Anna’s Quest – TEST

Daedalic Entertainment ist besonders bekannt für einige großartige Adventures wie Edna bricht aus, Harveys neue Augen, The Whispered World oder Deponia. Anna’s Quest, das erstmals 2015 für den PC und Ende Juni 2021 unter anderem für die Switch erschienen ist, kann gerade aufgrund altbackener Genre-Gepflogenheiten nicht mit den großen Namen des Publishers und Entwicklerstudios mithalten.


Anna ist ein unschuldiges und weltfremdes Mädchen. Noch nie hat sie den Bauernhof verlassen, auf dem sie mit ihrem Großvater lebt. Die Welt sei zu gefährlich für Anna. Als ihr Großvater jedoch erkrankt, begibt sich Anna auf eine Reise, um Medizin zu besorgen und wird sofort von einer Hexe entführt und in einen Turm gesperrt. Damit beginnt für Anna ein Abenteuer, dass nicht nur ihre Flucht und die Suche nach einem Heilmittel beinhaltet, sondern sich auch mit Freundschaft, dem Schicksal und der Bedeutung von diesem, Intrigen und dem Teufel beschäftigt. Trotz manchmal etwas gestreckter Handlungsabschnitte, einer zu blassen Protagonistin und einem Ende, dem die Puste ausgeht, gefällt uns die Geschichte von Anna’s Quest. Wir sind stets motiviert zu erfahren, wie das Advenutre weitergeht und welche Auflösung präsentiert wird. Zu verdanken ist das auch einigen gelungenen Figuren wie dem Teddybären Ben oder der Hexe Winfriede, die weitaus mehr überzeugen als die naive und viel zu freundliche Anna.

Klassisch und altbacken

Allerdings bleibt Anna’s Quest insgesamt eher durchschnittliche Genre-Koste. Neben der gestreckten, zwar gelungenen, aber nicht vollends überzeugenden Geschichte liegt das vor allem an den Rätseln. Wie in Point-and-Click-Adventures üblich, untersuchen wir überfüllte Umgebungen, sammeln zahlreiche Gegenstände ein, kombinieren diese miteinander und verwenden sie für die Lösung von Knobelaufgaben. Was in manchen Fällen noch nachvollziehbar und logisch ist, fällt viel zu oft in komplett an den Haaren herbeigezogenen Lösungen ab. Besonders nervig daran ist, dass häufig Gegenstände erst dann mitgenommen werden können, wenn wir sie direkt brauchen. Das führt dazu, dass eine Lösung, die erst nicht funktioniert, kurz darauf die Handlung voranbringt, wir aber nicht mehr darüber nachdenken. Schließlich haben wir das bereits versucht. Dass wir zudem noch komplett unsinnige Gegenstände miteinander kombinieren müssen, um Rätsel zu lösen, sorgt endgültig dafür, dass sich Anna’s Quest altbacken anfühlt. Was früher noch normal war, funktioniert heutzutage nur noch in Ausnahmefällen und wenn sich die unlogischen Aufgaben gut in die Spielwelt integrieren.

Die durch unnötiges Überlegen gestreckte Spielzeit fällt bei den sowieso schon ordentlichen gut fünfzehn Stunden um so mehr auf, weil wir viel zu oft festhängen oder von ausufernden Dialogen ausgebremst werden. Bei Letzteren fällt zudem auf, dass Anna’s Quest ausschließlich auf Englisch vertont ist. Gerade bei einem deutschen Publisher wie Daedalic Entertainment ist das unverständlich und wird von den Rechtschreib- und Grammatikfehlern in den Untertiteln nur noch mehr unterstrichen. Zudem sind die Dialoge nicht unbedingt brillant geschrieben, sondern eher ordentlich und funktional. Selbst der zu erwartende Wortwitz fällt eher mäßig aus. Dafür nutzt Anna’s Quest bekannte Märchen wie Hänsel und Gretel recht gekonnt, ohne diese ausufern zu lassen. Die allgemein märchenhafte Atmosphäre wird dadurch noch etwas unterstrichen und von der eher detailarmen, aber durchaus schicken Cartoon-Grafik unterstützt. Lediglich in manchen der wenigen Zwischensequenzen wirken die Charaktere zu ausdruckslos. Adventure-Fans mit einem Hang zu klassischen Genre-Vertretern können ruhig einen Blick wagen, finden aber auf der Switch auch bessere Alternativen wie einige der eingangs erwähnten Daedalic-Titel.

Geschrieben von Alexander Geisler

Fazit:

Anna’s Quest ist eines der wenigen Daedalic-Adventures, die ich auf dem PC noch nicht gespielt habe. Auf der Switch hatte ich nun Gelegenheit, diese Lücke zu füllen, aber gänzlich überzeugen kann mich das märchenhafte Abenteuer nicht. Die Geschichte ist durchaus spannend und interessant, hat einige gelungene Wendungen, zieht sich aber zeitweise zu stark und lässt gegen Ende spürbar nach. Dass zudem einige Handlungsstränge viel zu plötzlich enden und stattdessen unwichtigere Story-Elemente ausführlich behandelt werden, wirkt sich negativ auf den Gesamteindruck aus. Protagonistin Anna ist mir zudem etwas zu eindimensional naiv-freundlich. Da gefallen mir vielschichtigere Charaktere wie Teddybär Ben oder Hexe Winfriede deutlich besser. Zudem können mich weder die Dialoge noch die Rätsel komplett überzeugen. Anna’s Quest ist keineswegs ein schlechtes Spiel oder Adventure, aber in vielen Punkten einfach zu altbacken, besonders weil es auch auf der Switch deutlich bessere Genre-Vertreter gibt.