 4 und die Xbox One den Titel mit sechzig Bildern pro Sekunde über den Bildschirm laufen lassen, kommt die Switch nur auf dreißig Bilder. Dieser Umstand ist allerdings hauptsächlich in schnellen Spielpassagen wie Fast Breaks hinderlich. Im restlichen Spielablauf fällt der Unterschied zwar auf, stört den Spielfluss aber nicht zwingend. Leider bricht die Framerate gelegentlich ein, vor allem in sehr ungünstigen Momenten. Oftmals kommt beispielsweise ein spürbares Ruckeln während einem Wurf zustande. Da Würfe aber ein exaktes Timing erfordern, kann hier schon mal Frust aufkommen. Wirklich deterministisch sind diese Einbrüche leider auch nicht, weshalb wir uns nur schwer darauf einstellen können.

Realismus, der frustriert

Vergleichen wir NBA 2K20 mit den Vorgänger-Versionen, so fallen sofort die deutlich verbesserten Animationen ins Auge. Die Spieler fühlen sich deutlich behäbiger an, was allerdings dazu führt, dass wir bei einem Dribbling tatsächlich das Gefühl bekommen, eine träge Masse in kurzer Zeit schnell bewegen zu wollen. Dies nimmt Tempo aus dem vorher oftmals hektischen Spiel und gibt uns die Möglichkeiten, unsere Taktiken besser umzusetzen. Auch bei körperbetonten Szenen weiß das Spiel zu überzeugen. Wo früher Korbleger zu interessanten Verrenkungen der Spieler geführt haben, sehen heute die Animationen deutlich realistischer aus, was einen positiven Einfluss auf das Spielgefühl hat. Des Weiteren verwerfen die Spieler bei jedem Foul nicht mehr automatisch jeden noch so leichten Korbleger. Hier sind die Entwickler schon fast zu weit gegangen: Three-point-plays sehen in dem Spiel zwar schön aus, kommen aber schon fast zu oft vor. Des Weiteren bleibt die Basketballsimulation ihrer Linie gerecht und hat auch dieses Mal wieder einen Wurf parat, der vollkommen unrealistisch aussieht, aber so gut wie jedes Mal den Korb trifft. Es ist uns ein Rätsel, wie so etwas immer wieder seinen Weg ins Spiel finden kann.

Defensiv stellt NBA 2K20 eine deutlich größere Herausforderung als seine Vorgänger dar. Auch hier agieren die Charaktere deutlich träger, was das Antizipieren von Dribbling Moves erschwert. Dies führt dazu, dass vor allem im Eins-gegen-eins sehr schnelle Spieler nahezu nicht zu verteidigen sind. Der erwähnte Umstand kann allerdings nicht als Kritikpunkt aufgenommen werden, da das dem Spielgefühl der heutigen NBA deutlich näher kommt. Anders sieht dies bei der WNBA, also der Frauenliga aus, die in NBA 2K20 integriert wurde. Diese Erweiterung des Kaders stellt eine willkommene Abwechslung dar, denn es wurden hier nicht einfach nur weibliche Charaktermodelle integriert, sondern das komplette Spielgefühl angepasst. Im Gegensatz zur isolationslastigen NBA ist die WNBA auf deutlich teamdienlicheren Basketball ausgelegt, was sich sehr schön auch in der virtuellen Realität wiederspiegelt.

Die viel zu dumme künstliche Intelligenz

Im Gegensatz zu den spürbar besseren Animationen agieren die Gegner und computergestützen Mitspieler so dumm wie seit Langem nicht mehr. Zum einen scheinen diese nicht richtig mit den trägeren Charaktermodellen zurechtzukommen. Dies würde zumindest erklären, warum sie sich in vielen Situationen viel zu leicht schlagen lassen und sich oft so dermaßen in ihren Entscheidungen verschätzen, dass sie einen freien Mann zum Korb ziehen lassen. Vor allem im Fast Break ist dies deutlich spürbar. Anstatt zum ballführenden Spieler zu eilen und so einen leichten Korberfolg zu verhindern, sucht die künstliche Intelligenz ihren in der Mann-Verteidigung zugewiesenen Spieler und entfernt sich so vom Ball. Dies führt viel zu oft zu einfachen Punkten.

Auch im Pick and Roll wirkt der Computer nicht selten planlos. Oftmals laufen die Verteidiger des Picks viel zu weit, was den abrollenden Spieler komplett offen zum Korb ziehen lässt. Dieser Umstand ist so gravierend, dass wir mit diesem Trick in der Lage sind, eine künstliche Intelligenz auf höchster Stufe zu schlagen. Des Weiteren doppeln die Computergegner auffallend oft, sobald ein Spieler mehrmals hintereinander punktet. Auch diese Taktik macht in der gewählten Frequenz keinen Sinn und führt unnötigerweise zu offenen Würfen. Alles in allem wurde das reine Gameplay auf dem Platz also spürbar verbessert, was allerdings neue Probleme, vor allem bei der künstlichen Intelligenz eröffnet hat.

 

Viele Modi und dieser eine besondere

Wie jedes Jahr bietet NBA 2K20 eine Vielzahl an Modi. Erfreulicherweise wurde am Online-Modus geschraubt, auch wenn er weiterhin Probleme aufweist. Hier werden wir wie die Jahre zuvor, abhängig von unseren Fähigkeiten, in Ligen aufgeteilt. Gewinnen wir eine gewisse Anzahl von Spielen, so steigen wir eine Liga auf. Verlieren wir zu viele, so steigen wir ab. Die einzelnen Teams wurden hierbei in verschiedene Ränge auf Basis ihrer Fähigkeiten, sogenannte Tiers, aufgeteilt. In der untersten Liga müssen wir beispielsweise drei Spiele mit einem Tier-1- und jeweils ein Spiel mit einem Tier-2- und einem Tier-3-Team gewinnen, um aufzusteigen. Dadurch zwingt und das Spiel, die Teams öfter zu wechseln, was eine willkommene Abwechslung darstellt und für ausgeglichene Partien sorgt. Es können aktuelle Teams gewählt oder frühere Teams freigeschaltet werden. Eine Zusammenstellung der besten Spieler einer ganzen Franchise-Geschichte lässt sich in diesen Modus, im Gegensatz zu NBA 2K18, glücklicherweise nicht mehr nutzen. Leider haben aber die WNBA-Teams ihren Weg nicht in den Kader gefunden. Außerdem leidet das Spielfgefühl wie jedes Jahr unter einem konstanten Lag, was eigentlich ein No-Go für ein Sportspiel darstellt.

Der Blacktop-Modus, der eine Art Streetball darstellt, bei dem sich jeder seine Lieblingspieler aussuchen kann, wurde ebenfalls etwas ausgeweitet und wirkt ausgereifter. Wer sich eher cineastisch unterhalten lassen möchte, wird bei MyCareer auch dieses Jahr mit einer netten, emotionalen, wenn auch leicht theatralen Geschichte fündig. MyLeague bietet wie jedes Jahr viele komplexe Managementmöglichkeiten. Viel getan hat sich hier im Vergleich zu den Vorjahren allerdings nicht.

Den Elefanten im Raum ist hierbei selbstverständlich der MyTeam-Modus. In diesem sammeln wir Spieler mithilfe von Booster Packs und stellen so unser Traumteam zusammen. Auch in den anderen Modi schreckt 2K Games nicht zurück, hin und wieder für dessen virtuelle Währung und damit In-Game-Käufen zu werben. MyTeam überflügelt allerdings alles, was wir bislang im Videospielesektor kennen. Da sich die Spieler mittlerweile scheinbar an die Gradwanderung zwischen erlaubtem und nicht erlaubtem Glücksspiel in Bezug auf Lootboxen gewöhnt haben, führt 2K Games das Spiel einen Schritt weiter und lässt keine Zweifel daran, dass es ihnen hier nur um Gewinnmaximierung ohne Rücksicht auf Verluste geht. Einen einarmigen Banditen und ein Glücksrad in eine Sportsimulation einzubauen und diese dann auch noch stolz und präsent zu bewerben, stellt die geschmackloseste Implementierung von Glücksspiel dar, die es bislang in Videospielen gegeben hat. Dieser Schritt sollte uns allen zu denken geben, wie weit wir mittlerweile in der Debatte um Glücksspiel in Videospielen gekommen sind. Es charakterisiert hiermit eine konsequente Weiterentwicklung eines Modus, der sowohl von 2K Games als auch von Electronic Arts seit Jahren als eine Möglichkeit gesehen wird, suchtaffinen Spielern das Geld aus der Tasche zu ziehen und allerspätestens jetzt nur noch als verwerflich angesehen werden kann.

Geschrieben von Amin Kharboutli

Fazit:

NBA 2K20 spielt Limbo mit meinen Gefühlen. Einerseits erfreue ich mich an den deutlich verbesserten Animationen und dem dadurch flüssigeren Spielgefühl. Andererseits langweilt mich bereits nach wenigen Stunden die künstliche Intelligenz aufgrund ihrer viel zu offensichtlichen Macken. Auch die eigene computergesteuerte Defensive blieb hiervon leider nicht verschont. Des Weiteren halte ich den Glücksspielfaktor im MyTeam-Modus für absolut inakzeptabel und die schlechtestmögliche Richtung, in die sich das Spiel hätte weiterentwickeln können.