Tiny Metal – TEST
Rundenbasierte Strategie-Spiele haben heutzutage zwar nicht mehr den Stellenwert wie in früheren Zeiten, trotzdem gibt es noch genug Fans dieser Spiele. Tiny Metal schlägt genau in diese Kerbe und versucht diese Fans anzusprechen.
Es kommt nicht von ungefähr, dass das Spiel mit Advance Wars verglichen wird, die Entwickler von Area35 geben diese Inspiration auch offen zu. Im modernen aber fiktiven Setting bestreiten wir an der Seite vom Artemisier Nathan Gries rundenbasierte Taktik-Kämpfe und schieben unsere Einheiten auf dem digitalen Spielbrett geschickt umher, um den Komplott der invadierenden Armee aus Zipang Einhalt zu gebieten. Die Geschichte verbindet dabei die politischen Konflikte geschickt mit persönlichen Motivationen der Figuren ohne dabei zu ausführlich zu werden. Das motiviert stets zum Weiterspielen, auch dank der verspielt-kreativen Charakterdesigns vieler Figuren.
Das Gameplay-Gerüst funktioniert dabei im Kern sehr gut. In der Draufsicht versuchen wir unter Berücksichtigung von Terrain- und Einheiten-Typen unsere Soldaten wie Fahrzeuge geschickt zu positionieren und in den Kampf zu schicken. Jede Einheit bringt besondere Fähigkeiten mit sich, die auch alle während eines Kampfes gefordert werden. Neben bekanntem wie leichten und schweren Panzern, Artillerie und Kampfhubschraubern gibt es auch frische Konzepte wie die Scharfschützen oder Aufklärungsflugzeuge. Infanteristen zum Beispiel können gepanzerten Fahrzeugen nichts anhaben, sind dafür aber besonderes mobil und kapern Gebäude. Zu Beginn jeder Runde erhalten wir Geldmittel in Höhe unserer besetzten Gebäude, mit denen wir in Fabriken neue Einheiten aufbauen – so schwerer die Kriegsmaschinerie so tiefer müssen wir natürlich in die Tasche greifen.
Unmotivierte Soldaten
Kommt es zum Kampf, können wir dem Scharmützel in netten Animationen beiwohnen. Wichtiger sind allerdings die Prozentangaben des ausgeteilten Schadens davor, die uns verraten, ob sich der Kampf überhaupt lohnt oder nicht. Auch wenn sich Tiny Metal an vielen Stellen fast schon zu sehr an bekannten Strategie-Größen bedient, haben die Entwickler dem runden- und raster-basierten Strategiespiel-Genre ein paar neue Facetten spendiert. Vor dem Angriff können wir mit dem Befehl „Ansturm“ Gegner von ihrer aktuellen Position verdrängen und durch die „Zielerfassung“ dürfen wir das Feuer von zwei oder mehr Einheiten gleichzeitig auf einen Gegner konzentrieren. Leider müssen wir für den Sieg selten unser gesamtes Repertoire an geistigen und materiellen Fähigkeiten nutzen, denn dafür fordert uns Tiny Metal viel zu selten. Auch im letzten Spielabschnitt sind wir durch Massen an Gebäuden und Truppen in der Überzahl und teilweise hat die künstliche Intelligenz des Gegners selbst kein Interesse am Sieg. Erst nach Beenden der Kampagne schalten wir den schweren Modus frei, der die bekannten Missionen etwas fordernder gestaltet. Der Multiplayer-Modus gegen echte Menschen könnte hier Abhilfe schaffen, dieser muss zum Testzeitpunkt allerdings noch nachgereicht werden.
In der Kampagne werden wir leider auch immer mit denselben Siegesbedingungen konfrontiert. Entweder müssen wir alle Gegner besiegen oder das gegischte Hauptquartier einnehmen – und das ganze dazu noch auf den immer selben Karten-Typen, die visuell und fürs Gameplay keine spürbare Abwechslung bieten können. Damit spielt sich jede Runde im Ansatz gleich. Auch Kämpfe gegen mehr als einen Computer-Gegner gibt es nicht, diese und viele weitere vorgebaute Karten gibt es im Gefecht-Modus, der durchaus spaßig ist und uns auch nach Abschluss der Geschichte gut unterhalten hat.
Sabotage auf dem Schlachtfeld
Die Switch-Version des Spiels hat dagegen noch mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. Sowohl im Handheld- als auch im TV-Modus ist die Manövrierung der Figuren etwas träge und mit Verzögerungen verbunden. Unregelmäßige Totalabstürze aus dem heiteren Himmel deuten ebenfalls auf eine unglückliche Optimierung des Spiels auf der Nintendo Switch hin – glücklicherweise speichert das Spiel regelmäßig ab. Das Spiel ist auf Deutsch spielbar, viele unschöne Interface-Elemente und Englische Textreste bestätigen aber den Eindruck der schnellen und unsauberen Übersetzung. Tiny Metal bleibt dabei aber immer spielbar und macht auch richtig Spaß, denn die Grundlagen funktionieren. Gleichzeitig führt uns das Spiel aber immer sein verschenktes Potential vor Augen.
Geschrieben von Jonas Maier
Fazit:
Tiny Metal hat auf der Nintendo Switch einige technische Probleme. Das ist umso schade, da das Kern-Gameplay funktioniert und mich richtig gut unterhalten hat – bis das Spiel wieder einfriert oder mir die Illusion eines spannenden Matches durch die teils unfähige Gegner-Intelligenz zerstört wurde. Auch was die Abwechslung auf dem Schlachtfeld angeht, beweist Tiny Metal unfreiwillig, dass Advance Wars eben mehr ausmacht, als nur rundenbasierte Taktik-Kämpfe im modernen Militär-Setting. Die Zielsetzungen jeder Mission sind zu abwechslungsarm, ebenso wie die Umgebungsarten. Spaß macht das Spiel aber dennoch allemal.