God Wars: The Complete Legend – TEST

Es war eine Mutter, die hatte drei Töchter und opferte eine davon einem Gott in einem Vulkan. So beginnt die mythologisierte Sage um viele Götter und besagte Mutter Tsukuyomi und ihre Töchter in God Wars: The Complete Legend, einem Strategie-Rollenspiel für Nintendo Switch.


God Wars ist eine schön erzählte Geschichte in Form eines Strategie-Rollenspiels. Wer also schon einmal UFO: Enemy Unknown, X-COM: Terror from the Deep, Tactics Ogre, Advance Wars, Fire Emblem oder Mario & Rabbids: Kingdom Battle gespielt hat, weiß ungefähr, was ihn hier erwartet. Ursprünglich erschien God Wars: Future Past im Jahr 2017 auf der PlayStation 4 und der PlayStation Vita, The Complete Legend ist die vollständige Version des Titels für die Switch, der sämtliche Inhalte beinhaltet, die seit dem Launch veröffentlicht wurden.

Ein japanischer Mythos

In der Region des Berges Fuji im Fantasy-Reich Mizuho soll eine Menschenopferung ein Tribut für einen Gott sein, der dadurch beruhigt wird. So wird uns zu Beginn die Opferung von Tsukuyomis Tochter Sakuya in einem animierten Comic-Stil gezeigt, was optisch schön, aber auch ziemlich gruselig ist. Das findet auch Kintarō, unser Protagonist, ein Krieger, der sich mit seinem Kriegerbären Kuma im ersten Abschnitt des Spiel das Ziel setzt, Menschenopfer zu verhindern. Dazu rettet er direkt in unserer ersten Mission die dritte Tochter von Tsukuyomi, nämlich seine Kindheitsfreundin Kaguya, aus ihrem Gefängnis, wo sie die letzten dreizehn Jahre seit der Opferung ihrer Schwester festgehalten wurde, um auf ihre eigene Opferung zu warten.

Nach einem Spielabschnitt ergeben sich auf wundersame Weise immer neue Aufgaben für unseren Helden, so dass uns nie langweilig wird und wir von einem Storyabschnitt zum nächsten kommen, der jeweils gute Gründe für die taktischen Kämpfe gibt, die das Hauptspiel ausmachen. Nach der Rettung zum Beispiel schließt sich die gerettete Kaguya Kintarō an und wir machen uns gemeinsam auf den Weg, ihre letzte verbliebene Schwester Iwanaga zu treffen. Diese kommt zwar nicht mit uns mit, schickt uns aber auf den Weg zu einer weisen Frau namens Hanasaka in Kagamihara, die uns erstmals das Ausmaß des einhundertstündigen Abenteuers andeutet, indem sie auf die beiden neben Fuji existierenden Gegenden Izumo und Hyūga mit ihren Herrschern Susanō und Amaterasu hinweist, die wir zu den Geschehnissen befragen sollten.

God Wars und seine Kämpfe umfassen das gesamte an Japan angelehnte Mizuho und wir reisen über die Spielzeit hinweg durch viele Örtlichkeiten. Etliches, allem voran die Götter und ihre mythologisierte Historie, ist natürlich fragwürdig, aber die Geschichte ist durchweg spannend in vertonten Textboxen erzählt und unterhält durch die Bank weg. Das Spiel ist komplett auf Englisch, lässt sich aber auch auf Japanisch umstellen. Hierbei ist zu erwähnen, dass nicht alle Sequenzen untertitelt sind, weshalb Englisch also die bessere Wahl ist für alle wäre, die nicht des Japanischen mächtig sind.

Taktische Raffinessen

Begonnen wird jede Schlacht mit der Positionierung unserer Charaktere im Startgebiet des Schlachtfeldes. Wir können hier auf begrenzter Fläche frei wählen, um Fernkämpfer und Unterstützer lieber nach hinten und Krieger und Nahkämpfer besser nach vorn zu positionieren. Sämtliche taktischen Ideen finden sich im Spielgeschehen wieder: Vom Vorteil, Gegner von oben oder von hinten anzugreifen, statt von unten oder von vorn, über die verschiedenen Eigenschaften von Nah- und Fernkampwaffen, die auf verschiedenem Untergrund besser oder schlechter wirken, bis hin zu einem Impurity-System, mit dem wir manche unserer Kämpfer zu favorisierten Angriffszielen für die Gegner bestimmen können. Eine isometrische Ansicht in verschiedenen Zoomstufen und acht Richtungen lässt uns in rundenbasierten Kämpfen unsere Helden auf die Gegner schicken, um das Ziel der Schlacht zu erreichen, was meist das Ausschalten aller Gegner ist, manchmal aber auch andere Varianten der Gegnerbekämpfung beinhaltet.

Hierbei kommen viele Fähigkeiten zum Tragen, denn jeder Charakter kann bis zu drei Berufe haben: einen Hauptberuf, einen Nebenberuf und einen einzigartigen Beruf. Ab dem sechsten Level zum Beispiel schaltet der Priester die Berufe Mönch und Shintōist frei, die wiederum neue Möglichkeiten bieten. Während der Hauptberuf die Waffenfähigkeiten entscheidet, wirken sich alle Berufe auf die Fähigkeiten aus. Die Fähigkeitspunkte können wir frei verteilen, wobei der Hauptberuf die meisten Punkte bekommt.

Schön an der Karte ist, das wir zwar unser nächstes Ziel direkt sehen, nicht selten jedoch auf dem Weg dorthin unterbrochen werden, um ein weiteres Scharmützel zu bestreiten, bevor es weitergeht. Das lockert die Vorhersehbarkeit etwas auf. Wir sind insgesamt nicht auf uns gestellt, sondern können in Kämpfen verdientes Geld für Hilfe ausgeben. Läden bieten uns die Möglichkeit, Gegenstände zu kaufen oder zu verkaufen, in Schreinen können wir durch eine Spende unseren nächsten Kampf vereinfachen oder schonmal bereiste Schlachtfelder ein weiteres Mal betreten. Freiheiten haben wir zudem in der Ausstattung unserer Charaktere, es gibt verschiedenste Waffen und Rüstungen neben Tränken und anderen Gegenständen, die uns Rollenspieler wie zu Hause fühlen lassen.

Drei Schwierigkeitsstufen bieten für jeden Spieler eine geeignete Option und alle neuen Möglichkeiten und Optionen werden uns nach und nach vom Spiel beigebracht, so dass wir nicht von Anfang an in einem Wirrwarr von Optionen herumirren müssen. Es gibt im Menü eine ausführliche Hilfe, die nicht nur die Spielmöglichkeiten erklärt, sondern auch sämtliche Charaktere, Orte und schon erlebte Story-Elementeerläutert. Wer also tief in die japanische Folklore einsteigen will, kann anhand der Erklärungen im Hilfe-Menü durchaus seine Bildung beginnen.

Geschrieben von Arne Ruddat

Fazit:

God Wars: The Complete Legend ist ein rundum gelungenes Strategie-Rollenspiel, das sich nicht hinter Fire Emblem zu verstecken braucht. Mir hat vor allem das ausführliche Menü mit den Hintergrundinformationen gefallen, wo sich sogar die bereits freigeschaltete Musik in einer Art Jukebox abspielen lässt. Die Musik tut ihr übrigens zur Atmosphäre, die niedlich-zweckmäßige Grafik mit den handgezeichneten Zwischensequenzen ist hübsch, wenn auch keine Referenz an Realismus. Wer es flippig mag, greift zu Mario & Rabbids: Kingdom Battle, wer es realistischer mit erheblich mehr Rollenspiel und Tiefgang mag, dem sei NIS Americas God Wars ans Herz gelegt.