The Legend of Zelda: Link’s Awakening – TEST

Nicht selten wird The Legend of Zelda: Link’s Awakening aus dem Jahr 1993 als die beste Handheld-Episode des Franchises bezeichnet. Zweieinhalb Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung des Game-Boy-Klassikers spendierte Nintendo dem Titel ein Remake, das einerseits mit zahlreichen Neuerungen und andererseits mit einem unveränderten Spielgefühl punktet.


Wer sich mit der langlebigen Action-Adventure-Reihe nur wenig auskennt, sollte wissen, dass es sich bei The Legend of Zelda: Link’s Awakening um den wohl ungewöhnlichsten Serienteil handelt. So verlagert Nintendo den Handlungsort aus dem Fantasy-Reich Hyrule auf eine Cocolint genannte Insel, die von seltsamen Bewohnern mit noch merkwürdigeren Persönlichkeiten bevölkert wird. Im Intro des Spiels müssen wir tatenlos zu sehen, wie Held Link Schiffbruch erleidet und daraufhin bewusstlos am Strand von einem Mädchen entdeckt wird.

Beginnen wir daraufhin einen neuen Spielstand, wachen wir als Spielfigur Link – wie in vielen anderen Ablegern der Reihe auch – im Bett auf und lernen Marin, das Mädchen vom Strand, kennen. Von ihrem Vater Tarin erhalten wir unseren verlorenen Schild. Mit diesem Ausrüstungsgegenstand, der in der Neuauflage erfreulicherweise nicht wie auf dem Game Boy auf einen der beiden einzigen Aktionsknöpfe verteilt werden muss und jetzt per Schultertaste aktiviert wird, können wir am Strand mit Stacheln überzogene Gegner verschieben, um nach unserem Schwert zu suchen. Mit unserer Waffe können wir – wieder ganz traditionell – Sträucher mähen. Ihr seht, wo dieses Konzept hinführt: Mit jedem neuen Gegenstand öffnen sich uns neue Wege auf Cocolint, die wiederum zu weiteren Möglichkeiten führen. Entsprechend wächst die Spielwelt in einem angenehmen Tempo parallel zu unserer Progression.

Game-Boy-Herkunft

Unsere Aufgabe lautet, die Insel aus der leicht versetzten Vogelperspektive zu erkunden und schließlich von ihr zu entkommen. Damit dies geschieht, müssen wir den Windfisch wecken, der in einem riesigen Ei am obersten Punkt der Insel schlummert. Aus Spoiler-Gründen wollen wir nicht näher auf den Umstand des Schlafes eingehen, doch benötigen wir für den Weckruf insgesamt acht magische Musikinstrumente, die am Ende der Dungeons von Cocolint versteckt sind. Hier unterscheidet sich das Spiel kaum von anderen The-Legend-of-Zelda-Ablegern.

Allerdings ist Link’s Awakening in puncto Schwierigkeitsgrad wesentlich einfacher, was vor allem im Rätseldesign zu erkennen ist. Hierzu sollte sich jedoch jedem bewusst sein, dass das Spiel ursprünglich auf dem Game Boy veröffentlicht wurde – die Rätselmechanik war also auf eine wesentlich geringere Auflösung beschränkt. Auf der Switch hätte Entwicklerstudio Grezzo die Knobeleien zwar durchaus überarbeiten können, doch wäre damit der Geist des Originals auf der Strecke geblieben. Den Entwicklern war es wichtig, an so gut wie allen Ecken und Enden das exakt gleiche Spielgefühl wie 1993 zu präsentieren. Das ist nicht nur bei den leichten Schalter- und Schieberätseln zu erkennen, sondern auch an der Dungeon-Architektur. Sämtliche Räume und Teile davon sind wie im Original auf den jeweils aktuellen Bildschirmausschnitt beschränkt, wodurch nostalgische Gefühle geweckt werden.

Einladendes Eiland

Auf der Oberwelt haben sich die Entwickler von dieser Idee allerdings verabschiedet. So ist ganz Cocolint an der Oberfläche zusammenhängend. Im Gegensatz zur Vorlage, in der der regelmäßige Blick auf den Kartenbildschirm obligatorisch ist, fühlen wir uns auf der Insel im Remake für die Switch bei Weitem nicht ganz so orientierungslos. Selbst ältere Spieler und Kenner des Game-Boy-Klassikers werden diese Neuerung zu schätzen wissen, da sie zu dem überaus flüssigen Gameplay vehement beiträgt. Hinzu kommt, dass wir auf der Karte – wie in The Legend of Zelda: Breath of the Wild – Markierungen setzen dürfen. Entdecken wir zum Beispiel eine Truhe, zu der wir mangels Enterhaken oder fehlendem Kraftarmband noch nicht gelangen können, markieren wir die Position der Kiste kinderleicht an Ort und Stelle. Damit dürfte auch das letzte Geheimnis in Link’s Awakening gelüftet werden.

Am Umfang der Secrets hat Grezzo jedoch kräftig geschraubt, denn so dürfen wir zum Erweitern unserer Lebensenergie deutlich mehr Herzteile sammeln. Auch die Anzahl an Zaubermuscheln, mit denen sich kleine und große Belohungen am Muschelbasar abholen lassen, wurde erhöht. Obwohl Cocolint eine sehr überschaubare Insel ist, haben es die Entwickler geschafft, die Collectibles fair und passend zu verstecken. All jene, die das Original schon kennen, werden somit ebenfalls dazu verführt, noch ein wenig mehr Zeit in die Erkundung der Spielwelt zu investieren.

The Legend of Zelda Maker

Eine weitere Neuerung ist die Einführung des Charakters Boris, den die meisten wohl als den Totengräber aus The Legend of Zelda: Ocarina of Time kennen. Diesmal müssen wir mit ihm jedoch keine Gräber ausheben, sondern Labyrinthe kreieren. Haben wir einen Dungeon abgeschlossen, schalten wir diverse Räume aus dem Verlies frei, um sie in Boris’ Unterkunft neu anzuordnen. Hierbei dürfen Kammern sämtlicher Dungeons und anderswo freigeschaltete Räume frei miteinander kombiniert werden. Das macht allerdings nur bedingt Spaß. Es gefällt uns zwar, unserer kreativen Ader freien Lauf zu lassen, doch müssen wir die Labyrinthe für die Belohnung anschließend selbst durchspielen.

Wir dürfen zwar auch von Freunden erschaffene Dungeons ausprobieren, doch dazu ist es nötig, dass unsere Freunde diese uns via Amiibo physisch überreichen. Über eine Online-Anbindung verfügt das Spiel nicht – hier bleibt uns nichts weiter übrig, als den Kopf zu schütteln und in den sauren Apfel zu beißen. Zu beachten ist beim Dungeon-Bau, dass wir möglichst mehr Räume mit Truhen als Kammern mit verschlossenen Türen in das quadratische Gitternetz einfügen, damit wir neben Schlüsseln auch noch ein paar zusätzliche Rubine, die Währung im Spiel, sammeln können. Da wir jedoch als Architekt jederzeit wissen, wo sich welcher Raum befindet, ist das Spielen des eigenen Labyrinths wenig spannend und auf Dauer mühselig. Ein Zufallsgenerator mit Rogue-like-Elementen hätte hier Wunder bewirkt.

Leicht, leichter, Link’s Awakening

Wir haben es bereits einmal erwähnt und müssen uns hier zwangsweise noch einmal wiederholen: Link’s Awakening ist ein unglaublich einfaches Spiel. Je nach unserer Spielweise ist es sogar möglich, selbst die stärksten Bossgegner mit wenigen Schwerthieben zu pulverisieren. Beispielsweise hat es in die Switch-Fassung auch der Farb-Dungeon aus der Deluxe-Ausgabe für den Game Boy Color von 1998 geschafft: Wer diesen erfolgreich abschließt, darf sich für mehr Angriffskraft oder eine verbesserte Verteidigung entscheiden. Weitere Auswirkungen auf den Schwierigkeitsgrad hat die erhöhte Lebensenergie; und auch die Einführung von Feenflaschen zum Aufbewahren von – oh Wunder! – heilbringenden Feen machen den Kampf ums Überleben bei erfahrenen Videospielern obsolet. Wagemutige dürfen sich vor Spielbeginn jedoch auch für den Helden-Modus entscheiden, in dem Monster doppelten Schaden anrichten. Zudem gibt es hier keine kleinen Herzen zum Auffüllen der Lebensenergie mehr.

In Anbetracht des sonst nahezu fantastischen Gesamtbilds ist der grundlegende Schwierigkeitsgrad jedoch zu verzeihen. Der Soundtrack wurde unfassbar gut aufgemöbelt und untermalt jede einzelne Spielsituationen hervorragend. Mit seinem Ohrwurmcharakter schwirrt er uns auch Tage nach dem Ende durch den Kopf. Auch stilistisch weiß der Titel mit seinem knuffigen Grafikstil zu überzeugen. Lediglich die vereinzelten, wenn auch nur leichten Framerate-Einbrüche kratzen am technischen Grundgerüst. Unspielbar wurde Link’s Awakening über 15 Spielstunden hinweg jedoch an keiner einzigen Stelle, weshalb wir nach dem Abspann wohlwollend den Controller respektive die Switch aus der Hand legen können.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Im Laufe des Jahres 2019 hatte ich die Gelegenheit, The Legend of Zelda: Link’s Awakening noch vor Release anzuspielen. Diese Möglichkeit habe ich aber nicht wahrgenommen, da ich ganz genau wusste, dass mich Nintendo mit dem Remake nicht enttäuschen wird. Obwohl ich vor Veröffentlichung der Neuauflage ein wenig schockiert von den Aussagen vieler Spieler war, die sich über das – für einen Nintendo-Titel – unverhältnismäßig hohe Aufkommen von Ruckeleinlagen beschwerten, stornierte ich die Vorbestellung nicht. Nachdem ich mich in der ganzen Woche nach Release ausgiebig mit Link’s Awakening beschäftigen und das Spiel inklusive Secret Ending zu einem Abschluss bringen konnte, bin ich auch sehr froh darüber. In meinen Augen beeinträchtigen die Framerate-Einbrüche das Spielgefühl in keiner Weise – und selbst wer sich davon gestört fühlt, sollte bei Nintendos Action-Adventure eine Ausnahme machen. Die magische Spielwelt mit ihrer zum Philosophieren anregenden Handlung, ihrer an die Fernsehserie Twin Peaks angelehnten Charakteren und das unverkennbar klassische The-Legend-of-Zelda-Feeling zaubern mir im Remake wie im Original ein breites Grinsen ins Gesicht. Dazu tragen bei der Neuauflage aber auch die vielen Erweiterungen bei. Sicherlich lässt sich über die Kammer-Labyrinthe streiten, da haben Nintendo und Grezzo nicht das volle Potenzial ausgeschöpft. Die weitaus größere Anzahl an Collectibles motiviert jedoch ständig, die nun zusammenhängende Oberwelt stets bis in den letzten Winkel zu erkunden. Wer das Genre oder die Reihe mag, kommt definitiv nicht um das Spiel herum. Alle Neulinge entdecken mit Link’s Awakening wohl einen der besten Einstiegspunkte in die Serie!