Kowloon Highschool Chronicle – TEST

Kowloon Highschool Chronicle ist ein Dungeon Crawler mit Visual-Novel-Inhalten. Heutzutage gibt es von dieser Mischung so einige, das Spiel ist dennoch sehr außergewöhnlich.


Es gibt so einige japanische Spiele, die erst mit einer Neuveröffentlichung auf modernen Konsolen dem westlichen Publikum zum ersten Mal zugänglich gemacht werden. Famicom Detective Club zählt zu diesen Spielen, aber auch Kowloon Highschool Chronicle, dass 2004 für die PlayStation 2 in Japan erschien und Teil des für uns ziemlich unbekannten Tōkyō-Majin-Gakuen-Denki-Franchises ist. Übersetzt heißt das so viel wie „Tōkyō-Dämonen-Lehranstalt-Romantik“. Das tut aber nichts zur Sache, denn Vorkenntnisse sind für Kowloon Highschool Chronicle nicht von Nöten. Jedoch aber ein Faible für japanische Spiele und deren Besonderheiten.

Kowloon Highschool Chronicle KampfSchon der Einstieg lässt uns schmunzeln: Wir übernehmen die Rolle vom jugendlichen Schatzjäger Kurō Habaki, der nach einer gescheiterten Beutejagd in einer ägyptischen Tempelanlage nach Japan auf die Kamiyoshi-Oberschule versetzt wird. Nicht etwa, um dort seinen Abschluss zu machen, sondern um die antiken Ruinen unterhalb des Schulgeländes auszukundschaften. Die Schule beherbergt nicht nur einen Friedhof und völlig absurde Charaktere, sondern darunter eben auch ein komplexes Labyrinth bevölkert von Mumien und anderen Gegnern, die uns das Leben als Schatzjäger erschweren. Zum Glück wird unsere Ausrüstung bestehend aus Maschinenpistole, Kampfmesser und Granaten direkt aufs Zimmer ins Wohnheim geliefert. Was für ein Service!

Dem Interface-Design auf der Spur

Die Struktur des Spiels ist filmisch aufbereitet und erinnert mit einem Intro und Abspann pro Spielabschnitt stark an Anime-Serien wie Cowboy Bebop. Schönerweise geht die Mischung aus japanischer Inszenierung und offensichtlich westlicher Abenteuer-Romantik in den Stilen von Indiana Jones oder Die Mumie wunderbar auf und beschert uns ein frisches Gefühl in einem doch eher bekannten japanischen Highschool-Setting.

Spielerisch selbst ist Kowloon Highschool Chronicle eine Mischung aus Dungeon Crawler und Visual Novel. In den linearen Story-Abschnitten gehen wir dem gewöhnlichen Alltag des Schullebens nach und lernen dabei andere Figuren besser kennen. Sehr oft müssen wir in Gesprächen unsere Meinung kundtun und aus einem Antwort-Rad eine passende Emotion wählen. Dadurch verbessern wir im besten Fall die Beziehung zu unserem Gegenüber, was wiederum Auswirkungen auf das Gameplay hat. Absurderweise ist das Antwortrad alles andere als lesbar gestaltet, sodass wir uns die ersten Male gar nicht im Klaren sind, wie wir auf unsere Gesprächsteilnehmer reagieren. Aber wir wären schließlich kein waschechter Entdecker, wenn wir nicht nach wenigen Spielstunden den Buchstabensalat entschlüsselt hätten.

Tatsächlich gehen wir nicht alleine auf Abenteuer, sondern rekrutieren schon nach wenigen Tagen Mitschüler, die die Existenz dieser übernatürlichen Ebene unter der Schule ganz schnell akzeptieren. Je nach Beziehungsstatus dürfen wir so zum Beispiel einen neuen Charakter mit speziellen Fähigkeiten in unseren Reihen begrüßen.

Man lernt fürs Leben… und fürs Überleben

Unsere schulischen Leistungen stehen in direktem Zusammenhang mit unseren Erkundungs- und Kampffähigkeiten. Besiegen wir Gegner und steigen im Level auf, verteilen wir nach Wahl Punkte und steigern unsere Noten in allen möglichen Fächern. Verbessern wir uns im Fach Biologie, steigt unsere Angriffskraft gegenüber tierischen Gegnern. Werden wir hingegen besser in Mathematik, verbessern sich unsere Schlossknackfähigkeiten. Im Grunde sind das ganz gewöhnliche Skill-Upgrades, die in Kowloon Highschool Chronicle aber sympathischerweise ins Schulsetting eingebunden sind. Das gilt auch für die ganzen Interface- und Head-up-Display-Elemente, die allesamt verspielt und einzigartig designt sind. Teilweise stört das die Lesbarkeit- und Übersicht, andererseits bleibt das Spiel durch diese drollige Verspieltheit in Erinnerung.

Das Schulgelände ist nicht erkundbar, sondern in Menüs verpackt. Erst im Dungeon angekommen, erforschen wir dieses riesige Gemäuer aus der Ego-Perspektive. Feldbasiert arbeiten wir uns durch die Kammern, scannen unsere Umgebung und lösen kleinere Rätsel, indem wir mit der Umgebung interagieren. So verschieben wir nach klassischer Abenteurermanier Säulen, kombinieren Schlüsselitems und setzen Statuen in Sockel ein. Die Bewegung und Interaktion mit der Umgebung sind aber echt sperrig. Oft verlieren wir in den gleich aussehenden Gängen die Orientierung und die Karte ist auch nicht wirklich hilfreich.

Eine bunte Mischung

Kowloon Highschool Chronicle BeziehungenZusammen mit den Kämpfen macht das Dungeon-Gameplay dennoch Spaß. Erst recht, weil es keine Zufallskämpfe gibt, sondern wir sowie die Gegner rundenbasiert über die Felder schreiten. Jede Aktion verbraucht Aktionspunkte, egal ob wir auf einen Gegner zu gehen oder ihn mit unserer Maschinenpistole begrüßen. Sobald die Aktionspunkte verbraucht sind, ist der Gegner an der Reihe. Ein simples, aber spaßiges Konzept, dass durch freies Zielen zum Beispiel auf Schwachpunkte ergänzt wird.

Das Spiel vereint eine Menge unterschiedliche Grafikstile – seien es die 3D-Dungeon-Abschnitte, die starren, gezeichneten Visual-Novel-Hintergründe oder die teilweise echten Photographien. Dadurch wirkt Kowloon Highschool Chronicle visuell inkohärent, auch durch die 2D-Anime-Charaktermodelle, die teilweise viel zu lange Gliedmaßen haben. Das alles wirkt nicht abstoßend, zeigt aber auf, dass das Spiel schon damals kein großes Projekt war. Die Musik macht hier einiges wett, bewegt sich stark im Jazz-Territorium, wechselt zwischen entspannten und treibenden Einlagen und sorgt für einen großen Teil der Stimmung. Für uns ist es trotzdem eine sehr spannende Erfahrung, diesen aus der Zeit gefallenen PlayStation-2-Schatz zu erleben.

Geschrieben von Jonas Maier

Fazit:

 

Kowloon Highschool Chronicle wirkt heute wie aus der Zeit gefallen. Zum größten Teil meine ich das aber positiv. Natürlich sind Elemente wie 4:3-Bildabschnitte und sperriges Item-Management nicht mehr zeitgemäß, aber damals wie heute überrascht Kowloon Highschool Chronicle im Setting und Gameplay mit ungewohnten Mischungen bekannter Elemente, die eine ganz besondere Stimmung verbreiten. Das gefällt mir an Kowloon Highschool Chronicle auch am besten: Das absurde Setting und die Einbindung altertümlicher Tempel inmitten einer japanischen Großstadt. Spielerisch habe ich auch meine Freude, allerdings hätte ich mir eine übersichtlichere Dungeon-Karte gewünscht sowie eine Option frei zu speichern.