Mercenaries Wings: The False Phoenix – TEST

Strategie-Rollenspieler wurden in den letzten Jahren mit einigen fantastischen Spielen verwöhnt. Fire Emblem Echoes: Shadows of Valentia, Stella Glow oder Mercenaries Saga Chronicles sind nur drei dieser Titel, die Fans des Genres im Gedächtnis bleiben. Letzterer Titel wird mit Mercenaries Wings: The False Phoenix fortgesetzt – im Guten wie im Schlechten.


Als das Entwicklerstudio Rideon Japan im März 2010 den Serienerstling Mercenaries Saga für Mobiltelefone veröffentlicht hat, rechneten vor allem Strategie-Rollenspiel-Fans außerhalb Japans wohl kaum damit, dass in den darauffolgenden Jahren noch ein paar weitere Episoden des Franchises folgen sollten. Obwohl der erste Teil niemals für Nintendos 3DS umgesetzt wurde, portierte Rideon Japan den zweiten und dritten Teil schnell für den kompakten Handheld. Anfang 2018 folgte gar eine Gesamtausgabe der einstigen Trilogie für die Hybridkonsole Switch.

Mercenaries Wings: The False Phoenix stellt mit dem leicht abgewandelten Titel klar, dass es sich hierbei nicht um eine Fortsetzung der bisherigen Geschichte, sondern um eine gänzlich neue Storyline mit frischen Gesichtern und einem noch unbekannten Schauplatz handelt. Zu Beginn der auf dutzende Stunden verschlingenden Handlung schlüpfen wir in die Haut der drei Söldner Cecil, Francis und Jeremy. Unser Auftraggeber ist König Harold, der auf Basis einer uralten Legende, in der ein Phönix das Königreich Dryden in ein goldenes Zeitalter führte, den Konflikt mit anderen Nationen sucht. Hinterfragt wird diese Absicht erst einmal nicht, schließlich honoriert der Monarch abgeschlossene Aufträge mit barer Münze, die die Söldner nur zu gerne annehmen und ausgeben. Unterwegs treffen wir immer wieder auf neue Charaktere, die sich unserem kleinen, aber doch feinen Söldnertrupp anschließen.

Anspruchsvolle Taktik im bekannten Korsett

Genre-Kenner wissen, dass das Mercenaries-Franchise seine Geschichte nicht ganz so gut wie etwa die Fire-Emblem-Reihe erzählt. Davon sollten sich Interessierte aber nicht abschrecken lassen, denn obwohl die eher schlichten Dialoge und die mittelmäßige Handlung allerlei Klischees erfüllen, macht es dennoch Spaß, mit den Charakteren das Abenteuer zu erleben. Unterwegs stachelt sich die Truppe untereinander immer mal wieder an, rauft sich in den Kämpfen aber stets zusammen. Für ein Strategie-Rollenspiel ist ohnehin die taktische Tiefe in den Schlachten am wichtigsten und hier kann das Spiel mit seinen drei Vorgängern definitiv mithalten. Schließlich funktioniert das Kampfsystem im Großen und Ganzen so wie zuvor:

Zu Beginn einer Schlacht entscheiden wir uns dafür, welche Helden an der Schlacht teilnehmen sollen und positionieren sie daraufhin an vordefinierten Stellen. Anschließend ziehen wir zunächst unsere Figuren übers Feld, bevor der Computergegner seine Truppen befehligt. Wie gehabt stehen Waffen, Zaubersprüche und Items zur Verfügung, die wir zum Angriff und zur Verteidigung einsetzen können. Wichtig beim Kampf gegen fremde Soldaten, mutierte Waldbewohner und Co entscheidet auch die Blickrichtung und die Position der Recken auf dem Schlachtfeld. Wer dem Gegner den Rücken zukehrt, kassiert bei dessen Angriff Mali – und wer von einer Anhöhe aus attackiert, wird mit Boni belohnt, was durchweg motivierend ist.

Altbackene Technik mit Nostalgiefaktor

Wer schnell genügend Gegner besiegt oder Verbündete heilt, wird mit reichlich Erfahrungs- und Fähigkeitspunkten belohnt, mit denen Attribute automatisch und Techniken der Figuren manuell verbessert werden können. Im Verlauf des Spiels dürfen alle Charaktere zudem weitere Berufe erlernen, um noch mächtigere Angriffe zu starten oder Zaubersprüche zu entfesseln. Neu ist im vierten Serienteil die Wahl des Anführers. Zu Beginn einer jeden Schlacht dürfen wir diesen frei wählen, um zum Beispiel die maximale Lebens- oder Magiepunkte-Anzahl zu erhöhen. Das ist nett und erhöht die Abwechslung ein wenig.

In optischer und technischer Hinsicht orientiert sich das Spiel an älteren Ablegern des Genres, allen voran am Klassiker Final Fantasy Tactics. So gut wie alle Grafiken, mit Ausnahme der Textboxen und verschiedenen Artworks, orientieren sich an der 16-Bit-Zeit und sorgen für nostalgische Gefühle. Schade ist hierbei allerdings, dass der Bildschirmausschnitt insbesondere im TV-Modus viel zu groß und nahezu alle Elemente viel zu klein sind. Es ist nicht möglich die Kamera zu drehen oder ins Geschehen hineinzuzoomen. Im Handheld-Modus ist das alles aber nur halb so schlimm, hier nervt allerhöchstens die sehr oft repetitive Musik. Wer die Vorgänger mit ihren Schwächen schon mochte, wird diese The False Phoenix aber verzeihen können, denn unterm Strich ist es immer noch ein forderndes Strategie-Rollenspiel mit reichlich Anspruch.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Vor einiger Zeit bin ich auf den dritten Teil der Mercenaries-Reihe gestoßen und hatte an diesem meine wahre Freude, da sich das Spiel klar an bekannten Klassikern wie Final Fantasy Tactics und Co orientiert und genau diese Stimmung versucht einzufangen. Dies gelingt auch Mercenaries Wings: The False Phoenix weitgehend. Zwar mögen die Figuren und die Story keine Paradebeispiele sein, inhaltlich macht der Titel mit seinen anspruchsvollen Taktik-Elementen jedoch vieles richtig. Stets muss ich darauf achten, wo ich meine Charaktere positioniere, welche Feinde ich zuerst ausschalte und vor allem mit welchen Spezialtechniken ich meinen Trupp ausstatte. Über die altbackene Technik sehe ich gerne hinweg, da die Entwickler hier die Kontinuität zu den Vorgängern suchen. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass ich die Kamera drehen oder zumindest ins Geschehen hineinzoomen kann. Vor allem im TV-Modus ist nicht immer ersichtlich, welche Figur sich wo auf dem Schlachtfeld befindet. Mercenaries Wings: The False Phoenix ist und bleibt dennoch ein guter Vertreter des Genres, dessen Qualitäten sich zwar unter der tristen Oberfläche befinden, sich aber keinesfalls vor der starken Konkurrenz verstecken müssen.