The Letter: A Horror Visual Novel – TEST
Kaum ein Spiel formuliert sein Genre schon in seinem Titel. The Letter: A Horror Visual Novel verspricht genau das, wonach der Untertitel klingt.
Die Nintendo-Switch-Version von The Letter: A Horror Visual Novel basiert auf dem 2017 erschienen philippinischen Spiel. Ganze sieben unterschiedliche Figuren gibt uns das Abenteuer in die Hand, um die Story voranzubringen. Angefangen bei Isabella Santos, die als Immobilienmaklerin zusammen mit ihrer Kollegin Rose das abgelegene und mysteriöse Ermengarde-Anwesen an den Mann (oder die Frau) bringen will, drehen sich alle Storystränge um den Schrecken, den dieses finstere Anwesen entfalten wird. Schon bei ihrer ersten Besichtigung im Spiel sieht Isabella dem Grauen wortwörtlich ins Auge. Dafür sorgt eine gruselige Geistererscheinung.
Der schmale Grad
Das Spiel trennt seine Horror- und Visual-Novel-Abschnitte unserer Meinung nach aber zu stark ab. Nach der ersten Gruseleinlage vergeht sehr viel Zeit, bis uns The Letter: A Horror Visual Novel wieder erschrecken will. In dieser Zwischenzeit wird die Geschichte rund um Isabella und ihrem Auftrag ausgebreitet und auch ihre Freunde und Bekannten werden weiter in den Mittelpunkt geschoben. Finden wir die Dynamik zwischen Isabella und ihrer Kollegin Rose noch sehr gut gelungen, so gilt das nicht für alle der zahlreichen Figuren, die unser Interesse nicht gleichermaßen halten können.
Der Horror selbst ist inspiriert an klassischer asiatischer Horror-Kost wie The Ring oder The Grudge. Das bedeutet, dass neben einer schönen Horrorstimmung auch Jump-Scares auf den Spieler warten. Neben dieser sehr oberflächlichen, aber effektiven Art des Horrors gibt es noch einen viel weltlicheren Horror, nämlich Quick-Time-Events. Anspruchsvoll sind diese allerdings nicht, denn nur durch das wiederholte Hämmern von Tasten entkommen wir den Geisterkonfrontationen.
Geschmackssache
Diese Quick-Time-Events zählen zur einzigen „richtigen“ Form des Gameplays. Ansonsten bleibt The Letter: A Horror Visual Novel ein klassischer Vertreter seines Genres: Charaktere werden als 2D-Modelle dargestellt und bringen uns in Textboxen zum Lesen und in englischer Sprachausgabe zum Hören und treiben damit die Story voran. Kurioserweise lässt sich die Menüleiste, die zu Optionen, Speichermenüs und Textgeschwindigkeitsreglern führt, nicht wirklich ausblenden. So verbleibt dieses Interface-Element stets präsent in der unteren Ecke. Sehr seltsam.
Die Figuren besitzen zwar ihren Charme, doch leider wurden wir mit dem Charakterdesign nicht warm. Die Hintergründe sind schön gestaltet und bieten mit kleinen Animationen auch ein wenig Dynamik. Die Figuren allerdings sind in einem austauschbar wirkenden bunten Comic-Stil gezeichnet, der auch gar nicht zum Horror-Thema passt. Wer in The Letter: A Horror Visual Novel investieren will, der bekommt eine umfangreiche Visual Novel mit Horror-Aspekten, vielen Enden und einer nicht-chronologischen Erzählung – zu den besten seines Genres zählt der Titel aber bei Weitem nicht.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
Die erste Horror-Einlage und die darauffolgenden Storymomente haben mir in The Letter: A Horror Visual Novel noch am besten gefallen. Das Spiel kann durch Jump-Scares tatsächlich im Positiven wie im Negativen schocken und auch einige der Figuren finde ich interessant. Leider werden diese Stärken für mich zu schnell von zu vielen banalen Dialogen und langweiligeren Figuren verwässert, sodass das sehr umfangreiche Spiel als ein kürzeres mir deutlich besser gefallen würde. Positive überrascht bin ich von den leicht animierten Hintergründen, denn auch ein statisches Bild einer Eingangshalle bekommt durch einen leicht pendelnden Kronleuchter viel mehr Profil.