The World Ends with You -Final Remix- – TEST

Für die Entwicklung von The World Ends with You war ursprünglich Square Enix‘ Kingdom-Hearts-Team zuständig. Produzent des 2007 ursprünglich für den Nintendo DS erschienenen Spiels war Tetsuya Nomura, der sich auch am Charakterdesign beteiligte. Dennoch hat The World Ends with You abseits der guten Kritiken nur bedingt Aufmerksamkeit erhalten. Nach einer Veröffentlichung für Mobil-Geräte bekommt der Rollenspiel-Geheimtipp auf der Switch eine verdiente neue Chance.


Als Spieler schlüpfen wir in The World Ends with You -Final Remix- in die Rolle des Jugendlichen Neku. Ohne Erinnerungen wachen wir auf einer belebten Kreuzung mitten im Tokio Stadtteil Shibuya auf. Bereits kurz darauf begegnen wir der quirligen Shiki, die uns im Kampf gegen Noise genannte Monster hilft und einen Pakt mit uns schließt. Langsam erfahren wir, dass wir in einem Spiel einer Reaper genannten Gruppe stecken und um unser eigenes Leben spielen. Denn nur wer sieben Tage überlebt und die täglichen Aufgaben des Spielleiters erfüllt, kann am Ende der Woche wieder in die reale Welt zurückkehren. Während unseres Überlebenskampfes bewegen wir uns zwar in den zahlreichen Gebieten Shibuyas, sind für die einfachen Passanten jedoch unsichtbar. Nur Reaper und andere Spieler können uns wahrnehmen. Im Laufe der Geschichte tauchen wir immer weiter in die Geheimnisse hinter dem Spiel und den Reapern ein, stellen uns Herausforderungen, beeinflussen Menschen und lernen etwas über die Abgründe des Lebens. The World Ends with You beweist nicht nur Intelligenz bei der Handlung selbst, sondern wartet auch mit gut geschriebenen, tiefgründigen und vielschichtigen Figuren auf, hinter denen mehr steckt als es anfangs scheint. Plot und Charaktere sind eine der größten Stärken des Rollenspiels und sorgen alleine dafür, dass wir immer weiter spielen und erfahren wollen, wie die Geschichte weitergeht.

Stilsicher

Ein Grund weshalb The World Ends with You bei vielen Spielern auf Skepsis stößt, dürfte der Stil sein. Passend zum Szeneviertel Shibuya quillt das Rollenspiel förmlich über vor verschiedensten Subkultur-Referenzen und auf moderne Jugendkultur getrimmte Figuren und Designs. Graffiti, Untergrundkünstler, alternative Lebenseinstellungen, Mode, Markenkleidung und allerlei mehr sind stets präsent und eng mit dem Spiel verflochten. Das dürfte nicht jedem gefallen, fügt sich in The World Ends with You aber sehr gut zusammen und bietet ein einzigartiges Erlebnis mit einer ungewöhnlichen Atmosphäre und einem Stil, der so in keinem anderen Spiel zu finden ist. Außerdem sind viele Elemente nicht einfach nur optischer Natur, sondern haben auch Gameplay-Relevanz. So beeinflussen wir durch das Nutzen bestimmter Marken deren Beliebtheit in den Vierteln Shibuyas, was wiederum zusätzliche Boni beim Tragen genau dieser Marken bedeutet. Essen hingegen gewährt Boni, die tatsächlichen Einfluss auf die Kämpfe haben können. Lediglich mancher Dialog ist vielleicht etwas zu sehr auf jugendliche Coolness ausgelegt und kann deshalb mitunter anstrengend sein. Wirklich störend ist uns das aber nicht aufgefallen.

Passend zur starken Sub- und Jugendkultur-Einbindung ist auch die Musik in The World Ends with You sehr präsent und bietet verschiedenste Stilrichtungen. Der für die Switch-Version remasterte und jederzeit auf das Original wechselbare Soundtrack reicht von J-Pop über Rock und Hip-Hop bis hin zu Techno und untermalt das Spielgeschehen perfekt. Stilsicher eingesetzt wissen die Musikstücke zu überzeugen und haben uns selbst dann gefallen, wenn ein Lied nicht unserem Musikgeschmack entspricht. Einfach deshalb, weil jeder Titel ins Spiel passt, zur Atmosphäre beiträgt und das einzigartige Spielgefühl von The World Ends with You unterstützt. Lediglich die Lautstärke und stark im Vordergrund stehende Ausrichtung der Musikuntermalung kann gelegentlich etwas anstrengend sein, trübt aber den positiven und einzigartigen Eindruck bezüglich des Soundtracks zu keiner Zeit. Gerade in dieser Disziplin ist The World Ends with You ein Ausnahmetitel.

Hektisch und hakelig

Zumindest gesamt betrachtet gilt das auch für eines der wichtigsten Spielelemente: die Kämpfe. Grundsätzlich sind die Konfrontationen mit den Noise und Reapern motivierend und je nach Kapitel, Schwierigkeitsgrad und Gegnern herausfordernd. Allerdings erst nachdem wir uns an die nur bedingt intuitive Steuerung gewöhnt hatten. Auf ein klassisches Controller-Prinzip wurde gänzlich verzichtet. Stattdessen setzt The World Ends with You im Switch-Handheld-Modus auf eine Touchscreen-Bedienung und am Fernseher auf Bewegungskontrollen mittels eines Joy-Con-Controllers. Grundlage dafür ist die Nintendo-DS-Herkunft. Als Fähigkeiten für Neku dienen Pins, von denen wir im Laufe der Geschichte zahlreiche finden oder kaufen können. Jeder der Anstecker verfügt über eine andere Funktion und stattet uns entweder mit einem Angriff, einer passiven Fähigkeit oder Items wie Heilgegenständen aus. Um in den Kämpfen zu agieren heißt es bestimmte Gesten mit Joy Con oder Finger auszuführen. Etwa bei gedrückter Taste den Cursor schnell bewegen oder mit unserem Finger über den Bildschirm zu kratzen. Andere Aktionen können antippen oder schnelle Striche von oben nach unten sein. Das alles funktioniert recht ordentlich, ist aber gewöhnungsbedürftig. Zudem sind manche Aktionen weniger eingängig als andere, so dass wir uns dabei erwischt haben lieber schwächere, dafür in der Ausführung angenehmere Angriffe zu nutzen als stärkere, deren Nutzung anstrengender ausfällt. Eine optionale und alternative Button-Steuerung wäre angenehm gewesen.

Allgemein stellt sich die Steuerung als größtes Manko von The World Ends with You heraus. Abseits der Kämpfe erkunden wir mit Neku und unserem Partner Shibuya, scannen die Umgebung, um entweder Noise zu finden oder die Gedanken der Passanten zu lesen, gehen in Geschäften einkaufen oder lösen Aufgaben der Reaper. Das alles ist motivierend und funktioniert wunderbar. Im Handheld-Modus gibt es hier auch wenig zu bemängeln, da manche Funktionen wie etwa die Spezialfähigkeiten unserer Begleiter in den Kämpfen mit dem Finger einfacher zu bedienen sind, die Bewegungssteuerung fällt hingegen manchmal minimal störender aus. Glücklicherweise dürfen wir Neku außerhalb von Kämpfen normal mit dem Analogstick bewegen, so dass dies schneller von der Hand geht als das Ausweichen in den Kämpfen mittels Cursor und Buttondruck. Dennoch sind wir genauso wie bei den Konfrontationen gezwungen immer wieder den Cursor zu justieren, da bereits kleine Haltungsänderungen unsererseits dazu führen, dass dieser außerhalb des Bildschirms ist. Immerhin reicht ein Druck auf Y, um den Cursor wieder in der Bildschirmmitte zu fixieren. Trotzdem ist das Auswählen von Gegenständen im stilistisch überfüllten und nicht immer übersichtlichen Menü sowie in Geschäften manchmal etwas hakelig. Glücklicherweise hat das weder unserer Motivation noch dem Spielspaß wirklich geschadet.

Hervorragende Anpassung

Für die Portierung der Switch-Version war das Entwicklerstudio h.a.n.d. Zuständig und hat dabei hervorragende Arbeit geleistet. Gerade im Vergleich zum Nintendo-DS-Original aber auch zur Mobile-Umsetzung, kann sich The World Ends with You -Final Remix- sehen lassen. Die schicke und farblich herausstechende Grafik profitiert sichtlich von der HD-Auflösung und lässt Umgebungen sowie Charakter- und Monstermodelle wunderbar zur Geltung kommen. Es lässt sich nicht erahnen, dass The World Ends with You eigentlich bereits über zehn Jahre alt ist. Doch nicht nur an der Technik wurde gearbeitet, auch neue Inhalte hat der Final Remix in Form eines Zusatzkapitels zu bieten. In diesem gilt es sich einem neuen Spiel zu stellen, das nur einen Tag dauert. Eigens hierfür wurde ein neuer Charakter geschrieben. Schnell ist das Mysterium erfasst und The World Ends with You entfaltet die gewohnt fesselnde Wirkung. Als Besonderheit müssen wir uns neuartigen Noise sowie einem besonders herausfordernden Schwierigkeitsgrad stellen. Schade ist lediglich, dass dieser Abschnitt bereits nach etwa zwei Stunden vorbei ist.

Eine weitere Neuerung ist der Koop-Modus. In diesem übernimmt ein zweiter Spieler in den Kämpfen die Kontrolle über Nekus Partner und kann einige feste und nicht austauschbare Angriffe durchführen. Das funktioniert sehr gut und kann den Spielspaß tatsächlich erhöhen, ist aber mehr eine willkommene Beigabe. Abschließend muss noch lobend erwähnt werden, dass The World Ends with You -Final Remix- im Gegensatz zum DS-Original deutsche Texte erhalten hat. Gerade bei einer Neuauflage eines Rollenspiel-Geheimtipps eine positive Überraschung, die Anerkennung verdient.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

 

Auf dem Nintendo DS habe ich The World Ends with You leider verpasst. Um so mehr habe ich mich über die Switch-Ankündigung der Final-Remix-Version gefreut. Endlich hatte ich Gelegenheit den Rollenspiel-Geheimtipp nachzuholen. Schnell hat mich die mysteriöse Geschichte mit all ihren Geheimnissen gepackt gehabt und immer wieder aufs Neue motiviert. Selbst die manchmal recht nervige und anstrengende Bewegungssteuerung hat den Spielspaß für mich kaum senken können. Dafür ist die Handlung zu spannend, die Charaktere zu interessant und vielschichtig und der Stil zu faszinierend. Jedem dürfte die starke Ausrichtung auf Subkulturen nicht gefallen, doch zumindest eine Chance sollte jeder dem Spiel geben, da The World Ends with You weitaus tiefgründiger ist, als es vielleicht auf den ersten Blick wirkt. Dazu gesellt sich der hervorragend eingesetzte, sehr präsente Soundtrack, der die Atmosphäre sehr gut unterstützt. Ein Nischentitel bleibt das Rollenspiel wahrscheinlich auch mit der Switch-Neuauflage, doch hoffentlich findet Nekus Abenteuer die verdienten Käufer, die über die wenigen Schwächen wegsehen können. Es lohnt sich.