Rogue Legacy 2 – TEST

Als unsere eigenen Erben erkunden wir mit unserer Dynastie in Rogue Legacy 2 ein sich stets wandelndes Königreich. Cellar Door Games hat das 2D-Rogue-lite-Action-Adventure neun Monate nach Erscheinen auf dem PC und den Xbox-Konsolen auch für Nintendo Switch veröffentlicht.


Fast genau vier Jahre nachdem das erstmals 2013 erschienene Rogue Legacy für Nintendo Switch veröffentlicht wurde, hat Cellar Door Games den im April für PC und die Xbox-Konsolen erschienen Nachfolger auf die Switch gebracht. Erneut schlüpfen wir in die Rolle einer Dynastie von Abenteurern, die versuchen Schätze zu sammeln, Geheimnisse zu lüften und den Ereignisse im Königreich nachzugehen. Sterben wir, kehren wir als Nachfahre des vorherigen Charakters zurück und versuchen uns erneut an den Herausforderungen des in verschiedene Bereiche eingeteilten Landes, dessen Aufbau sich bei jedem Betreten verändert. Hier fällt bereits auf, dass Rogue Legacy 2 ein klassisches Rogue-lite ist. Verknüpft wird das 2D-Action-Adventure-Gameplay mit Metroidvania-Einflüssen, Plattformer-Elementen, einer schicken Comic-Grafik und einer auf Switch herausragend flüssigen Framerate von sechzig Bildern pro Sekunde. Schon nach kurzer Zeit hat uns Rogue Legacy 2 gefesselt und der „nur-noch-eine-Runde“-Effekt setzt ein. Wir wollen nur noch mit diesem Helden versuchen weiterzukommen, nur noch diesen Durchgang spielen, nur noch diesen Boss bezwingen. Großartig!

Geerbtes Abenteuer

Die Grundlagen von Rogue Legacy 2 sind dabei relativ simpel. Wie in vielen anderen 2D-Rogue-lites erkunden wir aus der Seitenansicht einen aus mehreren Räumen und Gebieten bestehenden Level, der sich bei jedem Betreten zufällig neu zusammensetzt. Und wir werden häufig neu anfangen, da der Tod zum Spielprinzip gehört. Schließlich schlüpfen wir anschließend nicht einfach in die Rolle unseres Charakters, sondern kehren als Nachfolger oder Nachfolgerin zurück. Wir erben die Pflichten unseres Vorfahren. Ein Kniff, den bereits der Vorgänger genutzt hat und der nun noch besser umgesetzt ist. Rogue Legacy 2 bietet uns nach jedem Ableben eines Charakters drei zufällige Helden oder Heldinnen zur Auswahl. Dabei spielt besonders die Klasse eine wichtige Rolle und hat Einfluss auf unsere Waffe. Schwert, Magie, Pistole, Lanze, Pfanne, Degen und allerlei mehr nutzen Ritter, Magier, Waldläufer, Walküren, Köche und all die anderen Berufe, die wir mit der Zeit freischalten.

Außer der Klasse verfügt jeder Charakter über ein Talent und einen Zauber. Auch diese können variieren, wobei die Talente meist mit der Profession des Abenteurers in Verbindung stehen. Noch größere Auswirkungen haben die Merkmale. Bis zu zwei davon können einen Helden auszeichnen und maßgeblichen Einfluss haben. Ob Farbenblindheit, Heldensyndrom, Gigantismus oder Pazifismus, wie sich unser Charakter spielt wird von den Merkmalen entscheidend mitbestimmt. Schließlich verzichten Pazifisten auf Waffen und ziehen stattdessen mit einem Protestschild in den Dungeon. Schaden können sie auch nicht zufügen. Hieran zeigt sich, dass einige Merkmale fast unsinnig sind und schon nach dem erstmaligen Ausprobieren keinen Spaß mehr machen – egal wie witzig sie sind. Glücklicherweise haben wir aber stets mehrere Charaktere zur Auswahl, so dass sich das nie wirklich auf den Spielspaß oder die Motivation auswirkt.

Reichlich Anpassungen

Haben wir uns für einen Helden oder eine Heldin entschieden, heißt es, den nächsten Durchlauf zu starten. Bevor wir aber in den Kampf ziehen, ist es sinnvoll, unser Geld auszugeben. Für die Überfahrt zum Schloss verlangt Fährmann Charon sämtliches Vermögen, das wir noch mit uns führen. Entsprechend viel davon wollen wir vorher natürlich nutzbringend los werden. Möglichkeiten dafür haben wir einige. An erster Stelle steht dabei unsere Burg, die als Fähigkeitenbaum fungiert. Hier investieren wir in verschiedene Boni wie mehr Lebenspunkte, erhöhte Attribute, neue Klassen oder Händler und Einrichtungen, die sich an den Docks niederlassen. Da mit jeder Verbesserung die Preise steigen, müssen wir genau darauf achten, was wir wann kaufen. Zudem werden wir einige Zeit benötigen, um den Fähigkeitenbaum zu komplettieren, was uns zusätzlich motiviert.

Es ist allerdings sinnvoll, nicht immer sämtliches Geld im Fähigkeitenbaum auszugeben. Besonders Schmied und Zauberin halten für uns wichtige Ausrüstungsgegenstände und Runen bereit. Zumindest, wenn wir zuvor die notwendigen Blaupausen und Runen selbst gefunden haben. Waffen, Helme, Rüstungen, Umhänge und Amulette erhöhen unsere Attribute und lassen sich verbessern. Zudem gibt es unterschiedlich hochwertige Sets, die bei gemeinsamer Ausrüstung auch noch Boni gewähren. Runen hingegen gewähren uns nützliche Fähigkeiten wie höhere Manaregeneration pro Treffer oder Lebensregeneration pro besiegtem Gegner. Sogar die Anzahl unserer Luftsprints können wir mit der richtigen Rune erhöhen. Zusätzlich zu Geld benötigen wir bei Schmied und Zauberin die entsprechenden Ressourcen, die wir ebenfalls im Dungeon finden können. Weitere freischaltbare Einrichtungen ermöglichen uns etwa optionale Herausforderungen oder das Verhindern des Wandels, wodurch sich der Levelaufbau nicht mehr verändert. Letzteres kostet uns aber eine steigende Gebühr, die merklich Einfluss auf unsere finanziellen Möglichkeiten hat. Es sollte also gut überlegt sein, ob und wann wir Gebrauch davon machen.

Motivierendes Abenteuer

Haben wir uns ausreichend vorbereitet, überreichen wir Charon unser restliches Geld und lassen uns zum Dungeon fahren. Hier erkunden wir Raum für Raum, bekämpfen in rasanten, spaßigen Kämpfen Gegner, sammeln Schätze und versuchen die Geheimnisse des Dungeons zu erkunden. Wichtig dabei ist, dass sich die verschiedenen Klassen merklich anders spielen. Während ein Ritter sein Schwert schwingt, können wir als Walküre mit unserem Speer nach vorne, oben, unten und hinten stechen. Ein Waldläufer hingegen greift auf einen Bogen zurück und wir müssen entsprechend zielen. Der Magier wirkt einen Zauber, der sich auf einer Linie ein Stück weit bewegt. Wir müssen unseren Spielstil immer wieder anpassen und dabei auch die Auswirkungen von Talenten, Zaubern und besonders den Merkmalen berücksichtigen, wenn wir bestehen wollen. Dafür belohnt uns Rogue Legacy 2 mit wirklich unterhaltsamen Kämpfen, Erkundungen und zahlreichen Belohnungen.

Egal ob wir Geld finden, ein neues Dokument entdecken, das uns mehr zur gelungenen Geschichte verrät, oder ein kleines Puzzle lösen, um eine Feentruhe freizuschalten, Rogue Legacy 2 schafft es, selbst mit Kleinigkeiten die Motivationskurve weiter anzutreiben. Zudem entdecken wir immer wieder Relikte, die für unseren aktuellen Spieldurchlauf besondere Effekte haben. Welche das sind, wissen wir erst nach erstmaligem Einsammeln. Entsprechend gut müssen wir uns überlegen, welche Relikte wir mit uns nehmen. Auch weil meist zwei zur Wahl stehen, wir aber nur eines einsammeln können. Zusätzlich wirkt sich jedes Relikt auf unsere Entschlossenheit aus. Wie hoch diese ist, hängt vom Gewicht unserer Ausrüstung ab. Sinkt die Entschlossenheit unter hundert Prozent, sinkt auch unsere maximale Lebensenergie, was massive Auswirkungen haben kann.

Geerbte Verbesserung

Noch wichtiger als Relikte oder Geld sind Erbstücke. Von diesen gibt es nur wenige, dafür haben sie einen dauerhaften Effekt. Vergleichbar sind sie mit Verbesserungen und Erweiterungen aus Metroidvania-Spielen. So erhalten wir etwa die Möglichkeit zum Luftsprint oder für einen Doppelsprung nur durch das entsprechende Erbstück. Diese zu finden reicht allerdings nicht aus. Damit das Erbstück uns anerkennt, müssen wir eine Prüfung bestehen. Diese sind fordernd und abwechslungsreich und sorgen für willkommene Abwechslung im Abenteureralltag.

Dank praktischer Teleporter können wir uns in dem mit der Zeit recht großen Dungeon schnell fortbewegen. Allerdings gilt auch hier: sterben wir, wird der Level neu aufgebaut und die Teleporter verlieren ihre Verknüpfung. Mit der Zeit haben wir jedoch die Möglichkeit, Teleporter für viel Geld dauerhaft freizuschalten. Ärgerlich ist nur, dass dies ausschließlich im Dungeon geht. Wir müssen die notwendigen finanziellen Mittel also bei einem Durchgang verdienen, was gar nicht so einfach ist. Das gilt auch für die Bosskämpfe. Egal ob Zwischenbosse oder Bosse, die großen Gegner verlangen von uns individuelle Strategien, Anpassung an neue Gegebenheiten und Geduld. Umso größer ist das Erfolgserlebnis, wenn wir endlich einen Kampf gewinnen – zumal Bosse nicht vom Wandel betroffen sind und auch nach unserem Tod bezwungen bleiben. Sehr schön und eine zusätzliche Motivation, alles zu versuchen, um erfolgreich zu sein.

Anpassbarer Anspruch

Ist uns Rogue Legacy 2 irgendwann aber einmal zu schwer, dürfen wir die Herausforderung jederzeit anpassen. Hierfür dienen die Hausregeln, die uns zahlreiche Einstellungsmöglichkeiten wie gegnerisches Leben, gegnerischer Schaden, Zeitlupe beim Zielen oder Kontaktschaden erlauben. Sogar die Entschlossenheitskosten lassen sich einstellen. Merkmale können wir ebenso deaktivieren. Auf diese Weise können wir uns den Abenteueralltag teilweise deutlich leichter, auf Wunsch aber auch schwerer machen. Sämtliche relevanten Werte können wir nicht nur senken, sondern auch erhöhen und somit dafür sorgen, dass wir uns einer größeren Herausforderung stellen müssen. Großartig und ein wirklich tolles System!

Wie bereits Eingangs erwähnt sieht Rogue Legacy 2 nicht nur wunderschön aus, sondern läuft auf der Switch auch absolut flüssig. Das gilt sowohl für den Fernseher- als auch Handheld-Modus. Zu keiner Zeit sind uns irgendwelche Bildwiederholraten-Einbrüche oder Ruckler aufgefallen. Auch Bugs oder sonstige Fehler sind während des Tests nicht aufgetreten. Stattdessen hat uns Rogue Legacy 2 mit der detailreichen Comic-Grafik und der auf Dauer zwar etwas abwechslungsarmen, aber stets stimmungsvollen Musik immer wieder aufs Neue in seinen Bann gezogen. Dazu gesellen sich die gut geschriebenen deutschen Texte, die oft vor reichlich Witz nur so strotzen. Allgemein setzt das Rogue-lite auf einen sehr ausgeprägten Humor. Über furzende Helden (dank Reizdarm-Merkmal!), auffindbarer Pizza als Waffe bis hin zu vollkommen abgedrehten Charakteren wartet Rogue Legacy 2 mit allerlei Lustigem auf. Regelmäßig mussten wir beim Spielen schmunzeln und haben uns über die vielen witzigen Details gefreut. Das Spielerlebnis wird wunderbar ergänzt, sodass wir nur noch mehr Spaß mit Rogue Legacy 2 haben und einfach nicht aufhören können uns immer wieder aufs Neue ins Abenteuer zu stürzen.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

 

Rogue Legacy 2 ist das beste Rogue-lite, das ich jemals gespielt habe und zudem eines der besten Indie-Spiele des Jahres 2022. Schon nach wenigen Minuten hat mich der Action-Plattformer mit Metroidvania-Anleihen in seinen Bann gezogen und nicht mehr losgelassen. Egal wie oft ich sterbe, immer wieder fange ich mit einem neuen Helden von vorne an und stürze mich wieder ins Abenteuer. Dabei gelingt es Cellar Door Games, eine nahezu perfekte Balance zwischen Neuanfang und dauerhaften Verbesserungen zu finden. Selbst wenn ein Durchgang wenig Neues gebracht hat, hat mich das nie gestört. Stattdessen habe ich meine Erfahrung mitgenommen und mich erneut an der Herausforderung versucht. Dank der Hausregeln kann ich den Schwierigkeitsgrad zudem jederzeit an meine Bedürfnisse anpassen. Großartig! Die wunderschöne Comic-Grafik, eine erstklassige Switch-Portierung und der witzige Humor unterstreichen zusätzlich die hohe Qualität des Rogue-lites, das sich kein Genre-Fans entgehen lassen sollte.