Pikmin 3 Deluxe – TEST

Sieben Jahre nach der Veröffentlichung des Originals bringt Nintendo mit Pikmin 3 Deluxe eine erweiterte Version des großartigen Strategie-Klassikers für Nintendo Switch heraus. So dürfen wir zum ersten Mal Captain Olimar in HD-Pracht spielen!


„Zum ersten Mal“ stimmt nach seinem Auftritt in Nintendos Prügel-Sammelsurium Super Smash Bros Ultimate natürlich nicht ganz, aber dass wir ihn in HD in einem Hauptspiel der Pikmin-Reihe spielen können, ist neu. Neben den anderen Neuerungen wie dem großartigen Koop-Modus sind Levels mit Captain Olimar und Louie aus Pikmin und Pikmin 2 eine Erweiterung in Pikmin 3 Deluxe.

Echtzeit-Strategie mit Nintendo-Charme

Was für ein Spiel ist Pikmin eigentlich? Pikmin 3 Deluxe ist ein waschechtes Echtzeit-Strategie-Spiel mit Nintendo-Charme. Wir steuern Einheiten, sorgen für Nachschub, müssen mit unseren Ressourcen haushalten und vor allem müssen wir erkunden und Gegner besiegen. Wir befehligen einen Commander, der wiederum Pikmin befehligt, kleine Lebewesen. Diese, auf irgendetwas geworfen, erledigen, was sie für am sinnvollsten halten: Gegner werden angegriffen, Dinge werden eingesammelt, Brücken werden gebaut, Wände werden eingerissen. So verbringen wir unsere Tage im Spiel mit der Koordination der kleinen Racker, während die Sonne am Horizont immer weiter voranschreitet.

Wir werden direkt nach dem Start des Spiels mit einem Menü begrüßt, das optisch und akustisch sehr an die Seifenblasen-Ästhetik der Wii und Wii U erinnert. Zurecht, ist doch Pikmin 3 bereits 2013 auf Nintendos Vorgänger-Heimkonsole erschienen. Während wir dort mit dem Wii U Gamepad per Fingerzeig die Menüs bedienen konnten, erlaubt uns die Switch auch im Mobil-Modus jedoch keine Touch-Steuerung. Als Steuerungsmöglichkeit wird uns neben der Handheld-Variante mit Tasten und Sticks auch eine Bewegungssteuerung für den Zeiger angeboten, die wir jedoch erst in den Einstellungen aktivieren müssen. Sehr hilfreich für den neuen Koop-Modus ist die Option, mit einzelnen Joy-Cons zu spielen.

Weil durch die Änderung der Steuerung für die Switch-Fassung das Spiel leichter geworden ist, gibt es neue Spielmodi. Veteranen des Originals können das Spiel auf ‚Schwierig‘ beginnen und damit den Schwierigkeitsgrad ‚Ultra-Motiviert‘ freischalten, um eine noch größere Herausforderung zu bekommen. Diese besteht, neben weniger Fruchtsaftressourcen in den Levels, vor allem aus der Beschränkung auf maximal sechzig Pikmin. Alle Neueinsteiger spielen lieber auf ‚Normal‘ und haben einhundert Pikmin zur Verfügung.

Seltsame Pflanzen-Tier-Wegwerf-Hybride

Pikmin sind eine seltsame Spezies. So verstörend es anfangs auf uns wirkt, dass wir sie aus Tabletten züchten können, die als Blumen in der Gegend zu finden sind. Dass sie in dreibeinigen Zwiebeln wohnen, die mit ihnen in den Weltraum fliegen können. Dass sie uns willenlos gehorchen, zu uns zurückkehren, wenn wir sie rufen und sich auf alles und jeden werfen lassen. So herzzerreißend ist es doch, wenn eines unserer Pikmin das Zeitliche segnet und sein Geist ins Nirvana entschwindet. Nach einer Weile gewinnen wir sie lieb. Wir sehen zu, wie ihnen auf dem Kopf eine Blüte wächst – was sie schneller macht. Wir fiebern mit ihnen, wenn sie sich abmühen, etwas Großes zu tragen, zu verschieben oder dem Erdboden gleichzumachen. Ehrlich gesagt wären unsere Helden ohne sie ziemlich aufgeschmissen.

Es gibt im Story-Modus von Pikmin 3 Deluxe fünf verschiedene Typen Pikmin. Gelbe lassen sich höher werfen und sind gegen Elektro immun. Rote Pikmin sind immun gegen Feuer und recht robust. Blaue Pikmin – die einzigen mit einem Mund – können als einzige schwimmen und somit auch andersfarbige Pikmin aus dem Wasser retten. Rosa Pikmin haben Flügel und schweben. Sie fürchten somit keine Bodenangriffe und können Hindernisse überwinden. Letztlich gibt es noch Fels-Pikmin, die sich zum Zertrümmern von Glas und Kristall eignen. Sie sind die robustesten Pikmin.

Geschichte wie aus dem Märchen

Als Einstieg in die Geschichte bietet uns Pikmin 3 Deluxe die gewohnte Heimeligkeit der Vorgänger-Titel: Dem Heimatplaneten Koppai gehen die Ressourcen aus, also werden Sonden losgeschickt, um neue Lebensräume zu entdecken. Auf dem Planeten PNF-404 scheint es Ressourcen zu geben, so werden die drei Helden Alph, Brittany und Charlie dorthin entsandt, um diese zu erschließen. Dabei geht natürlich etwas schief und sie müssen sich erst wiederfinden, während sie den Planeten und dessen Bewohner entdecken. Zudem finden sie auf ihren Reisen ständig Dinge, die ein gewisser Captain Olimar zurückgelassen hat, also gilt es auch diesen zu finden.

Pikmin 3 Deluxe ist in Tage aufgeteilt, 13 echte Minuten dauert einer davon. So können unsere Helden auf dem Planeten Aufgaben erledigen, Dinge sammeln oder Pikmin finden. Wenn die am oberen Bildschirmrand angezeigte Sonne sich dem Tagesende nähert, werden wir benachrichtigt, um unsere Pikmin alle wieder einsammeln zu können. Wenn wir Pikmin abends auf dem Planeten zurücklassen, während die Helden in den Weltraum verschwinden, werden sie von den Bewohnern schlicht als Nahrung genutzt. Hierbei ist allerdings zu wissen, dass wir an jedem Tag auch sehr viele Pikmin auf den Planeten einsammeln und in der Zwiebel zwischenlagern können.

Mit einem Mitstreiter können wir uns gemeinsam daran wagen, den kompletten Story-Modus von Pikmin 3 Deluxe durchzuspielen, auch wenn wir nur zwei Joy-Cons besitzen. So wird die Koordination erheblich vereinfacht und wir können im Split-Screen-Modus gleichzeitig verschiedene Aufgaben angehen.

Neben dem Hauptspiel

Zwei weitere Sorten Pikmin gesellen sich außerhalb des Hauptspiels hinzu. Im Missions-Modus und Bingoduell gibt es weiße Pikmin mit roten Augen. Sie sind sehr schnell und giftig, wenn sie gefressen werden. Lila Pikmin sind dick und stark, sie können sehr viel tragen. Das Bingoduell war ursprünglich als DLC für Pikmin 3 im Wii-U-Shop erhältlich. Wir spielen direkt im Split-Screen-Modus gegeneinander – nur lokal, wohlgemerkt. Für ein abgeschlossenes Gebiet haben wir eine 4×4-Matrix mit Früchten, die wir dort finden können. Wenn wir Bingo-typisch eine Reihe oder Diagonale durch das Sammeln der Früchte erfüllen, haben wir gewonnen. Das macht erstaunlich viel Spaß und sorgt für hitzige Gefechte.

Nach einer Weile im Story-Modus schalten wir den neuen Prolog und Epilog frei, in dem die Helden der ersten beiden Pikmin-Titel die Hauptrolle spielen. Viel Berichtenswertes braucht ihr hier nicht zu erwarten, denn die kurzen, unabhängigen Level in den aus dem Hauptspiel bekannten Gebieten sind recht unabhängig, dafür aber unter hohem Zeitdruck relativ anspruchsvoll. Wir dürfen uns während des Spielens Hilfstipps geben lassen, wenn wir mal nicht weiterwissen. Von einfachen Empfehlungen zu detaillierteren Hinweisen bis zu Richtungspfeilen auf dem Fußboden wird uns hier in vielerlei Hinsicht unter die Arme gegriffen, sollten wir uns überfordert fühlen.

Schön ist für Sammler und Jäger, dass es ein integriertes Achievement-System gibt. Während des Spielens bekommen wir häufig Mitteilungen, dass etwas Besonderes zum ersten Mal erreicht wurde. Das hilft sowohl beim Platinieren, also dem vollständigen Durchspielen des Spiels, als auch ist es eine nette Dreingabe für Gelegenheitsspieler.

Technik von vor sieben Jahren

Grafisch ist Pikmin 3 Deluxe kein Meilenstein. Sowohl die Figuren als auch die Pikmin selbst sehen sehr niedlich aus und haben einen gewissen Reiz. Auch dass die Landschaft so realistisch wirkt, ist charmant. Jedoch sind einige Texturen wie der Boden ziemlich matschig. Am Fernseher läuft das Spiel mit der Auflösung 720p und im Handheld-Modus mit 576p. Das zeigt sich deutlich in heutzutage absurd wirkender Treppchenbildung an Diagonalen. Die hohe Tiefenunschärfe sorgt für einen angenehmen Makro-Look, aber hilft der Klarheit und Schärfe des Bildes auch nicht. Es ist nicht zu übersehen, dass Pikmin 3 Deluxe im Grunde schon älter ist.

Wenn ihr nicht wisst, ob euch das Spiel zusagt, gibt es übrigens eine Demo im eShop, die euch sogar euren dort gemachten Fortschritt in die Vollversion mitnehmen lässt und gleich die neuen Inhalte freischaltet. Chapeau, Nintendo!

Geschrieben von Arne Ruddat

Fazit:

 

Nach meinem Einstieg in die Welt der Pikmin mit dem 3DS-Titel Hey! Pikmin war mir lange Zeit nicht klar, warum das Spiel so unbeliebt war, denn hatte ich es in meinem Test zum Spiel doch sehr positiv bewertet. Ich war aber auch genau die richtige Zielgruppe, denn ich hatte keine Erwartungen. Alle anderen wollten ein teils kniffliges, teils komplexes Echtzeit-Strategie-Spiel und bekamen einen Puzzle-Plattformer. Pikmin 3 Deluxe ist ein echter Vertreter des Genres und nun auch mobil zu haben. Ich habe es dennoch vor allem am Fernseher gespielt, denn dort funktioniert der Koop-Modus besser. Durch diesen gewinnt die Deluxe-Variante des Spiels sehr viel an Spielspaß, der schon im Einzelspielermodus hoch ist. Doch zu zweit durch die Levels zu wandern, sich abzusprechen und gemeinsam Gegner zu besiegen und der Geschichte zu folgen, ist eine wunderbare Erfahrung. Wer sollte Pikmin 3 Deluxe nun kaufen und spielen? Jeder, der gern niedliche Spiele mag, der gern erkundet und der gern koordiniert, und das in dieser Version auch zu zweit. Ich bin sehr froh, dass ich hiermit die Reihe für mich entdecken konnte und überlege tatsächlich, die beiden Vorgänger aufzutreiben. Leider macht Nintendo es mir hier nicht einfach …