Tomb Raider IV•V•VI Remastered – TEST

Spätestens Ende der 1990er-Jahre haben Videospielunternehmen gemerkt, dass mit bestimmten Marken viel Geld zu scheffeln ist. Dieses Schicksal teilt auch die Tomb-Raider-Reihe, dessen viertes bis sechstes Werk gebündelt als Remaster Anfang 2025 neu aufgelegt wurde.


Im Jahrestakt und teilweise fast auf Monat und Tag genau erschienen zwischen 1996 und 2000 insgesamt fünf Tomb-Raider-Spiele. Ein derartiger Veröffentlichungsrhythmus ist Jahrzehnte später nicht mehr vorstellbar, sprengen die Budgets für neue Videospiele zum Leidwesen der Publisher nicht selten jedwede Grenzen. Die Tomb-Raider-Reihe war unter anderem nur deshalb möglich, da Entwicklerstudio Core Design bis zur fünften Episode auf dieselbe Engine zurückgegriffen hat. Dementsprechend fühlen sich die ersten Ableger nicht nur spielerisch, sondern auch gestaltungstechnisch ähnlich an.

Im Jahr 2000 war jedoch abrupt Schluss mit der jährlichen Veröffentlichungspolitik. Die titelgebende Grabräuberin Lara Croft musste drei Jahre pausieren und trat nach einer Frischzellenkur wieder zum Dienst an – allerdings mehr schlecht als recht. Zu guter Letzt besiegelte der innovative, aber zu schwache sechste Serienteil zusammen mit einer Handvoll anderer Projekte das Schicksal von Core Design. In der Zeit bis 2010 verschwand das ursprüngliche Core Design allmählich, die Entwickler kamen bei anderen Studios unter und die Marke Tomb Raider musste sich ihren guten Ruf erst wieder erkämpfen. Die von Aspyr Media umgesetzte Kollektion von Tomb Raider IV•V•VI Remastered zeigt gut, welche Fehler gemacht wurden und die Zeit leider überdauert haben.

Grabraub und Städtereisen

Bereits 2024 sorgte Aspyr Media mit Tomb Raider I•II•III Remastered bei Serienfans für ein freudiges Wiedersehen mit Lara. Eine aufgehübschte Grafik und eine moderne Steuerung sollten auch jüngere Spieler abholen, die erst in den 2010er-Jahren zum Franchise gekommen sind. Denselben Spagat versuchen die Entwickler auch mit dem vierten, fünften und sechsten Teil der Reihe. Inhaltlich berichten diese von verschiedenen Erlebnissen der Grabräuberin. Diese Abenteuer führen uns erneut an exotische Orte rund um den Globus.

In Tomb Raider IV: The Last Revelation erkunden wir mit Lara und ihrem Mentor Werner von Croy zunächst retrospektiv die Ruinen von Ângkôr Vôtt in Kambodscha, bevor sich der Fokus voll und ganz auf Ägypten konzentriert. Eine Episode später, im nun nicht mehr nummerierten fünften Serienteil, sprich Tomb Raider: Die Chronik, verschlägt es uns hingegen nach Rom, Irland und New York City, um mächtige Artefakte wie den Stein der Weisen oder die Lanze des Longinus aufzuspüren. Städtereisen scheinen in den 2000er-Jahren plötzlich angesagt zu sein, denn anders ist es nicht zu erklären, dass wir in Tomb Raider: The Angel of Darkness unter anderem Paris und Prag erkunden, um die fünf Gemälde der Finsternis aufzuspüren. Noch dazu wird Lara im sechsten Serienteil des Mordes bezichtigt, was für weitere Spannung sorgt.

Altes Gameplay und neue Impulse

Am Gameplay hat sich derweil, zumindest in der vierten und fünften Episode von Tomb Raider IV•V•VI Remastered, nicht wirklich etwas getan. Nach wie vor erkunden wir blockartig aufgebaute Gräber, die mit allerlei Fallen, Rätseln und Getier gespickt sind. Beispielsweise müssen wir Schalter umlegen, um Türen zu öffnen. Es gilt auch stets die Umgebung im Auge zu behalten, um keine bösartigen Mechanismen auszulösen, die Lara den Kopf kosten könnten. Kommt es zudem hart auf hart, müssen wir uns mit Fernkampfwaffen erwehren, um uns in den drei Spielen nicht nur menschlichen Widersachern, sondern auch Tieren, Fabelwesen wie Harpyien oder Untoten zu stellen.

Hinzu kommen akrobatische Manöver, um beispielsweise über Abgründe zu springen. Auch ins kühle Nass müssen wir hin und wieder abtauchen. Für The Angel of Darkness haben die Entwickler die Zeichen der Zeit erkannt und gemerkt, dass die Reihe im 21. Jahrhundert nicht ohne Veränderung überleben kann. Deshalb haben sich die Köpfe bei Core Design ein Progressionssystem überlegt. Falls Lara für eine klemmende Tür oder eine zu schiebende Kiste noch zu schwach ist, sollten wir zunächst anderen Aktivitäten ausführen, stärker werden und später zurückkehren. Diese Anleihen an das Metroidvania-Subgenre mögen für ihre Zeit revolutionär sein, sind aber nicht glaubwürdig.

Einstiegshürden für Neulinge

Wer die ursprünglichen Versionen auf dem PC, der PlayStation, der PlayStation 2 oder auch dem Sega Dreamcast rauf und runter gespielt hat, wird sich auch in den Remaster-Fassungen vermutlich schnell zurechtfinden. Neulinge erwarten jedoch wie bei der ersten Trilogie unverständliche Einstiegshürden. Beispielsweise lassen uns alle Spiele zwischen einer unserer Meinung nach schwerfälligen Panzersteuerung und einer modernen Bedienungsvariante wählen. Letztere geht deutlich besser von der Hand, ist aber auch nicht über alle Zweifel erhaben.

So kommt es in allen drei Spielen hin und wieder zu festen Kamerablickwinkeln, bei denen die Steuerung sich aber nicht organisch anpasst, weshalb wir uns gelegentlich fummelig durch enge Gänge manövrieren müssen. Nicht selten laufen wir gegen Mauern oder sogar zurück – inklusive weiteren Kameraschwenks. Bewegen wir uns freier in Gebieten, lässt sich die Kamera über den rechten Analog-Stick wie in Legacy of Kain: Soul Reaver 1&2 Remastered aber zumindest manuell nachjustieren. Gerade beim Auf- und Abtauchen beim Schwimmen ist dies essentiell. Darauf weisen die Spiele aber selbst in ihren Tutorials nicht hin. Gerade welche Knöpfe wir für bestimmte Befehle drücken müssen, ist wie schon bei der ersten Trilogie mitunter ein Ratespiel, das uns schon in den ersten Spielminuten zur Weißglut treibt.

Kritik, die auf taube Ohren prallt

Um einmal ein Beispiel zu nennen, woran Tomb Raider IV•V•VI Remastered krankt, möchten wir auf folgenden Sachverhalt hinweisen: Im vierten Serienteil müssen wir lernen, wie wir über einen großen Abgrund springen und uns an der gegenüberliegenden Kante festhalten können. Das Spiel weist darauf hin, dass wir Anlauf nehmen, den Sprungknopf am Rand betätigen und die Kante mit der Aktionstaste greifen sollen. Die zu drückenden Knöpfe werden im Spiel nicht angezeigt.

Stattdessen müssen wir ins Menü wechseln und die Steuerung nachlesen. Dort gibt es den Hinweis, dass der Befehl „Aktion“ mit dem X-Knopf ausgelöst wird. Dies stimmt beim Aufheben von Objekten und Betätigen von Schaltern. Wollen wir uns an einer Kante festhalten, müssen wir aber die rechte Schultertaste nutzen, die allerdings dem Befehl „Sekundär“ zugeordnet ist. Warum Aspyr Media trotz genau derselben Kritik an Tomb Raider I•II•III Remastered, die nicht nur von uns, sondern vielen anderen Medien ausgeübt wurde, nichts aus diesem Debakel gelernt hat, ist uns schleierhaft. Natürlich lässt sich die Steuerung durch Ausprobieren erlernen und verinnerlichen, aber für eine Remaster-Trilogie aus dem Jahr 2025 ist das nicht sonderlich fortschrittlich. Dass Aspyr Media dennoch Mühe in die drei aufpolierten Spielen gesteckt hat, beweisen glücklicherweise die grafischen Aspekte.

Beste Version trotz Versäumnissen

Eine tolle Sache ist der Wechsel zwischen den beiden Grafikmodi. Mit Ausnahme der Videosequenzen können wir stets auf Knopfdruck zwischen dem modernen Anstrich und der alten Grafik wechseln. Durch die unterschiedliche Beleuchtung haben beide Modi ihre Vor- und Nachteile. So sorgt die einstige Optik in unseren Augen für eine bessere Lesbarkeit, während die überarbeiteten Texturen und Charaktermodelle mehr zur dichten Atmosphäre beitragen. Vor allem The Last Revelation und Die Chronik profitieren davon. Allerdings können ältere Fernsehgeräte je nach Tageszeit Probleme mit der Darstellung haben, da das Bild relativ dunkel ist und es keinen internen Helligkeitsregler gibt. Auf dem Bildschirm der Switch OLED lässt sich hingegen alles sehr gut erkennen. Auf Wunsch lässt sich sogar das Ruckeln der ursprünglichen PlayStation-Versionen hinzuschalten.

Musikalisch wissen die Spiele ebenso zu gefallen, auch wenn die Soundeffekte etwas aus der Reihe tanzen. Obwohl die deutsche Synchronisation altersbedingt ungelenk wirkt, passen die Stimmen zu den Figuren, beim vierten und fünften Serienteil das Gesprochene aber nicht zu den Untertiteln. Darüber hinaus solltet ihr die Rumble-Funktion deaktivieren, da diese auf dem Pro Controller zu lautstark ausfällt. Trotz aller Versäumnisse handelt es sich bei Tomb Raider IV•V•VI Remastered im Jahr 2025 um die beste respektive angenehmste Variante, die zweite Tomb-Raider-Trilogie zu spielen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Tomb Raider IV•V•VI Remastered muss genauso wie das vorherige Dreierpack im Kontext der Zeit gesehen werden. Als die vierte und fünfte Episode 1999 und 2000 auf den Markt kamen, wurde Core Design zwar schon berechtigt Ideenlosigkeit vorgeworfen, doch waren es damals definitiv unterhaltsame Spiele. Auf den sechsten Serienteil trifft das damals wie heute nicht gänzlich zu, doch haben die Entwickler zumindest versucht, etwas anders zu machen. Genützt hat es leider nicht viel. Auch zwei bis zweieinhalb Jahrzehnte später hat sich an dem Umstand, dass die drei Spiele im Kern schlicht funktionieren, nichts verändert. Es ist jedoch schade, dass die Entwickler von Aspyr Media selbst beim sechsten Serienteil aber kaum Anpassungen vorgenommen haben, um die Titel für ein jüngeres Publikum vernünftig spiel- und erlebbar zu machen. Kamera- und Steuerungsprobleme haben in einem Remaster meiner Ansicht nach nichts verloren und hieven die Einstiegshürden schlicht in die Höhe. Da hilft es auch nur wenig, dass die aufpolierte Grafik in meinen Augen wirklich hübsch ist, es eine frei belegbare Steuerung oder Komfort wie eine Schnellspeicherfunktion gibt. Im Kern sind es aber genau dieselben Probleme, an denen schon die erste Remaster-Trilogie litt, die den Spielspaß dezimieren. Am Ende sprechen Tomb Raider IV•V•VI Remastered vermutlich eher Kenner der Originale oder Nostalgiker an, die trotz aller Defizite auf eine archäologische Spurensuche gehen wollen.