Xenoblade Chronicles: Definitive Edition – TEST
Bis heute zählt Xenoblade Chronicles als eines der besten japanischen Rollenspiele der letzten zehn Jahre. Ursprünglich für die Nintendo Wii erschienen und später als Xenoblade Chronicles 3D für den New Nintendo 3DS portiert, haben Nintendo und Entwickler Monolith Soft dem JRPG-Meisterwerk eine Switch-Umsetzung als Xenoblade Chronicles: Definitive Edition spendiert. Neben grafischer Verbesserungen inklusive komplett neuem Epilog.
Xenoblade Chronicles ist in Europa 2011 als eines der letzten großen Spiele für die Nintendo Wii erschienen und hat mit Xenoblade Chronicles X und Xenoblade Chronicles 2 zwei Fortsetzungen erhalten. Als Definitive Edition für Switch neuaufgelegt, beweist das grafisch aufgehübschte Rollenspiel, dass es in den letzten gut neun Jahren nichts von seiner Faszination verloren hat. Der Kampf zwischen den Lebewesen von Bionis und den Mechons schafft es auch heute noch zu fesseln und erstrahlt dank Frischzellenkur und neuer Inhalte in der bisher wohl besten Version.
Definitive Chroniken
Gleich vorweg sei gesagt, dass Xenoblade Chronicles: Definitiv Edition sichtlich aufgehübscht wurde. Nicht nur kommt das Rollenspiel erstmals in HD-Grafiken daher, sondern Umgebungen und Charaktere wurden auch sichtlich überarbeitet. Zeitgemäß ist die Optik dadurch aber nicht, schließlich handelt es sich um kein Remake, sondern um ein Remaster. Entsprechend ist das Alter teils noch immer zu sehen. Matschige Texturen, hölzerne – wenn auch deutlich verbesserte – Mimik und Gestik oder klobige Finger weisen auf die Herkunft von Xenoblade Chronicles hin. Negativ fällt das aber nicht auf, da das Rollenspiel durch seine Szenerien, den Stil und seine Atmosphäre jederzeit zu faszinieren weiß und damit leicht über optische Mängel hinwegtäusche kann. Besonders Kenner des Originals dürften von den Verbesserungen begeistert sein und erkennen, dass Xenoblade Chronicles nie hübscher war.
Damit aber nicht genug, hat Monolith Soft auch Menü und HUD positiv überarbeitet. Die wundervolle Musikuntermaltung wurde teilweise neuarrangiert, wodurch die schönen Lieder in nie dagewesener Qualität erklingen. Wahlweise dürfen wir aber jederzeit zum Originalton wechseln. Neben optionalen Schwierigkeitsgradanpassungen, die gleichzeitig Einfluss auf den Komfort haben, ist die wohl größte Neuerung der komplett neue Epilog „Die verbundene Zukunft“. Das zusätzliche Storykapitel knüpft an das Hauptspiel an und führt uns in ein neues Abenteuer, das zwar etwas entschlackt ist, als Epilog aber alle Wünsche erfüllt. Wer Xenoblade Chronicles bereits kennt, darf sogar direkt über das Hauptmenü mit „Die verbundene Zukunft“ starten. Alle anderen sollten jedoch erst das Hauptspiel beenden, da der Epilog logischerweise Spoiler zum Ende von Xenoblade Chronicles enthält.
Episches Abenteuer
So viel zur Definitive Edition, aber nicht alle haben Xenoblade Chronicles bereits gespielt. Die epische Geschichte beginnt mit dem Kampf zwischen den Titanen Bionis und Mechonis, die verletzt innehalten und erstarren. Lange Zeit später ist auf Bionis biologisches und auf Mechonis mechanisches Leben entstanden. Als Einführung werden wir in den ersten Spielminuten in die große Schlacht zwischen den menschenähnlichen Homs und den mechanischen Mechon geworfen. Hier lernen wir die Grundlagen des Kampfes. Anschließend geht es ein Jahr später mit Protagonist Shulk weiter. Wir verbringen einige Zeit mit ihm und seinen Freunden Reyn und Fiora in Kolonie 9, wodurch wir die gutgeschriebenen Charaktere kennenlernen. Ein plötzlicher Angriff der Mechon ändert alles und Shulk beschließt mit Reyn auf einen Rachefeldzug zu gehen, um die Mechon endgültig auszurotten. Dafür ergreift er das Monado, das einzige Schwert, das Mechon Schaden zufügen kann.
Natürlich bleibt es im Laufe des Abenteuers nicht bei dieser groben Ausgangslage. Wir bekommen es mit Gesichtsmechon, die immun gegen das Monado sind, zu tun, lernen weitere Kameraden kennen und tauchen immer tiefer in die Wirren des Krieges ein. Dabei lüften wir einige Geheimnisse und erleben Wendungen, die deutlichen Einfluss auf die Charaktere haben. Die spannende, umfangreiche Geschichte von Xenoblade Chronicles gehört mit zum Besten, was das Genre jemals hervorgebracht hat. Neben der fesselnden Erzählweise, die auch unter der manchmal angestaubten Inszenierung nicht leidet, sind es vor allem die vielschichtigen, glaubhaften Charaktere, die großen Anteil an der Story haben. Allein aufgrund der Handlung ist es Xenoblade Chronicles bereits wert erlebt zu werden.
Herausfordernd & Faszinierend
Das ist aber nicht alles. Xenoblade Chronicles schafft es zusätzlich mit einem hervorragend ineinandergreifenden Spielerlebnis zu motivieren. Erstklassiges Leveldesign, das mal lineare, mal weitläufige Gebiete wunderbar aneinanderreiht, geht Hand in Hand mit spannenden, herausfordernden Kämpfen sowie interessanten, wenn auch manchmal simplen Nebenquests. Damit schafft es das japanische Rollenspiel früh im Spiel zu fesseln und zu zeigen, wie viel Zeit wir in der Welt von Xenoblade Chronicles verbringen können.
Bei den Kämpfen setzen die Entwickler von Monolith Soft auf ein an Online-Rollenspiele erinnerndes Echtzeitsystem. Beginnt eine Konfrontation mit der Flora und Fauna oder den Mechon, greift der von uns direkt gesteuerte Anführer unserer dreier Gruppe automatisch mit Standardattacken an. Zusätzlich wählen wir Spezialaktionen aus und achten dabei auf mögliche Vorteile. Strauchelt ein Gegner etwa, versuchen wir ihn mit dem richtigen Angriff umzuwerfen. Oder wir positionieren uns in der Flanke oder Hinter einem Feind, um zusätzlichen Schaden zu machen. Unsere beiden aktiven Begleiter unterstützen uns dabei meist recht intelligent. Zusätzlich dürfen wir ihnen aufhelfen, wenn sie am Boden liegen oder per Knopfdruck im richtigen Moment zurufen, um ihren Mut zu erhöhen. Dadurch erhält das Kampfsystem angenehmen Tiefgang.
Ist unsere Gruppenleiste komplett aufgeladen, dürfen wir außerdem Kettenangriffe starten und so mehrere Aktionen unserer kämpfenden Charakteren aneinanderreihen. Im besten Fall beharken wir unsere Feinde mit zahlreichen Attacken und fügen so enormen Schaden zu. Allerdings müssen wir aufpassen, da die Gruppenleiste auch für die Wiederbelebung gefallener Gefährten genutzt wird. Auf Heiltränke oder ähnliches wird in Xenoblade Chronicles gänzlich verzichtet. Bedauerlich ist, dass gefallene Gruppenmitglieder nicht gegen inaktive, die nicht am Kampf teilnehmen ausgetauscht werden können. Immerhin erhalten unsere nicht aktiven Gefährten ebenfalls Erfahrungspunkte.
Grinding, Aufwertung & neue Modi
Eine der größten Schwächen von Xenoblade Chronicles ist das notwendige Grinding. Irgendwann sind wir gezwungen zahllose Gegner zu bekämpfen, um Aufzuleveln und so irgendwann weiterzukommen. Das mag die späteren Kämpfe herausfordernder machen, sorgt aber auch dafür, dass sich das Abenteuer mitunter in die Länge ziehen kann. Dieses Umstandes bewusst, haben die Entwickler der Definitive Edition den gemütlichen Modus spendiert. Aktivieren wir diesen, wird der Schwierigkeitsgrad etwas gesenkt und das lange Grinding fällt wesentlich humaner und akzeptabler aus. Zu leicht wird Xenoblade Chronicles dadurch aber nicht. Passen wir nicht auf und umgehen Feinde, kann es schnell passieren, dass wir wieder gezwungen sind gezielt aufzuleveln. Wer es etwas schwerer möchte, kann im Gegenzug den Expertenmodus aktivieren. Statt eines höheren Schwierigkeitsgrades handelt es sich hierbei jedoch lediglich um die Möglichkeit außerhalb von Kämpfen gesammelte Erfahrungspunkte charaktergebunden zu sammeln und später für Levelaufstiege einzusetzen. Damit umgehen wir die Gefahr deutlich stärker zu sein als unsere Gegner.
Neben Erfahrungspunkten sammeln wir außerdem Talentpunkte, die automatisch auf den ausgewählten Talentbaum angewendet werden. Hier erlernen wir neue Talente, die uns Vorteile bringen. Je nach Harmoniestufe mit unseren Gefährten, die wir durch gemeinsames Kämpfen, erfüllen von Nebenquests oder führen von Harmoniegesprächen steigern, dürfen wir außerdem bis zu fünf Talente der anderen Gruppenmitglieder wählen. Bezahlt werden diese mit Harmoniemünzen, die wir etwa durch Levelaufstiege verdienen. Technikpunkte hingegen investieren wir direkt in unsere Techniken, die wir im Kampf einsetzen können. Ganz Rollenspiel, dürfen Ausrüstungsgegenstände in Xenoblade Chronicles natürlich nicht fehlen. Davon erhalten wir zahlreiche, so dass wir regelmäßig schauen, ob nicht ein besseres Kleidungsstück oder eine stärkere Waffe in unserem Inventar ist. Zusätzlich dürfen wir Ausrüstung mit Juwelen ausstatten, die weitere Boni gewähren. Juwelen können wir entweder in Kolonie 9 oder sobald wir die mobile Schmiede haben im Menü aus Kristallen und Zylindern geschmiedet werden.
Beschäftigungen & Beziehungen
Abseits der Story und zahlreicher Nebenquests, dürfen wir uns im Laufe des Spiels um den Aufbau einer Stadt kümmern oder nehmen direkten Einfluss auf die Beziehungen der Bewohner der Gebiete. In den Umgebungen der Welt treffen wir regelmäßig auf Nicht-Spieler-Charaktere mit Namen. Jeder von ihnen wir im Harmoniediagramm eingetragen. Durch Gespräche oder Nebenquests entdecken wir Verbindungen zwischen unterschiedlichen Personen oder verändern diese sowohl positiv als auch negativ. Dank des dynamischen Tag-Nacht-Zyklus haben die Bewohner sogar einen Tagesablauf, so dass wir sie nur zu bestimmten Zeit treffen können oder sie ihre Position ändern. Mit der Zeit wächst dadurch auch unser Ruf in den jeweiligen Regionen der Welt. Damit nicht genug, verbessert sich auch die Bindung unserer Gruppenmitglieder untereinander. Wie bereits erwähnt, hat das direkten Einfluss auf das Spiel selbst. So können sich gut verstehende Gefährten beispielsweise längere Kettenangriffe durchführen.
Hier zeigt sich wie umfangreich und tiefgehend Xenoblade Chronicles wirklich ist und wie viel Spielzeit in dem Rollenspiel stecken kann. Wer alles entdecken möchte, ist allein mit dem Hauptspiel gut hundert Stunden oder mehr beschäftigt. Dazu gesellt sich der neue Epilog, der zwar überschaubarer ausfällt, aber die Spielzeit noch einmal spürbar anhebt. Die wenigen Schwächen wie das Grinding oder kleinere grafische Mängel lassen sich angesichts des Rollenspiel-Meisterwerks, das Xenoblade Chronicles ist, locker verschmerzen. Die Definitive Edition zeigt zudem wie ein Remaster auszusehen hat und ist nicht nur eine exzellente Switch-Portierung, sondern die beste Version des JRPGs.
Geschrieben von Alexander Geisler
Fazit:
Seit der Veröffentlichung auf der Wii gehört Xenoblade Chronicles zu meinen liebsten japanischen Rollenspielen und ist bis heute einer meiner Favoriten für die Konsole. Xenoblade Chronicles: Definitive Edition beweist, dass das JRPG bis heute nichts von seiner Faszination verloren hat. Eine spannende Geschichte, vielschichtige, gut geschriebene Charaktere und abwechslungsreiches, motivierendes Gameplay garantieren auch ein Jahrzehnt nach der Erstveröffentlichung in Japan ein Rollenspiel-Meisterwerk, das in seiner bisher besten Version erstrahlt. Aufgehübschte Optik, neuarrangierter Soundtrack, überarbeitete Menüs und HUDs sowie neue Inhalte zeigen wie hervorragend eine Definitive Edition sein kann. Dank des neuen Epilogs erhalten alle, die das Original bereits kennen, eine lohnende neue Geschichte, die sich sehr gut an das Hauptspiel anfügt. Damit übertrumpft Xenoblade Chronicles: Definitive Edition nicht nur das ebenfalls sehr gute Xenoblade Chronicles 2, sondern ist auch ein heißer Anwärter auf den Genre-Thron auf der Switch.