
Ultros – TEST
Schon mindestens einmal versuchte ein Videospiel Metroidvania-Elemente mit Rogue-like-Aspekten zu verbinden. Das polarisierende Ultros schlägt ähnliche Wege ein und schickt uns mit seiner visuellen Ausarbeitung darüber hinaus auf einen malerisch-psychedelischen Trip.
Eine Frau stürzt mit ihrem Raumschiff auf einem Planeten und erlebt dort immer und immer wieder dieselbe Zeitschleife. Was im ersten Moment wie die Geschichte vom PlayStation-5-Action-Feuerwerk Returnal klingt, lässt sich auch auf die Story von Ultros übertragen. Auch wenn die Handlung zunächst abgekupfert klingt, setzt sie mit der Zeit ganz eigene Akzente. Beispielsweise entpuppt sich der Planet als riesiger Uterus, der durch den Weltraum schwebt. In diesem Uterus wächst das titelgebende Geschöpf heran, was die namenlose Protagonistin unter allen Umständen verhindern muss. Blöd nur, dass wir immer und immer wieder in eine Zeitschleife geraten und es aus dem ominösen Uterus offenbar kein Entkommen gibt.
Sowohl das ungewöhnliche Setting als auch die illustren Bewohner, die wie wir ebenfalls im Uterus gefangen sind, versprühen eine ungemeine Atmosphäre. Dem Spiel gelingt es allerdings nicht, uns mehr als ein paar Zeitschleifen am Stück bei Laune zu halten. Im Grunde ändert sich bei unseren Durchgängen nur wenig, was uns zunehmend langweilt. So qualitativ das Action-Adventure in anderer Hinsicht sein mag, so sehr dürfte es wie das offensichtliche Vorbild Returnal polarisieren. Könnt ihr mit dem Rogue-like-Aspekt nichts anfangen, werdet ihr auch an den im Grunde ziemlich gut gestalteten Metroidvania-Elementen kein Gefallen finden.
Makaberer, aber spaßiger Metroidvania-Kern
Kaum haben wir damit begonnen, den Uterus aus der zweidimensionalen Seitenansicht zu erkunden, finden wir auch schon unsere erste Waffe. Mit dem kurzschwertartigen Tantō können wir uns anschließend den uns feindlich gesinnten Lebensformen erwehren. Diese hinterlassen verschiedene Innereien, die wir aufsammeln und verspeisen dürfen – je abwechslungsreicher wir unsere Angriffsoptionen nutzen, desto hochwertiger fällt die Belohnung aus. Die ekligen Innereien heilen allerdings nicht nur unsere Wunden. Sie liefern auch überaus wichtige Nährstoffe, die wir zum Erlernen von verschiedenen Fähigkeiten brauchen.
An Speicherstationen können wir uns dann genau die Fähigkeiten aneignen, die uns am nützlichsten erscheinen. So entscheiden wir in Ultros ständig zwischen verbesserten Angriffsmanövern, besonderen Talenten wie das Anschleichen an Gegnern oder passiven Skills wie dem Anzeigen von pflanzlichen Fundorten. Hin und wieder finden wir auch einzigartige Items, die uns bestimmte Fähigkeiten verleihen, die wesentlich stärkeren Einfluss auf die Spielweltarchitektur haben. Hierzu zählt beispielsweise der Doppelsprung, mit dem wir sonst unerreichbare Plattformen erreichen können. Darüber hinaus legen wir uns in teils ausufernden Kämpfen mit makaberen Bossgegnern wie einem Riesenkäfer an, was ebenfalls noch etwas Spaß macht.
Audiovisuelle Reize
Sobald es in Ultros jedoch an vordefinierten Stellen dazu kommt, dass die Zeitschleife endet, verlieren wir nahezu alles. Zwar erinnern wir uns noch daran, wie die Welt aufgebaut ist, doch müssen wir uns jedes Mal aufs Neue die für uns wichtigen Dinge wie das Tantō oder Fähigkeiten wie den Doppelsprung zurückholen. Selbst die Fähigkeiten, die wir mühselig erlernt haben, müssen wir uns wieder einprägen – und das heißt Monster töten, Innereien essen, Speicherstationen aufsuchen und Fähigkeiten erlernen. Auf Dauer ist uns das schlicht zu mühselig. Dabei hätte der Titel, genauso wie im Jahr 2021 Returnal, ein richtig gutes Action-Adventure sein können. So konzentriert sich das Spiel viel zu stark auf die Rogue-like-Elemente, welche zudem die Progression mehrfach zunichtemachen.
Es tut uns in der Seele weh, dass wir so harsch über das Action-Adventure urteilen müssen, denn gerade audiovisuell ist das Spiel eine echte Wucht. Komponist Oscar Rydelius hat in diesem Spiel mit seinen bedachten Klängen vielleicht die beste Arbeit seines Lebens abgeliefert. Niklas Åkerblad, der bereits Hotline Miami seinen Stempel aufgedrückt hat, schickt uns in Ultros regelrecht auf einen psychedelischen Trip mit knallbunten Farben. Ob sich der Ausflug deswegen lohnt, hängt ganz davon ab, ob ihr Rogue-like-Elemente mögt oder nicht. Lasst im letzteren Fall die Finger von Ultros.
Geschrieben von Eric Ebelt
Fazit:
Lasst mich bitte direkt ehrlich zu euch sein: Hätte ich vorher gewusst, dass Ultros voller Rogue-like-Elemente steckt, hätte ich sehr wahrscheinlich die Finger vom Spiel gelassen. Schon Returnal aus dem Jahr 2021, an dem sich der Titel ganz klar orientiert, hat mir gezeigt, dass manche Spiele diesen Firlefanz einfach nicht brauchen. Ultros finde ich genau bis zu dem Moment, an dem die erste Zeitschleife endet, interessant. Danach verliere ich jeglichen Fortschritt, den ich mir mühselig erkauft habe. Sorry, aber mir macht das absolut keinen Spaß. Dass hat es bei Returnal nicht und auch Ultros vergrault mich mit jeder weiteren Zeitschleife immer mehr. Dennoch muss der Titel deshalb nicht gleich ein mieses Spiel sein. Gerade die audiovisuelle Qualität ist herausragend, auch wenn das Spiel selbst im Leistungsmodus selten flüssig läuft. Die versprochenen sechzig Bilder werden kaum bis gar nicht erreicht. Es macht mir trotz allem Spaß, mir die knallbunten Farben zu geben, während mich eine meist beruhigende Melodie berieselt. Am Ende dürfte das Spiel aber nur für jene Genrefans ein Hit sein, die sich auf Rogue-like-Elemente einlassen können. Wer ein faszinierendes Metroidvania-Werk erwartet, dürfte wie ich enttäuscht sein.