Nintendos Konsolen-Launch-Line-ups im Überblick – SPECIAL
Launch-Titel von Konsolen sind besonders wichtig. Zum einen fokussiert sich die Berichterstattung über eine neue Konsole auch auf die zur Verfügung stehenden Spiele und zum anderen entscheiden eben nicht zuletzt diese Titel, ob ein Kunde zur Konsole greift oder nicht.
Nintendo befindet sich als Konsolenhersteller seit jeher in einer einzigartigen Situation. Im Vergleich zur aktuellen Xbox- oder PlayStation-Generation verlässt sich Nintendo am wenigstens auf den kontinuierlichen Third-Party-Spielenachschub und trägt die Konsolen hauptsächlich durch die herausragenden Eigenmarken. Will man die Launch-Titel von unterschiedlichen Konsolen vergleichen, sollten allerdings einige Dinge beachtet werden. Vor allem die Konsolen der 8- und 16-bit-Ära erschienen in unterschiedlichen Regionen in gehörigem Abstand – das heißt, dass zwischen dem Launch in Japan und dem des westlichen Gefildes durchaus ganze Jahre ins Land gezogen sind, in denen natürlich weiterhin Spiele entwickelt wurden, die zum Launch angeboten werden konnten. Deswegen ist es nicht verwunderlich, dass sowohl der amerikanischen Raum, als auch der europäische, zum Launch wesentlich mehr Spiele zur Verfügung hatten als die Japaner, was auch folgender Abbildung zu entnehmen ist. Im Laufe der Zeit glichen sich die Release-Zeiträume immer weiter an und Nintendo legte immer mehr Wert darauf, bestimmte Spiele gleichzeitig in allen Regionen anbieten zu können.
Undurchsichtige Zahlen
Das Diagramm zeigt die Nintendo-Launch-Titel seit dem Nintendo Entertainment System, aufgeschlüsselt nach den drei wichtigsten Märkten. Eine grobe Tendenz zur zunehmenden Launch-Spiele-Anzahl ist nicht zu verkennen. Ab der Wii-U-Ära wurde allerdings auch das Potential des digitalen Spielevertriebs genutzt: Während auf dem Wii-Nachfolger in Japan gar keine und in den USA sowie in Europa lediglich fünf Spiele ausschließlich digital zur Verfügung standen, wurden auf der Nintendo Switch in Japan zwölf, in Nordamerika vier und bei uns in Europa dreizehn Titel im eShop angeboten. Die niedrige Anzahl in den Vereinigten Staaten lässt sich unter anderem mit der nicht erschienenen Neo-Geo-Arcade-Sammlung begründen, die fünf Titel beinhaltete. Viele würden diese Titel vielleicht gar nicht als Launch-Titel wahrnehmen, ebenso wenig wie Portierungen von bestehenden Spielen. Die reine Menge an Spielen ist also im besten Fall zweckmäßig.
Quantität vs. Qualität
Abgesehen von Nintendos erster Konsole mit austauschbaren Spielmodulen, dem Nintendo Entertainment System, besitzt jede Konsole einige Launch-Titel, die gleichzeitig in allen drei Regionen zum Launch zur Verfügung standen. Nintendos Strategie, eine Konsole auch mit nur ein oder zwei starken Titeln auszuliefern, die ganz alleine den Kauf der Konsole rechtfertigen können, ging bis auf dem GameCube und der Wii U auf. Sowohl Super Mario World für das Super Nintendo, als auch Super Mario 64 für das Nintendo 64 sowie The Legend of Zelda: Twilight Princess für die Wii zählen auch heute noch zu absoluten Must-haves, die teilweise nicht nur sehr gut, sondern teils auch für das Genre revolutionsverdächtig waren. The Legend of Zelda: Breath of the Wild auf der Switch ist auf einem sehr guten Weg, in die Fußstapfen dieser Titel zu treten.
Luigi’s Mansion, der große Nintendo-Titel für den GameCube-Launch neben Wave Race: Blue Storm, könnte sich auch zu diesen Titel zählen, allerdings kam dieser Titel schwerlich an einen Teil der The-Legend-of-Zelda-Reihe oder an die starke Hauptreihe seines Bruders Mario heran – dazu noch eine neue Marke. Die Wii U wurde zum Release zwar mit Super Mario Bros. U ausgestattet, das für sich kein schlechtes Spiel und dazu ein vorprogrammierter Kassenschlager ist, allerdings zu sehr auf Vertrautes setzt und alleine nicht die Rechtfertigung für den Kauf einer Konsole bieten konnte. Zombi U war zwar innovativ und besonders für eine Nintendo-Plattform ein außergewöhnlicher Titel, aber qualitativ insgesamt kein herausragendes Spiel und sprach auch nur eine ganz bestimmte Zielgruppe an. Die Wii U hatte zwar mit 34 Titeln in den USA den bisher umfangreichsten Start einer Nintendo-Konsole, doch ohne einem klaren Spiele-Highlight wie bei anderen Launches, das zusammen mit der Konsole vermarktet werden konnte, war die Wii U auch als Nachfolger der populären Wii recht profillos.
Neue Chancen auf der Switch
Eine große Anzahl an Launch-Spielen alleine muss also nicht die beste Möglichkeit sein, eine Konsole zu bewerben. Weniger Spiele zum Start könnten allerdings auch noch einen anderen Effekt mit sich bringen. Nintendo hatte es in den letzten Jahren schon immer schwer mit Drittherstellern: Zum einen drängen die extrem starken Eigenmarken Spiele von Dritten automatisch in den Schatten, zum anderen wollen oder können viele Entwickler den programmiertechnischen Mehraufwand, den die schwächere oder ausgefallene Hardware mit sich bringt, nicht rechtfertigen. Eine simple Programmiergrundlage, wie sie die Switch anscheinend bietet, ist ein sehr guter Anfang; dazu keine aufgezwungenen Gimmicks wie Motion-Control oder Second-Screen-Nutzung ein weiterer guter Schritt. Nachdem die Grenzen von Konsolengenerationen mit Verbesserungen wie der PlayStation 4 Pro und Microsofts Project Scorpio immer weiter verschwimmen und zumindest bis dato alle Titel trotzdem auf allen Geräten laufen müssen, sind viele Entwickler schon jetzt dazu gezwungen, von einem Spiel mehrere Versionen, die auf unterschiedlich starken Plattformen laufen, zu designen. Davon könnte auch die Switch profitieren.
Daneben sollte man auch das limitierte Budget potentieller Kunden beachten, denn Spiele sind immer noch verhältnismäßig teuer, erst recht zum Launch. Im Durchschnitt wird sich ein Käufer zum Launch selten für mehr als zwei bis drei Vollpreisspiele entscheiden – zum Switch-Launch war eigentlich nur Breath of the Wild gesetzt. Daneben gibt Nintendo anderen Herstellern die Zeit und Möglichkeit, den Markt jetzt selbst für sich zu erschließen, bevor Blockbuster wie Super Mario Odyssey Ende des Jahres fast schon magnetisch wieder das Geld der Leute an sich zieht. Dementsprechend kann sich zum Beispiel Konami mit Super Bomberman R, Shin‘en Multimedia mit Fast RMX oder Square Enix mit I am Setsuna freuen, dass sie nicht nur die einzigen sind, die zum Launch ein gewisses Genre bedienen, sondern dank mangelnder Spieleauswahl für den einen oder anderen Switch-Besitzer automatisch weiter ins Sichtfeld rücken. Fahren solche Entwickler früh Erfolge ein und sind schon mit der Entwicklung auf der Plattform vertraut, sehen diese sich bestimmt ermutigt, die Plattform auch weiterhin zu unterstützen – und davon können schließlich alle Nintendo-Switch-Spieler profitieren.
Geschrieben von Jonas Maier