Conscript – TEST
Immer mehr Spiele erlauben es uns den Schrecken des ersten Weltkrieges nachzuerleben. Den unmenschlichen Konflikt zwischen 1914 und 1918 können natürlich keine Medien der Welt nachbilden, Conscript fängt die Stimmung aber sehr gut ein.
Einige Survival-Horror-Spiele aus dem Indie-Sektor machen sich in der letzten Zeit einen Namen. Sei es Weltraumhorror mit Signalis, Crow Country mit seiner PlayStation-One-Optik oder nun Conscript, das im ersten Weltkrieg angesiedelt ist. Das Spiel versetzt uns als französischer Soldat namens Andre Hiver in einen Schützengraben der Deutsch-Französischen-Front, um die Dampfwalze der Armee des damaligen Deutschen Kaiserreichs abzuwehren. Der Konflikt war unglaublich brutal und wurde von Krankheiten, Rattenplagen und neuen Waffentechniken wie Giftgas und Flammenwerfern geprägt. Diese schockierenden Elemente werden auch spielerisch sehr gut eingebunden.
Resident Evil im letzten Jahrtausend
Im Grunde handelt es sich bei Conscript um einen sehr klassischen Vertreter des Survival-Horror-Genres. Inspiriert von allen großen Namen des Genres, ist das Endergebnis eine Mixtur, die mal besser, mal schlechter funktioniert. Aus einer angeschrägten Draufsicht schleichen und kämpfen wir uns mit Andre durch Schützengräben, erkunden Bunkeranlagen und gelangen auch in Gebiete hinter der Front. Dabei fallen die vielen verschlossenen Türen auf, genauso wie die vielen Hindernisse, die nur durch richtige Schlüssel oder Item-Kombinationen gelöst werden. Wie in Resident Evil erschließen wir Stück für Stück die einzelnen Gebiete, erleiden teils längere Backtracking-Passagen und schalten netterweise ab und zu Abkürzungen frei. Die matschig-grauen Gräben und Tunnel sehen leider alle sehr ähnlich aus und sind wirklich weitreichend, sodass der Blick auf die Karte alle Augenblicke zur Routine wird. Die Karte ist wirklich hilfreich, noch hilfreicher wären aber bessere Landmarks im Leveldesign.
Ebenfalls aus Resident Evil kennen wir die Speicherräume samt Inventarbox, Händler und Speicherort, an dem wir Tinte zum Sichern unseres Fortschritts einsetzen müssen. Der Händler hat ein überraschend breites Angebot an Waren, die wir teils auch in der Spielwelt finden. Die Waffen, Heilgegenständen und permanente (teure) Upgrades kosten Zigaretten, die als Währung in Conscript herhält. Ein seichtes Crafting von Munition und besseren Heilgegenständen darf natürlich auch nicht fehlen.
Brutale Kämpfe
In den Gebieten arbeiten wir uns nur wirklich langsam voran, das liegt an den Feinden, die gehörigen Schaden austeilen. Die deutschen Soldaten stürmen mit Klappspaten im Nahkampf auf uns zu oder nutzen unterschiedliche Fernkampfwaffen. Schnell sollten wir den Soldatentyp ausmachen, um unsere beste Strategie zu wählen. Denn unsere Munition ist knapp und einfach drauflosschießen bringt selten einen Erfolg. Zum einen, weil die meisten Gewehre nach jedem Schuss per Tastenknopf von ihrer leeren Patronenhülse befreit werden müssen und Dauerfeuer damit keine Option ist, und zum anderen, weil die Schussgenauigkeit in Conscript alles andere als genau ist. Zunächst legen wir mit einer Schultertasten an, anschließend schließt sich langsam ein Fadenkreuz und ermöglicht das genauere Zielen, aber leider lässt sich das Fadenkreuz nur in den Acht-Wege-Richtungen wie zu SNES-Zeiten ausrichten, sodass wir stets am Neupositionieren sind. Das methodische und langsame Kampfsystem ist eigentlich sehr passend, viele Fehlschüsse, unklares Trefferfeedback und massiven Schaden, den die Gegner austeilen, frustrieren aber alsbald. Nach dem Tod geht es am letzten Speicherpunkt weiter.
Dazwischen wartet auf uns noch eine gehörige Ladezeit. Das Spiel sieht mit seinem Pixel-Look fein aus und sicherlich ist die Nintendo Switch am Ende ihrer Lebenszeit angekommen, dennoch MUSS ein Spiel dieser Art besser für die Plattform optimiert sein – das ist keine Frage der technischen Kapazität der Plattform. So werden wir durch die langen Ladezeiten auch abgeschreckt Risiken einzugehen, weil das Gewarte länger dauert als die Laufwege.
Das Spiel hat noch mehr Inspirationen. Kleinere Rätsel geben uns Nahaufnahmen, die an Silent Hill erinnern, der viel zu kurze Ausdauerbalken und die Möglichkeiten Ölpfützen zu legen und Anzuzünden erinnern aber stark an The Evil Within. Das benötigt zwei Items im begrenzten Inventar, ist aber der beste Weg, um die dackelgroßen Ratten loszubekommen, die sich nach einiger Zeit über die Leichen der Gegner hermachen. Sie sind schnell, schwer zu treffen und sorgen bei uns für echte Panik, wenn wir mit einem Rundel Pest-Ratten im Schlepptau durch die Gräben rennen und kein Versteck in Reichweite ist. Umso größer ist die Entspannung im nächsten Speicherraum. Solche Momente hat das Spiel leider zu wenige.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
In seinen besten Momenten sorgt Conscript für eine spannungsgeladene Survival-Horror-Erfahrung, die von mir Entscheidungsstärke und Ressourcen-Management erwarten. Leider wird diese Stärke stark verwässert von einer viel zu langen Spielzeit, dem ungenauen Kampfsystem und den zu langen Ladezeiten. Sehr gut gelungen ist das Setting, denn das reale Kriegsszenario lässt viele fiktive Horror-Schauplätze im Schatten stehen.