
Onimusha 2: Samurai’s Destiny – TEST
So mancher Hersteller kramt längst vergessene Schätze aus seinem Fundus an Videospielen heraus, die vor Jahrzehnten Maßstäbe setzten und unverflochten mit einer Konsolengeneration bleiben. Auch Capcoms Onimusha 2: Samurai’s Destiny ist eines dieser magischen Spiele.
Bereits 2018 erschien das Remaster zum ersten Teil der Onimusha-Reihe. Dass etwa sechseinhalb Jahre vergehen sollten, bis auch der Nachfolger Onimusha 2: Samurai’s Destiny eine wohlverdiente Neuauflage erhielt, hätten wir damals nun wirklich nicht gedacht. Trotz allem freuen wir uns sehr darüber, dass der einstige PlayStation-2-Klassiker aus dem Jahr 2002 nun auch auf jüngeren Konsolen und dem PC spielbar ist, um eine ganze Generation an Nachwuchs-Samurai zu prägen. An der inhaltlichen Ausrichtung hat sich am Spiel aus dem Hause Capcom im Remaster abseits von sofort verfügbaren Schwierigkeitsgraden, diversen Minispielen, einer gut gefüllten Kunstgalerie voller Artworks und einer Jukebox aber nichts verändert.
Im Spiel selbst schlüpfen wir hauptsächlich in die Rolle des Samurai Yagyū Jūbē, der zu Beginn des auf rund zehn bis zwölf Stunden ausgelegten Abenteuers vor dem Nichts steht. Oda Nobunaga, der erste der drei Reichseiniger Japans, zieht mit seiner Armee mit dem Ziel, den seit einem Jahrhundert wütenden Bürgerkrieg zwischen den Provinzen zu beenden, auch durch das Heimatdorf von Jūbē. Onimusha 2 bedient sich bei der Story jedoch ein paar künstlerischer Freiheiten, denn hier wurde Fürst Oda während der Schlacht von Okehazama getötet, allerdings von Dämonen zurück in die Welt der Sterblichen geholt. Dadurch, dass im Spiel Jūbēs ganze Familie durch die Truppen des Reichseinigers ausgelöscht wird, schwört dieser Rache, um den Teufel in Menschengestalt zu bekämpfen.
Zusammengewürfelter Wahnsinn
Wer den Vorgänger gespielt hat, der dürfte wissen, um was für eine Art Spiel es sich auch bei Onimusha 2 handelt. Jūbē und die anderen spielbaren Charaktere, in die wir an vordefinierten Stellen handlungstechnisch schlüpfen können, bewegen wir aus der Third-Person-Perspektive, allerdings mit starren Blickwinkeln, wie wir es beispielsweise noch aus Resident Evil kennen. Zudem bedient sich auch der zweite Serienteil leichten Elementen des Survival-Horror-Spiels, zumal auch etwaige Heilmittel zumindest leicht begrenzt sind. Unter anderem erkunden wir ein zerstörtes Dorf, eine Goldmine, eine Burg oder sogar ein Luftschiff. Letzteres zeigt sehr gut, dass das Spiel nicht nur mythologischen Einflüssen unterworfen ist, sondern auch industriellen Vorstellungen, die im 16. Jahrhundert einfach keinen Sinn ergeben.
Womöglich ist aber gerade dieser übertriebene wie absurde Nonsens, wie wir ihn auch aus der Ninja-Gaiden-Reihe kennen, genau das Element, was Onimusha 2 so spaßig macht. Hinzu kommt, dass die Spielwelt trotz verschlossener Räume, deren Geheimnisse wir erst später lüften, eher linear ausfällt, uns aber dennoch zum Erkunden ermutigt. Überall finden sich kleine Gegenstände, die wir im Kampf gebrauchen oder unseren Verbündeten schenken können. Auch die Kämpfe spielen sich weitgehend sehr flüssig und unkompliziert, sodass sich rasch ein Spielfluss bildet.
Belohnende Seelenjagd
Zu Beginn des Spiels sind wir nur mit einem Schwert ausgerüstet, kommen im Verlauf des Abenteuers aber auch noch in den Genuss eines Speers oder eines Kriegshammers. Selbst in den Fernkampf können wir mit einem Bogen gehen. Während der Nahkampf richtig flutscht, laufen wir bei Bogenschützen eher davon. Nehmen uns Gegner aufs Korn, müssen wir ständig ausweichen, während uns noch andere Feinde malträtieren. Problematisch ist hierbei vor allem der Wechsel zwischen den Waffen. Dieser funktioniert nicht nur über das Menü, sondern auch durch eine Tastenkombination, die uns aber zu viel Zeit abverlangt. Wirklich gut fühlen sich diese Momente in Onimusha 2 nicht an, aber sie kommen zum Glück auch nicht so häufig vor.
Besiegte Gegner hinterlassen Seelen, die wir aufsaugen können, um uns zu heilen. Ebenfalls können wir sie an Speicherstationen in die Verbesserung unserer Rüstungsteile und Waffen stecken. Haben wir über Seelen genug Dämonenenergie angesammelt, können wir auch besondere Fähigkeiten einsetzen, um mehr Schaden anzurichten. Ebenfalls dürfen wir uns kurzzeitig in den titelgebenden Onimusha verwandeln, einen unerschrockenen Krieger, um zum Beispiel unverwundbar auf einen Bossgegner einzuschlagen. Trotz seiner Einfachheit weiß die Action des Spiels auf ganzer Linie zu gefallen, auch wenn es kleinere Makel gibt.
Nervenaufreibende Eingewöhnung
Ausgerechnet bei den Bosskämpfen macht uns die Kameraführung einen Strich durch die Rechnung. Dadurch, dass das Geschehen in Onimusha 2 stets aus festen Kamerawinkeln präsentiert wird und diese auch im Kampf mit einem Obermotz wechseln können, verwirrt uns das mehr als das cineastisch gemeinte Element für Atmosphäre sorgt. Immerhin funktioniert die Steuerung mit dem Analog-Stick besser als die betagte Panzersteuerung über Steuerkreuz beziehungsweise Richtungstasten des Eingabegeräts. Schade ist, dass Abwehraktionen eigentlich gar nicht möglich sind und das Ausweichen für Anfänger womöglich etwas zu kompliziert ausfallen.
Gerade in den ersten Spielstunden ist das sehr gewöhnungsbedürftig und strapaziert deutlich unsere Nerven. Mit ein wenig Eingewöhnungszeit und Geduld überstehen wir jedoch diesen holprigen Einstieg, sodass wir nach ein paar Spielstunden sogar das Gefühl haben, dass das Action-Adventure mit der Zeit immer einfacher respektive zugänglicher wird. Wer jetzt nicht inflationär Heilgegenstände einwirft und vielleicht sogar die Gebetskette findet, mit der Wunden beim Verweilen automatisch regenerieren, wird zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad trotz aller Defizite eine angenehme Erfahrung machen. Wer es härter mag oder das Spiel auswendig kennt, dreht den Schwierigkeitsgrad einfach auf Anschlag.
Glanzvolles Remaster
Herausfordernd kann es in Onimusha 2 allerdings mit den anderen spielbaren Charakteren werden, die sich zwar allesamt ähnlich kontrollieren lassen, aber nicht über die Aktionsvielfältigkeit von Jūbē verfügen. Es empfiehlt sich daher vor allem, an jeder möglichen Stelle das Gespräch mit den Nebenfiguren zu suchen, um mehr über sie zu erfahren. So können wir dem Mönch Ankokuji Ekei, dem Samurai Saika Magoichi, dem Ninja Fūma Kotarō und der mysteriösen Kriegerin Oyu Geschenke geben, die sich meist sofort revanchieren. Manchmal befinden sich unter diesen Geschenken auch neue Waffen für die anderen Helden, die nützlich sein könnten. Zumindest denken wir das, denn so wirklich erklärt das Spiel Statusverbesserungen fernab von Lebens- und Spezialleistenverlängerungen kaum bis gar nicht.
Je nach getroffenen Entscheidungen schalten wir auch andere Wege und somit Zwischensequenzen zum Finale frei. So bleibt das Spiel als ein Relikt der PlayStation-2-Zeit recht geheimnisvoll. Weniger geheimnisvoll ist die technische Umsetzung, denn diese ist auf allen Plattformen inklusive Switch und PlayStation 4 fantastisch. Das Geschehen läuft plattformübergreifend mit sechzig Bildern pro Sekunde, die vorgerenderten Hintergründe lassen sich selbst Jahrzehnte später noch sehen und wer es puristisch mag und auf keine Bildschirminformationen verzichten will, kann das Gameplay auch im 4:3-Format erleben. Der ohrwurmverdächtige Soundtrack rundet das Paket ab und macht Onimusha 2 zu einem zwar nicht perfekten, aber dennoch sehr, sehr guten Action-Adventure, das sich Genre-Fans mit Japan-Faible nicht entgehen lassen sollten!
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Bereits den Auftakt der Onimusha-Reihe habe ich bei Erscheinen des Remasters aufgrund seiner schlanken Spielstruktur regelrecht verschlungen und dafür mehr als einmal gelobt. Der zweite Serienteil baut auf diesem Grundgerüst auf. Zahlreiche actiongeladene Kämpfe, eine mitreißende wie abgedrehte Story, eine Handvoll spaßiger Rätsel und der Drang zum Überleben machen auch Onimusha 2: Samurai’s Destiny zu einem großartigen Genrevertreter. Allerdings fallen mir ein paar unschöne Details auf, die mir zumindest zu einem kleinen Teil den Spielspaß rauben. Beispielsweise gefallen mir die zu hektischen Veränderungen der festen Kamerablickwinkel absolut nicht. Gerade in Bosskämpfen erschweren diese die Übersicht, sodass ich vom Geschehen zu wenig mitbekomme und die künstliche Intelligenz meine unverschuldete Inkompetenz sofort hämisch ausnutzt. Auch Gegner, die mich mit Pfeil und Bogen attackieren, gehen mir gehörig auf die Nerven, da selbst das Ausrüsten mit der Fernkampfwaffe zu lange dauert und nicht zuletzt das Anvisieren und Schießen in meinen Augen eine Zumutung ist. Zum Glück passieren all diese Dinge nur punktuell, sodass sie nicht sonderlich stark am Gesamtbild kratzen. Vor allem die hübsche Optik mit ihren vorgerenderten Hintergründen und die tolle Musik machen diese Defizite für mich schnell wieder wett. Wer ein Faible für Japan, Mythologie, Fantasy und Absurditäten hat, darf Onimusha 2 einfach nicht verpassen!