Oninaki – TEST

Nach I am Setsuna von 2016 und dem 2017 veröffentlichten Lost Sphear folgte mit Oninaki im August 2019 bereits das dritte Spiel des jungen Entwicklerstudios Tokyo RPG Factory. Erneut wollen die Entwickler mit erwachsenen Themen in einem düsteren Setting verzaubern.

 

 

 


In Oninaki schlüpfen wir in die Haut des zunächst äußerst gefühlskalten Wächters Kagachi, dessen Aufgabe es ist, zwischen Diesseits und Jenseits zu wandeln, um ruhelosen Seelen auf ihre Wiedergeburt vorzubereiten. Zu Beginn des Spiels müssen wir beispielsweise den Geist eines kleinen Jungen aufspüren, der getrennt von seinen Eltern an Einsamkeit leidet und durch seine Traurigkeit nicht in die nächste Welt übergleiten kann. Da im Fantasy-Reich von Oninaki das Leben mit dem Tod nicht endet, sondern nur in die nächste Runde übergeht, verwundert es kaum, dass sich die Mutter des Jungen von uns hinrichten lässt, um ihn zu beruhigen.

Nicht nur an dieser Stelle müssen wir schlucken, denn wenige Minuten später kehren wir nach Szaka, der einzigen Stadt der Spielwelt, zurück – und hier reden die Bewohner freizügig über den Freitod und dass es besser sei, beispielsweise ein von Krankheit gezeichnetes Leben vorzeitig zu beenden. Selbst religiöse Gruppierungen, die als Spinner abgetan werden, sind in Oninaki keine Seltenheit. So müssen wir im zweiten Auftrag des Spiels den Massenselbstmord einer Sekte untersuchen und weiteren Seelen helfen, hinüberzutreten. Es kommt heutzutage nur selten vor, dass Videospiele dermaßen heikle Themen ansprechen. Auch die restliche Story um den gefürchteten Nachtteufel ist durchaus interessant geschrieben und motivierend.

Mehr, mehr und noch mehr vom Gleichen

Während die Missionsziele in der Regel durch kleinere Zwischensequenzen dargestellt werden, ist der Weg dorthin selbstverständlich mit reichlich Gameplay gepflastert. Bei Oninaki handelt es sich um ein Action-Rollenspiel, in dem wir aus der leicht versetzten Vogelperspektive in bester Dungeon-Crawl-Manier einen Ort nach dem anderen abklappern und in teilweise ganz schön hitzige Kämpfe gegen zahlreiche Monster verwickelt werden. Ganze Horden von Ungeheuern erwarten uns in den Höhlen, Ruinen und Wäldern der Spielwelt – und leider ist hier auch der Hund begraben. Oninaki ist unglaublich repetitiv!

So bekämpfen wir auch nach einigen Stunden immer noch dieselben Gegnertypen, durchkämmen frappierend ähnlich aussehende Dungeons und betreiben weitestgehend Button Mashing. Dadurch, dass wir sämtliche Spielabschnitte nicht nur im Diesseits, sondern auch im Jenseits erkunden müssen, latschen wir ein und dieselbe Route gerne mehrfach ab, um auch keine Schatztruhe zu verpassen. Zwar dürfen wir auf Knopfdruck zwischen beiden Existenzebenen wechseln, doch erst wenn wir im Diesseits einen Spielabschnitt von Monstern gesäubert haben, können wir im Jenseits überleben. Ansonsten führt die erste Feindberührung zum sofortigen Tod beziehungsweise zum Game-Over-Bildschirm. Hier hätten wir mehr von Entwickler und Publisher erwartet.

Traditionelles Mittelmaß

Immerhin versuchen die Daemons genannten Waffen das Spielgefühl aufzulockern, denn jede Waffe ermöglicht andere Angriffsmuster. Mit der anfänglichen Schwertwaffe können wir zum Beispiel im Nahkampf ordentlich punkten, während es mit dem Speer möglich ist, durch die Luft zu springen und verheerenden Flächenangriffen auszuweichen. Hinzu kommt, dass wir in den Kämpfen nicht nur Erfahrungspunkte für Level-Aufstiege sammeln, sondern auch Waffensteine, die wir in den Talentbäumen der Daemons neue Fähigkeiten investieren dürfen. Das bringt deutlich mehr Vielfalt ins Spiel, was vor allem in den späteren Kämpfen positiv auffällt.

Wem das Spiel im Übrigen zu schwer oder zu leicht ist, kann an auf der Weltkarte oder an Speicherpunkten den Schwierigkeitsgrad jederzeit nach oben oder unten korrigieren. Unter optischen Gesichtspunkten erinnert das Spiel stark an die beiden Erstlingswerke des Entwicklerstudios. Soll heißen, dass der Grafikstil keine Bäume ausreißt, für das Gameplay aber angenehm zweckmäßig ausfällt. Akustisch gibt es grundsätzlich nichts zu meckern, denn der Soundtrack von Shunsuke Tsuchiya und Mariam Abounnasr passt – wenn für ein japanisches Spiel auch sehr ungewöhnlich – mit europäisch-mittelalterlich und teils sogar keltisch wirkender Musik sehr gut zum Geschehen. Das täuscht über das mittelmäßige Gameplay aber leider nur für beinharte Genre-Fans hinweg. Schade.

Geschrieben von Eric Ebelt

 

Fazit:

Bei Oninaki hatte ich mich im Vorfeld auf ein schönes Action-Rollenspiel gefreut. Leider wurden meine Erwartungen nicht ganz erfüllt. So mag ich vor allem die sehr erwachsene Erzählweise, die sich mit düsteren Themen beschäftigt, die Videospiele heutzutage eigentlich nicht mehr anrühren und vor allem nicht kritisch hinterfragen. Auch musikalisch und stilistisch habe ich durchaus meinen Spaß mit dem Spiel gehabt. Leider täuschen all diese Punkte nicht über das Gameplay hinweg, das allerhöchstens Mittelmaß ist. Auch nach Stunden bekämpfe ich noch dieselben Gegnertypen, laufe ständig durch ähnlich aussehende Spielabschnitte und wiederhole den ganzen Irrsinn auch noch in der nahezu identischen Jenseitsversion der jeweiligen Gebiete. Mit der Zeit kommen zwar neue Angriffsmuster hinzu, die für mich persönlich aber zum grundlegenden Standard aller Bewegungen gehören sollten. Unterm Strich ist Oninaki in meinen Augen nichts weiter als ein mittelmäßiges Action-Rollenspiel mit deftigem Dungeon-Crawl-Anteil, das selbst von Jahrzehnte alten Titeln überflügelt wird. Wer aber dringend neues Futter braucht und über die Mankos hinwegsehen kann, wird bei Oninaki sicherlich nicht sehr viel falsch machen können.