SaGa: Emerald Beyond – TEST

SaGa: Emerald Beyond aus dem Hause Square Enix beweist in einer Zeit, in der japanische Rollenspiele häufig nach demselben Schema ablaufen, dass es auch anders geht. Wir haben das Spiel vorab spielen können und erkennen, dass das Werk von Entwicklerlegende Akitoshi Kawazu alles andere als für jeden zugänglich ist.


Mehr als sieben Jahre nach der Erstveröffentlichung von SaGa: Scarlet Grace hält Publisher Square Enix immer noch an der SaGa-Reihe fest. Obwohl sich SaGa: Emerald Beyond seit 2017 in der Entwicklung befand, wurde diese durch die Coronavirus-Pandemie ausgebremst. Bis zur weltweiten Veröffentlichung dauerte es tatsächlich bis Ende April 2024. Grundlegende Veränderungen müssen Serienkenner aber nicht befürchten. Wer die Reihe verfolgt, dürfte sehr wohl wissen, dass es sich bei der SaGa-Reihe um eine Rollenspielserie handelt, die sehr vieles anders macht und sich damit vom Genre-Einheitsbrei abheben will. Zu Beginn des Rollenspiels steht beispielsweise eine Charakterwahl.

Wir haben uns zu entscheiden, ob wir in die Rolle des Universitätsstudenten Tsunanori Midō, der beiden Polizistinnen Bonnie und Formina, der Mech-Diva Nummer 5, des unsterblichen Vampirlords Siugnas oder der jungen Frau Ameya Aisling, die gerade ihre Hexenprüfung ablegt, schlüpfen. Es ist jedoch ganz egal, welche Spielfigur wir uns aussuchen, denn die zunächst eigenständig wirkende Story entwickelt sich zu einem Wirrwarr eigentlich unabhängiger Welten, die aber alle durch das titelgebende Jenseits miteinander verbunden sind. Lediglich die Ereignisse, welche die sechs Protagonisten für sich genommen erleben, dürften beim Durchspielen von SaGa: Emerald Beyond variieren.

Freier Wille, freie Entscheidungen

Mitunter sind auch die Nebengeschichten, die mal mehr und mal weniger mit der Haupthandlung zusammenhängen, einen Blick wert. Beispielsweise treffen wir auf einen Echsenmenschen, der von einem jungen Pärchen im Austausch für ihr Leben und ihre Hochzeit eine Art Hochzeitssteuer verlangt. Diese besteht darin, dass einer von ihnen oder beide ihm eine ganze Nacht lang „dienen“. Wir können den Konflikt lösen, indem wir eine Kette von Geschehnissen in Gang setzen, die dazu führen, dass sich der künftige Bräutigam in einen Werwolf verwandelt und den Echsenmenschen zerfetzt.

Interessant ist in SaGa: Emerald Beyond die Möglichkeit, bestimmte Ereignisse rückgängig zu machen. Haben wir zum Beispiel in einem Dialog eine Entscheidung getroffen, die zu einem Kampf führen würde, wir den Ausgang der jeweiligen Geschichte aber doch lieber friedlich oder zumindest anders lösen möchten, können wir nach der Eingabe die Rückspultaste betätigen und den Dialog von Neuem beginnen. Darüber hinaus haben wir in den verschiedenen Welten die Möglichkeit, uns einen eigenen Pfad mittels der Scan-Funktion zu suchen. Es tauchen dann verschiedene interdimensionale Türen auf, die uns zu Kämpfen führen, die sich in puncto Schwierigkeitsgrad unterscheiden. Je größer die Herausforderung ist, desto höher fällt nach dem Kampf auch die Belohnung aus.

Manipulierbare Kampfreihenfolge

Während japanische Rollenspiele wie jüngst Final Fantasy VII: Rebirth immer mehr auf actionorientierte Auseinandersetzungen pochen, gibt es glücklicherweise noch Ausnahmen. In diese Kerbe fällt auch SaGa: Emerald Beyond. In rundenbasierten Kämpfen legen wir uns mit humanoiden wie tierischen Gegnern an. Zu Beginn jeder Runde legen wir fest, welche unserer Gruppenmitglieder Techniken, die sofort ausgeführt werden, und Zaubersprüche, die eine gewisse Zeit zum Aufladen benötigen, einsetzen. Hierzu verteilen wir Kampfpunkte. Diese sind gerade zu Beginn eines Kampfes aber so knapp, dass wir nicht allen Recken eine Aufgabe geben können. Wer keine Aktion ausführen kann, wehrt drohende Angriffe einfach ab.

Mit jeder Runde steigt die Anzahl an Kampfpunkten und wir können entsprechend mehr stärkere Angriffe pro Runde einsetzen. Am unteren Bildschirmrand sehen wir die Reihenfolge, die Aufschluss darüber gibt, wann die Helden und Monster am Zug sind. Je nach gewählter Aktion kann die Reihenfolge von uns manipuliert werden. Das erinnert etwas an Final Fantasy X und sorgt dafür, dass wir die Kämpfe besser durchplanen. Wir kommen hier nicht drumherum, denn auch die eigentlich leichten Gefechte sind in SaGa: Emerald Beyond knüppelhart.

Knallharter Schwierigkeitsgrad

Wie schon bei den vorherigen Serienteilen können wir in einem Kampf beispielsweise keine Gegenstände zum Verarzten der Wunden einsetzen. Das liegt nicht daran, dass das Spiel uns die Möglichkeit nicht gibt. Stattdessen verzichtet es gleich auf die gesamte Objektkategorie. So müssen wir in einer Auseinandersetzung also gut überlegen, welche Charaktere Angriffe blocken sollen und welche Helden möglicherweise Gefahr laufen, zur Schlachtbank geführt zu werden. Neben den normalen Trefferpunkten gibt es in SaGa: Emerald Beyond wieder die sogenannten Lebenspunkte.

Fällt eine Spielfigur im Kampf, reduziert sich der Wert um Eins. Nach dem Kampf sind die Trefferpunkte zwar wieder komplett gefüllt, doch die Lebenspunkte bleiben permanent reduziert. Sind alle Lebenspunkte aufgebraucht, fällt die Spielfigur sogar komplett aus. Ungeübten Rollenspielern könnte dieser Punkt zwar ein Dorn im Auge sein, doch sorgt der Umstand dafür, dass wir keine Entscheidung im Kampf leichtfertig treffen. Um das ganze System zu würzen, gibt es mit den Kampfformationen weiteren spielerischen Tiefgang. Formationen können beispielsweise Gegner daran hindern, sich gezielt auf einen einzelnen Verbündeten zu stürzen. Alternativ verstärken sie unsere Angriffe, verringern die Kampfpunktekosten für Techniken oder bringen uns Vorteile gegen bestimmte Gegnertypen.

Veraltete Technik

Level-ups im herkömmlichen Sinne gibt es in SaGa: Emerald Beyond nicht. Stattdessen steigen nach einem Kampf Attribute wie Trefferpunkte, Geschicklichkeit oder Stärke. Techniken verbessern sich hingegen durch den Einsatz im Kampf. Zudem finden wir nach einem Kampf Materialien, mit denen wir jederzeit übers Menü Ausrüstungsgegenstände verbessern können. All das macht auch sehr viel Spaß, sobald die Spielsysteme durchschaut sind. Leider erklärt das Rollenspiel nicht alle Funktionen anständig oder teils nur halbgar. Neulinge in der Reihe müssen also Geduld mitbringen. Dann werden diese auch mit einem schönen, aber veraltet wirkenden Grafikstil belohnt. Dieser pendelt sich zwischen PlayStation-2- und PlayStation-3-Niveau ein.

Das ist schade, denn die Reihe verdient deutlich mehr Liebe – so schön zaubernde Rieseneichhörnchen, die Hämmer schwingen, in den Kämpfen auch anzusehen sind. Schlimmer sind da nur die starren Charakterporträts in den Dialogen und die gelegentlichen Ruckeleinlagen in den Kämpfen. Die Spielbarkeit wird davon zwar nicht beeinträchtigt, nervig ist es aber dennoch. Auditiv erklingt die gelungene Musik von Komponist Kenji Itō, die das Geschehen angenehm untermalt. Schade ist, dass es in der europäischen Version nur englische Bildschirmtexte und daneben nur eine englische Synchronisation gibt. Somit bleibt auch SaGa: Emerald Beyond schlussendlich der leicht stiefmütterliche Umgang von Square Enix nicht erspart.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Mit der SaGa-Reihe habe ich immer wieder meinen Spaß. Es ist schön, dass es auch von namhaften Herstellern noch Spiele gibt, die sich vom Einheitsbrei abheben. SaGa: Emerald Beyond stellt dabei keine Ausnahme dar, setzt das Rollenspiel doch auf illustre Geschichten und knallharte Kämpfe, die ich so seit den Ursprüngen auf dem Game Boy kenne und genieße. Serienfans können, auch wenn die Technik Jahrzehnte hinterherhinkt, definitiv ihren Spaß haben. Allerdings finde ich es schade, dass Square Enix zu wenig Vertrauen in die Marke setzt. Mit etwas mehr Liebe oder zumindest Fingerspitzengefühl könnte der Titel noch so viel besser sein. Wenn bestimmte Mechaniken kaum oder viel zu spät erklärt werden, beeinträchtigt das schon mal die Spielbarkeit und Zugänglichkeit. Neulinge könnten davon frustriert werden, wenn sie nicht genügend Geduld mitbringen. Auf diese Art und Weise bleibt SaGa: Emerald Beyond ein Nischentitel, der es 2024 nicht mehr sein müsste. Mit einem höheren Budget könnte die Reihe nicht nur besser sein als sie ist, sondern auch deutlich mehr Fans und Käufer für sich gewinnen. Wer ein etwas anderes Rollenspiel erleben will, kommt um den Titel nicht herum. Wer es klassischer mag oder einfache Kost von der Stange möchte, greift besser zu Alternativen.