Monster Viator – TEST

Nach einer etwas längeren Durststrecke erschien im eShop der Nintendo Switch ein neues Rollenspiel aus dem Hause Kemco, das mehr als nur einen Blick wert ist. Im Retro-Gewand erleben wir erneut Abenteuer – dieses Mal Seite an Seite mit verschiedenen Monstern.


In Monster Viator schlüpfen wir in die Haut des titelgebenden Reisenden. Als zunächst namenloser Held ziehen wir wie für japanische Rollenspiele typisch durch eine Fantasy-Welt, erledigen in Dungeons ein Ungetüm nach dem anderen, sammeln Erfahrungspunkte und rüsten uns mit erbeutetem Gold mit neuen Waffen, Schilden und Ringen aus. Hinzu kommt, dass unser Held über die Gabe verfügt, bestimmte Monster zu bezirzen. Mehr als zwanzig dieser Wesen schließen sich uns im Verlauf der eher seichten Handlung an, in der wir einerseits neue Freunde wie die Hirtin Aira und andererseits Gegenspieler wie den dubiosen Prinzen Biscute kennenlernen.

Eine unserer ersten Aufgaben besteht darin, den Adligen durch einen Wald zu verfolgen, um ihm eine magische Harfe zu entlocken. Das verwickelt uns in immer neue Angelegenheiten, die die Story vorantreiben, die unter anderem den Gedächtnisverlust des Helden thematisieren. Anhand derlei Klischees lässt sich erkennen, dass Monster Viator mit der Handlung keinen Blumentopf gewinnt. Das macht aber nichts, da das Spiel in erster Linie mit seinem Gameplay überzeugen will. Diesen Spagat legt Monster Viator jedoch mit einer kleinen Bruchlandung hin, da das Rollenspiel an vielen Stellen sein Potenzial nicht voll und ganz ausspielen kann, was in Anbetracht der charmanten Optik äußerst bedauerlich ist.

In die Länge gezogenes Abenteuer

Dabei ist Monster Viator so vielversprechend, denn die ersten Zufallskämpfe laufen noch sehr flott ab. Wir pulverisieren Gegner mit verschiedenen Angriffsarten und werden mit Erfahrungspunkten für Stufenaufstiege und Goldmünzen belohnt. Neben den Einkäufen in den Läden können wir unser Geld auch in die Verbesserung von unserer Ausrüstung stecken. So etwas passiert in Rollenspielen aus dem Hause Kemco zwar häufig, führt in Monster Viator aber nur zu unnötigem Grinden, um die Ausrüstung bis zum maximalen Wert zu verbessern. Allerdings hilft das auf Dauer auch nicht viel, denn gelegentlich treffen wir in den Dungeons auf Gegner, die selbst mit der zum jeweiligen Zeitpunkt besten verfügbaren Waffe und Rüstung einfach viel zu mächtig sind.

In Anbetracht dessen, dass wir über das Menü jederzeit den eShop aufrufen dürfen, um für echtes Geld beispielsweise einen dreifachen Erfahrungspunkte-Multiplikator zu erwerben, sorgt das für einen sehr, sehr bitteren Beigeschmack. Ohne die kostenpflichtigen Zusatzinhalte wird Monster Viator nur unnötig in die Länge gezogen, wobei es eine so knackige Spielerfahrung hätte sein können. Wer damit kein Problem hat, kommt aufgrund der autark agierender Monster, die den Helden im Kampf unterstützen können, dennoch in den Genuss von abwechslungsreichen Kämpfen, die dank unterschiedlicher Fähigkeiten sämtlicher Akteure ordentlich zum Experimentieren einladen.

Retro-Spaß mit Einschränkungen

Wer schon einmal ein Rollenspiel aus der 16-Bit-Zeit gespielt hat, wird sich in Monster Viator sofort heimisch fühlen. So bewegen wir die Gruppe aus der leicht versetzen Vogelperspektive durch Wälder, Höhlen und Städte. Die Bedienung geht dabei kinderleicht von der Hand. Nur das Geräusch, das auf Knopfdruck stets ertönt, wenn wir etwas untersuchen wollen, ist in puncto Steuerung ein kleines Ärgernis, da es uns immer wieder aus der Atmosphäre reißt. In technischer Hinsicht ist Monster Viator ähnlich wie das ebenfalls von Kemco veröffentlichte Legend of the Tetrarchs aufgebaut. So überzeugen vor allem die Umgebungen und auch die Charaktermodelle mit ihrem verspielten Pixel-Look und erinnern dabei an Klassiker wie zum Beispiel Trials of Mana.

Hinzu kommen charmant designte Sprechblasen, die denen aus dem ersten Teil der Romancing-Saga-Reihe ähneln. Dieses Potpourri der Erinnerungen fällt vor allem älteren Rollenspielern auf, während jüngere oder mit den Genre nicht ganz so vertraute Interessierten sich einfach nur an der tollen Retro-Grafik erfreuen. Auch wenn der Soundtrack nicht ganz so überragend komponiert ist, sind die Melodien dennoch zufriedenstellend und untermauern das Geschehen passend. Obwohl Monster Viator in dieser Form ein passables Rollenspiel geworden ist, sollte der Kauf aufgrund der sehr fragwürdigen Politik bezüglich kostenpflichtiger Zusatzinhalte zweimal überlegt werden. Diese fallen einfach zu negativ auf.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Monster Viator ist in meinen Augen ein angenehmes Rollenspiel geworden, das allerdings mit Problemen zu kämpfen hat, die sich der Publisher aber durchaus bewusst sein muss. Einmal mehr fällt auf, dass vor allem die kostenpflichtigen Zusatzinhalte den Spielfluss ausbremsen. Das Rollenspiel hätte eine sehr knackige Spielerfahrung werden können, die aber in dieser Form mit zu vielen Zufallskämpfen und teilweise sogar mit viel zu starken Monstern, die selbst mit der besten Ausrüstung kaum bis gar nicht zu besiegen sind, ordentlich in die Länge gezogen wird. Wer frustresistent ist oder es ohnehin mag, Erfahrungspunkten stundenlang hinterherzujagen, dürfte damit aber kein Problem haben. Neben der mauen Handlung bleibt so immerhin noch ein sehr verspielter Pixel-Look, der vor allem Fans von 16-Bit-Rollenspielen an so mancher Stelle verzaubern dürfte. Wer jedoch lediglich mal ein Spiel aus dem Hause Kemco ausprobieren möchte, sollte lieber zu Alternativen wie Monochrome Order greifen, deren Konzept deutlich durchdachter und somit wesentlich besser spielbar sind.