Triangle Strategy – TEST

Square Enix‘ Entwicklerteam rund um Tomoya Asano ist vor allem für die Bravely-Default-Serie und Octopath Traveler bekannt. Letzteres konnte vor allem durch die schöne 2D-HD-Grafik begeistern. Diese kommt nun auch in Triangle Strategy wieder zum Einsatz, dem ersten Ausflug der Rollenspiel-Veteranen ins rundenbasierte Strategie-Genre. Im März erschien das epische Fantasy-Drama mit seiner Geschichte um Macht, Intrigen und Verrat für die Nintendo Switch.


Rundenbasierte Strategiespiele sind Nintendo-Fans vor allem durch die langlebige Fire-Emblem-Serie bekannt, die nicht zuletzt durch das 2019 erschienene Fire Emblem: Three Houses beachtliche Erfolge feiern konnte. Nun wagt sich Team Asano, das interne Entwicklerteam von Square Enix, das Rollenspiel-Fans vor allem durch die Bravely-Default-Serie und Octopath Traveler bekannt ist, an dieses Genre. Genau wie die anderen aktuellen Titel des Teams bekam auch der neueste Streich der Japaner einen recht sperrigen Namen: Triangle Strategy. Entwickelt wurde das zunächst im Jahr 2021 als Project Triangle Strategy angekündigte Spiel zusammen mit dem Entwicklerstudio Artdink, das unter anderem durch die PlayStation-Version des legendären Tactics Ogre Erfahrungen mit dem Genre sammeln konnte. So ist Triangle Strategy in erster Linie auch eine liebevolle Hommage an jene spezielle Strömung innerhalb des Genres der rundenbasierten Strategiespiele, die vor allem in den 1990er Jahren durch Tactics Ogre und Final Fantasy Tactics von Quest bzw. Square, sowie Vandal Hearts von Konami bei Genre-Fans populär wurde. Im Unterschied zu anderen Strategiespielen wie Fire Emblem sind die in isometrischer Ansicht dargestellten und frei drehbaren Schlachtfelder bei diesen Spielen wesentlich kleiner und unsere Armee setzt sich aus vergleichsweise wenigen Charakteren zusammen. Zudem zeichneten sich die genannten Vorbilder durch eine umfangreiche politische Fantasy-Geschichte ganz im Stil von George R. R. Martins Game of Thrones bzw. A Song of Ice and Fire aus, mit der auch Triangle Strategy aufwarten kann.

Die langen Schatten des Salzeisen-Krieges


Der Fantasy-Kontinent Norzelia erholt sich langsam von den Folgen eines dreißig Jahre zurückliegenden verheerenden Krieges, dem sogenannten Salzeisen-Krieg, in dem die drei vorherrschenden Reiche Glenbrock, Aesfrost und Heissand (auf Englisch Hyzante genannt) erbittert um die auf dem Kontinent seltenen Ressourcen Salz und Eisen kämpften. Während das Königreich Glenbrock vor allem durch seine weiten Felder zu einem Nahrungslieferanten des Kontinents und einem Zentrum des Handels wurde, ist das im Norden gelegene Fürstentum Aesfrost durch seine gewaltigen Eisenvorräte zu einer mächtigen Militärmacht aufgestiegen. Das in einer Wüste gelegene Heissand ist eine Theokratie und wird von einer mächtigen Priesterschaft regiert, die ihre Legitimation auf eine Göttin beruft. Heissand besitzt durch die gigantischen Salzvorkommen das Monopol auf diesen Rohstoff und konnte dadurch einen ungeahnten Reichtum anhäufen. Diese Abhängigkeit der drei Reiche untereinander konnte nun einige Jahre einen gewissen Frieden sichern. Doch dieser ist brüchig und alte Feindschaften und Fehden drohen wieder an die Oberfläche zu kommen. In diesen unruhigen Zeiten übernehmen wir die Rolle von Serenoa Wolffort, Sohn von Fürst Wolffort, Oberhaupt eines mächtigen Adelshauses und einem Vasallen des Königs von Glenbrock. Serenoas bester Freund ist Roland, der Prinz von Glenbrock, der sich zum Unmut seines Vaters lieber außerhalb des Palastes aufhält. Dritte im Bunde ist Frederica aus Aesfrost, die Verlobte von Serenoa, die durch eine Hochzeit den Frieden zwischen den beiden Reichen sichern soll. Sie stammt mütterlicherseits vom Volk der Rosaile ab, die durch ihre rosafarbenen Haare zu erkennen sind und eine vor allem in Heissand stark diskriminierte Minderheit darstellen. Ein weiterer wichtiger Charakter ist zudem Benedict, der Ratgeber von Haus Wolffort, der zudem ein gewiefter Stratege ist. Im Laufe der Geschichte gesellen sich eine ganze Reihe interessanter Charaktere zu unserer Truppe wie beispielsweise die Assassinin Anna, oder die auf einem riesigen Greifvogel reitende Bogenschützin Hughette.

Fantasy-Epos in HD-2D

Optisch ist Triangle Strategy aufgrund des ansprechenden HD-2D-Stils ein Genuss. Dieser Grafikstil fand zum ersten Mal in Octopath Traveler Verwendung und kombiniert klassische zweidimensionale Pixelfiguren im 16-Bit-Stil mit einer 3D-Umgebung. Durch den geschickten Einsatz von Tiefenunschärfe und Lichteffekten wirken die einzelnen Szenarien wie Miniaturen oder Dioramen. Die Popularität des HD-2D-Stils zeigt sich darin, dass dieser auch in den kommenden Remakes von Dragon Quest III und Live A Live Verwendung findet.

Der bombastische Soundtrack stammt von Komponist Akira Senju, der in der Vergangenheit vor allem die Musik zu zahlreichen japanischen Drama- und Anime-Serien komponierte, wie z.B. Fullmetal Alchemist: Brotherhood oder Valvrave the Liberator. Während der zahlreichen Story-Szenen und der Taktikscharmützel sorgen die Kompositionen für Atmosphäre. Besonders gut haben uns die bombastischen Themen der drei Reiche gefallen.

Klassische Rundenstrategie mit Besonderheiten

Spielerisch gibt sich Triangle Strategy auf den Schlachtfeldern recht traditionell. Die gegnerischen Truppen stehen sich auf einer in isometrischer Ansicht dargestellten, frei dreh- und schwenkbaren Karte gegenüber, die wie ein Schachbrett aus einzelnen Feldern besteht. Die einzelnen Figuren ziehen dabei nacheinander, wobei die Reihenfolge der Züge durch den speziellen Charakterwert der Agilität bestimmt ist. Sämtliche Kommandos wie Angriff oder Magie führen wir über intuitiv zu bedienende Menüs aus. Schlüssel zum Sieg ist dabei das taktische Vorgehen während der Kämpfe. Können wir beispielsweise einen gegnerischen Charakter umzingeln, kassiert dieser gleich mehrere Treffer von allen umstehenden Figuren. Auch der Höhenunterschied spielt eine Rolle, wie viel Schaden wir beim Gegner verursachen können. Besonders Charaktere wie Bogenschützin Hughette profitieren davon, wenn sie von höher gelegenen Plattformen einen Pfeilhagel auf weiter unten stehende Feinde regnen lässt. Auch die Umgebung und die Witterungsverhältnisse können wir geschickt für uns nutzen. Schlägt beispielsweise ein Blitzzauber in Pfützen ein, verstärkt und erweitert sich der Effekt, während ein Windzauber dazu genutzt werden kann, um Gegner über den Rand einer Klippe zu schubsen.

Jeder Charakter hat zudem eine bestimmte Anzahl an Turn Points, welche für spezielle Attacken oder Zaubersprüche verwendet werden. Magiepunkte oder ähnliches gibt es in Triangle Strategy nicht. Am Anfang des Spiels besitzt jeder Charakter drei TP und jede Runde regeneriert ein Charakter einen Punkt, so dass wir bestimmte Attacken und Sprüche nur alle paar Runden ausführen können. Der Heilzauber von Heilerin Geela kostet beispielsweise lediglich einen Turn Point, so dass wir ihn quasi jede Runde unbegrenzt einsetzen können, da sich der Vorrat an Punkten schneller regeneriert als das wir ihn aufbrauchen können. Lanzenritter Rolands Doppelstoß lässt ihn gleich zweimal angreifen, aber diese Fähigkeit kostet auch direkt zwei TP, so dass er sie zumindest am Anfang des Spiels nur alle zwei Runden einsetzen kann.

Die Charakterentwicklung ist hingegen weitaus weniger flexibel als in Final Fantasy Tactics oder Tactics Ogre. Statt unzähliger Jobs und der Möglichkeit, mit den Fähigkeiten zu experimentieren sind die Beförderungen bei Triangle Strategy strikt vorgegeben. Jeder Charakter hat nur eine einzigartige Klasse, die man im Verlauf des Spiels zweimal aufleveln kann. Alle acht Startcharaktere beginnen als Rekruten ihrer Klasse und können, sobald sie Level 10 erreicht haben, zunächst in ihre Veteranen-Klasse und dann mit Level 20 schließlich in ihre Elite-Klasse aufsteigen. Die Beförderung bringt nicht nur jeweils einen neuen TP mit sich, sondern zusätzlich eine Erhöhung aller Statuswerte und erlauben den Zugang zu einigen neuen erlernbaren Fähigkeiten oder Zaubersprüchen.

Diplomatie oder Bauchgefühl


Außerhalb der strategischen Scharmützel verfolgen wir die wendungsreiche politische Geschichte voller Intrigen, Verrat und dramatischen Höhepunkten, die sich in durchgehend Englisch und japanisch vertonten Story-Szenen präsentiert. Dabei hat uns überrascht, wie viel Raum die Handlung innerhalb des Spiels einnimmt. Manchmal vergehen über dreißig Minuten, bis wir uns im nächsten Taktikkampf wiederfinden, wodurch wir uns manchmal sogar an eine Visual Novel erinnert fühlen. Besonders am Anfang des Spiels werden wir mit vielen Charakteren und Details über die politischen Verhältnisse in Norzelia konfroniert, dass sich mancher Spieler vielleicht etwas verloren vorkommt. Glücklicherweise können wir, wenn ein wichtiger Charakter gerade spricht, mit dem Druck auf die X-Taste ein Fenster mit einem Portrait und erklärendem Text zu dem jeweiligen Charakter aufrufen. Leider können wir diese Infos außerhalb der Story-Szenen nicht einsehen. Hier wäre vielleicht eine umfangreiche Enzyklopädie wie bei den großen Vorbildern Final Fantasy Tactics und Tactics Ogre wünschenswert gewesen. Lediglich gesammelte Schriftstücke über verschiedene Themen und politische Hintergründe aus Norzelia können wir in einem Menüpinkt einsehen.

Immer wieder werden wir während der Story-Szenen vor Entscheidungen gestellt. Dabei müssen wir jedes Mal sorgfältig entscheiden, welche der drei präsentierten Antwortmöglichkeiten wir auswählen. Jede Antwort stärkt nämlich eine der drei Gesinnungen Nutzdenken, Moral oder Freiheit, die im Lauf der Geschichte Serenoas Charakter prägen. Interessanterweise ist nicht immer unbedingt direkt erkennbar, welche Antwort welche Gesinnung stärkt, und oft entscheiden wir uns aus reinem Bauchgefühl. Wollen wir wirklich unseren Freund verraten und uns an politischen Ränkespielen beteiligen, oder stehen wir koste es was es wolle für unsere Überzeugung ein und beschützen ihn? In diesen Momenten erinnert Triangle Strategy besonders stark an Yasumi Matsunos Epos Tactics Ogre, das uns ebenfalls an verschiedenen Stellen der Geschichte vor ähnliche schwerwiegende Entscheidungen stellt. Ähnlich wie bei Tactics Ogre spaltet sich die Story auch bei Triangle Strategy an diesen Stellen in verschiedene Routen auf, die jeweils einen völlig anderen Ausgang der Geschichte zur Folge haben. So wartet das Spiel mit vier verschiedenen Enden auf.

Die Waage des Urteils

Das Besondere an Triangle Strategy ist, dass die Charaktere bei diesen besonders gewichtigen Entscheidungen, die über den Fortlauf der Geschichte bestimmen, die so genannte Waage des Urteils befragen. Hier stimmen alle Charaktere demokratisch über das weitere Vorgehen ab und jede Mitstreiterin und jeder Mitstreiter hat eine eigene Meinung dazu. Wenn wir mit unseren Kameraden sprechen, können wir uns ihre Argumente anhören und sie mit geschicktem Überzeugungstalent sogar beeinflussen und auf unsere Seite ziehen. Diese Szenen sind spannend inszeniert und lassen uns schon einmal länger über unser weiteres Vorgehen grübeln, zumal uns die Entscheidungen im späteren Verlauf der Geschichte vor echte moralische Dilemmas stellen.

Ab und zu bietet Triangle Strategy auch kurze Szenen, in denen wir uns frei in einem recht kleinen, abgegrenzten Gebiet wie einem Dorf oder unserem Feldlager bewegen und mit den Bewohnern und unseren Mitstreitern plaudern können. Hier finden wir auch versteckte Gegenstände und können bei Händlern unseren Vorrat an Heiltränken und ähnlichen Gegenständen auffüllen. In jedem Kapitel des Spiels, das jeweils mit einem regulären großen Taktik-Scharmützel aufwartet, findet sich zudem ein beliebig oft wiederholbarer Trainings-Kampf, mit dem wir in den Erfahrungsleveln zurückgebliebenen Charakteren helfen können, wieder Anschluss an den Rest unserer Truppe zu finden.

Geschrieben von Markus Schoenenborn

Fazit:

Tactics Ogre und Final Fantasy Tactics gehören zu meinen absoluten Lieblingsspielen, dementsprechend war ich sehr gespannt auf Triangle Strategy. Das Team rund um Tomoya Asano konnte mich schon mit Bravely Default II und Octopath Traveler begeistern, die ich trotz kleiner Schwächen sehr gerne gespielt habe. Triangle Strategy ist für mich jedoch bisher das beste Spiel der japanischen Entwickler. Die schicke HD-2D-Grafik sieht auch hier toll aus und passt wunderbar zu den isometrischen Taktikgefechten. Zwar hat das Spiel nicht ganz so viel Tiefgang bei der Charakterentwicklung wie die genannten großen Vorbilder, aber dafür sind die taktischen Schlachten, die ja auch das Herzstück eines jeden Strategie-Rollenspiels darstellen, herausfordernd und überraschen immer wieder mit interessanten Siegesbedingungen. Auch die sehr politische Geschichte mit seinen vielen Wendungen und wechselnden Allianzen ist toll in Szene gesetzt, auch wenn die Zwischensequenzen manchmal sehr ausladend und lang sind. Gerade am Anfang des Spiels ziehen sich die vielen Dialoge doch ein wenig in die Länge. Zwar kommt die Geschichte nach dem dritten Kapitel richtig in Fahrt und wird unglaublich spannend, aber etwas weniger Exposition wäre hier durchaus mehr gewesen. Abschließend kann ich sagen, dass Triangle Strategy schon jetzt für mich eines der besten Spiele des Jahres ist. Fans von Strategie-Rollenspielen können bedenkenlos zugreifen, aber auch angehende Hobby-Generäle, die sich von den langen Zwischensequenzen nicht abschrecken lassen, sollten unbedingt einen Blick riskieren. Grandios!