Angels of Death – TEST

Noch vor der Erstveröffentlichung von Angels of Death im Jahr 2016 wurde eine bis heute laufende Manga-Serie in Auftrag gegeben. Rechtzeitig zur Ausstrahlung des Animes wurde im Juni 2018 auch die ebenso gelungene Switch-Fassung von Angels of Death nachgereicht.


In Angels of Death schlüpft der Spieler in die Rolle der dreizehnjährigen Rachel Gardner, die in einem ihr unbekannten und unterirdischen Gebäude erwacht. Dieses scheint zunächst menschenleer zu sein, mit der Zeit trifft sie jedoch auf die unterschiedlichsten Gestalten. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Mörder, einer auf jeder Ebene des Gebäudes. Die Mordlustigen trachten nach ihrem Leben und so würde der Schluss nahe liegen, dass es sich bei Angels of Death um ein Survival-Horror-Spiel handelt. Dies ist allerdings nicht der Fall, denn obwohl Horror-Elemente durchweg vorhanden sind, entpuppt sich der Titel als ein monolog- und dialoggetriebenes Abenteuer.

Dementsprechend liegt der Fokus der Erzählweise auf zwischenmenschlichen Gesprächen und dem inneren Konflikt verschiedener Figuren. Beispielsweise wünscht sich Rachel relativ früh im Spiel, dass sie von ihrem Verbündeten Isaac Foster umgebracht wird, sofern sie ihn aus dem Verlies befreit, aus dem es zu entkommen gilt. Wie sie zu diesem Entschluss kommt und wie Isaac mit diesem Angebot umgeht, ist angenehm bis solide erzählt. Wer über gute Englischkenntnisse verfügt, kann schnell in die Spielwelt abtauchen und die Story genießen. Ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass so mancher Hinweis erst auf dem Bildschirm erscheint, wenn mehrfach mit Objekten und Figuren interagiert wird.

Gelegentliche Designschnitzer

Angels of Death spielt in einer sehr klaustrophobischen Spielwelt, aus der es zunächst kein Entkommen zu geben scheint. Da der Spielverlauf sehr linear ausfällt und sämtliche Gebiete, die der Reihe nach abgeklappert werden, ebenfalls nicht sehr weitläufig sind, ist es im Spiel kaum möglich, einen Hinweis zu übersehen. Der Spieler untersucht die Areale nach versteckten Gegenständen ab, die er zwar selten miteinander kombinieren darf, jedoch umso mehr im mysteriösen Gebäude an der richtigen Stelle einsetzen muss. In der Regel verläuft der Einsatz von Objekten direkt über das Menü – das Spiel ist in dieser Disziplin aber nicht konsequent genug.

An einer Stelle müssen unter Zeitdruck beispielsweise kleine Gewichte und ein gleichschwerer Gegenstand auf zwei Waagschalen tariert werden, um ein Rätsel zu lösen. Wer hier auf die naheliegende Idee kommt, die Gewichte im Menü auszuwählen, da das Spiel einem die Funktion so auch beibringt, liegt falsch. Stattdessen öffnet sich bei der normalen Interaktion mit der Waage ein Untermenü, bei dem die Items ausgewählt werden können. Im Normfall ist solch ein Designschnitzer nicht der Rede wert, doch da der Spieler öfters unter Zeitdruck handeln muss, zum Beispiel um vor einem Mörder davonlaufen, sorgt dies hier und da für unnötigen Frust. Dieser Makel hätte bei der Qualitätssicherung definitiv auffallen müssen.

Außergewöhnliche ‚Programmieroberfläche’

Obwohl der Titel auf Kämpfe verzichtet, sind Game-Over-Bildschirme dennoch ein Teil der Spielerfahrung. Kommt es zu einer Situation auf Leben und Tod, gewährt Angels of Death dem Spieler praktischerweise im richtigen Moment die Option zum Speichern. Außerhalb dieser brenzligen und zeitabhängigen Spielabschnitte ist das Speichern aber jederzeit möglich. An diesem Merkmal ist auch die RPG-Maker-Herkunft zu erkennen: Anstatt automatisch den letzten Speicherpunkt zu laden, um die Immersion aufrechtzuerhalten, wird der Umgang über den Titelbildschirm gewählt.

Optisch bietet das Spiel häufig eine durchschnittliche und selten ausgefallene Grafik. Auf den Editor als ‚Programmieroberfläche’ ist dieser Umstand jedoch nicht zurückzuführen, denn wer sich die Werke aus der RPG-Maker-Community anschaut, wird schnell erkennen, welches mächtige Werkzeug hinter der Software steckt. An der Atmosphäre kratzt die durchschnittliche Grafik jedoch nicht, denn besonders die Soundeffekte und ruhigeren Hintergrundklänge können das Spiel gut unterlegen. Lediglich manche repetitiven Stücke, die Lautstärke den Vorzug vor Komposition geben, sind fast schon eine Beleidigung für subtile und brachiale Ableger des Horror-Genres. Wen das nicht stört und wer eine gut erzählte Story mit facettenreichen Figuren erleben will, sollte dem Titel eine Chance geben.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Angels of Death erzählt die traurige Geschichte um Rachel Gardner, die in einem unterirdischen Gebäudekomplex erwacht, aus diesem schließlich entkommen will, aber relativ schnell die Entscheidung trifft, zu sterben. Die zum Teil ganz schön wendungsreiche und überraschende Geschichte nimmt schnell Fahrt auf und kann vor allem mit seinen facettenreichen Nebenfiguren durchweg überzeugen. Das zwiespältige Gameplay widersetzt sich der interessanten Handlung, da das Abenteuer sehr linear verläuft und alle Rätsel auch schnell gelöst werden können, sofern diese denn deutlich werden. Oft ist es so, dass die entscheidenden Hinweise erst dann auftauchen, wenn mehrfach mit einem Objekt oder einer Spielfigur interagiert wird. Dies erschwert das Lösen der Rätsel und zieht sie nur unnötig in die Länge. Grafisch und akustisch ist das Spiel gutes Mittelmaß, was aber nicht dem RPG Maker zugeschrieben werden kann, da mit diesem schon aufwendigere Werke entstanden sind. Wer Adventures im Horror-Szenario mag, sollte sich von den Defiziten aber nicht erschrecken lassen, denn unter der diskussionswürdigen Oberfläche befindet sich ein Spiel mit Herz.