Redaktionsdiskussion: Vermissen wir die großen Messe-Präsentationen? – SPECIAL

Nachdem bereits zahlreiche Aussteller bekannt gegeben hatten, nicht an der Electronic Entertainment Expo 2023 teilzunehmen, wurde die diesjährige E3 abgesagt. Damit bleiben erneut die großen Messe-Präsentationen der Publisher aus. Ob wir diese besondere Art der Spielevorstellung vermissen, verrät die NMag-Redaktion in einer Redaktionsdiskussion.


Schon seit Jahren hat Nintendo zur alljährlichen Electronic Entertainment Expo auf die klassische große Pressekonferenz verzichtet. Im Gegensatz zu Microsoft, Sony, Ubisoft, Square Enix und anderen Herstellern, stellte Nintendo neue Spiele und Details zu bereits angekündigten Titeln in einem speziellen Live-Stream zur E3 vor. Jedoch verlagerte sich die Art der Inszenierung auch hier immer stärker zu einer klassischen Nintendo Direct statt besonderer Ansätze. Spätestens seit die E3 aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte, haben auch andere Publisher den Weg der Live-Stream-Präsentation gewählt.

Mit dem Summer Game Fest ist in den letzten Jahren ein rein auf die großen Ankündigungen via Live-Stream und Show fokussiertes Gegenkonzept zur klassischen Videospielmesse etabliert worden. Da sich 2023 im Vorfeld der ursprünglich für Juni geplanten E3 immer mehr Videospielunternehmen entschlossen, der Messe fernzubleiben, wurde die E3 2023 schließlich abgesagt. Stattdessen übernehmen erneut das Summer Game Fest sowie die teilweise damit verbundenen Live-Stream-Präsentationen das Feld. Klassische große Messe-Präsentationen, wie wir sie noch in den 2010er-Jahren erlebt haben, bleiben jedoch höchstwahrscheinlich aus.

Da diese Shows stets etwas Besonderes und mit Starpower, unfreiwillig witzigen Ankündigungen, seltsamen Gameplay-Segmenten oder aufwendiger Live-Musik auch abseits der Spiele unterhalten haben, können diese oft als Pressekonferenz bezeichneten Präsentationen durchaus eine Lücke im Videospieljahr hinterlassen. Ob die NMag-Redakteure die großen Messe-Präsentationen vermissen? Das verraten sie euch in dieser Redaktionsdiskussion!

Wie seht ihr das? Vermisst ihr die großen Messe-Präsentationen? Verratet es uns in den Kommentaren!

Alex’ Meinung:

Die sogenannten Pressekonferenzen von Nintendo, Sony, Microsoft und verschiedenen Drittherstellern haben für mich immer fest zur E3 gehört. Jahr um Jahr habe ich Nächte durchgemacht oder bin extra um drei Uhr aufgestanden, um die verschiedenen Präsentationen zu sehen. Es waren nicht nur die Ankündigungen, sondern die Shows an sich, die oft einen großen Unterhaltungswert hatten – oder aber wirklich langweilig sein konnten. Dennoch hat auch das dazu gehört. Aus dieser Sicht ist es sicherlich schade, dass die Zeit der großen Messe-Präsentationen und Messen an sich vorbei ist und zu Ende geht. Persönlich stört mich das jedoch weit weniger. Schon in den letzten Jahren der großen E3-Shows, habe ich immer weniger live gesehen, weil es mir zu anstrengend wurde. Zudem sind Live-Streams eine logische und nachvollziehbare Entwicklung. Wir erhalten nicht mehr nur einmal im Jahr große Präsentationen, sondern über das Jahr verteilt mehrere, dafür zwar oft kleinere, aber trotzdem ordentliche Videoankündigungen. Hier hat für mich bereits das Nintendo-Direct-Format immer wunderbar funktioniert. Trotzdem blicke ich mit einer gewissen Spannung auf das bevorstehende beziehungsweise bereits laufende Summer Game Fest und die damit verbundenen Streams. Vielleicht kehren zumindest ein wenig die großen Präsentationsshows zurück und können die alte Faszination zumindest teilweise wiedererwecken.

Erics Meinung:

Als Nintendo 2013 damit anfing, auf eine klassische Präsentation auf der E3 zu verzichten, war ich nicht davon begeistert. Tatsächlich behauptete ich, dass sich Nintendo im Konzert der Konsolenhersteller lächerlich macht. Auf einer so großen wie wichtigen Veranstaltung sollte Nintendo standfest auftreten. Wie jeder weiß, braut der Hersteller aber gerne sein eigenes Bier. Über die Jahre hinweg haben sich die anderen Publisher das Konzept ganz genau angeschaut und es abgekupfert. Zumindest für die Hersteller und die Kunden geht diese Doppelsiegrechnung problemlos auf. So können Formate wie Nintendo Direct oder State of Play von Sony ohne großen Vorlauf angekündigt und mit stark reduzierten Kosten umgesetzt werden. Schließlich müssen Entwickler und Marketing-Chefs nicht um die Welt chauffiert werden. Ein Veranstaltungsort wird ebenso obsolet. In Zeiten von steigenden Energiepreisen und Umweltschutzgedanken, die ich unterstütze, ergibt all das Sinn. Der Kunde kann sich im besten Falle jährlich über viele kleinere „Ersatz-Shows“ freuen. Dennoch verlieren die Präsentationen dadurch an Glanz – und noch viel mehr an Charakter. Erinnert euch an die legendäre Sony-Pressekonferenz aus dem Jahr 2015: Auf die Ankündigung des Remakes von Final Fantasy VII folgt ein Aufschrei im Saal. Wenig später steht auch noch Yū Suzuki auf der Bühne, der die Kickstarter-Kampagne von Shenmue III einleitet. Eine vielleicht noch viel größere Begeisterung erfüllt den Raum. Selbst Adam Boyes von Sony findet live auf der Bühne kaum mehr Worte bei all dieser Begeisterung. Unvorstellbar in einer Ausgabe von State of Play. Solche Formate können Messe-Präsentationen, Pressekonferenzen, Messe-Shows oder wie auch immer sie betitelt werden nicht ersetzen. Für meinen Teil wünsche ich mir die großen Messe-Auftritte im Sinne solcher Shows also unbedingt zurück!

Markus‘ Meinung:

Die Frage, ob ich die großen Messe-Präsentationen der Hersteller vermisse, kann ich mit einem klaren „Ja!“ beantworten. Genau wie Alex und Eric vermisse ich das große Spektakel, die teilweise skurrilen Auftritte wie beispielsweise den von Konami im Jahr 2010 und auch das Hinfiebern auf die großen Events, die irgendwie immer ein Fixpunkt im Videospieljahr waren. Auch ich schlug mir immer wieder die Nächte um die Ohren, um mir die Shows anzusehen, las vorher in Foren, welche Ankündigungen vermutet wurden und buchte mir regelmäßig ein Ticket auf dem Hype-Train. Wie Eric kann ich die Umwelt- und Klimaschutzgedanken hinter dem neuen Format sehr gut verstehen, aber insgesamt fehlt wirklich etwas. Statt einem konzentrierten Event bekommen wir nun tröpfchenweise über das ganze Jahr verteilt kleinere Shows, von deren Existenz ich bis kurz vor Beginn meist gar nicht wusste. Zwar haben diese Präsentationen alle durchaus ihre Highlights, aber insgesamt fallen sie dann doch meistens etwas mau aus, weshalb ich mittlerweile darauf verzichte, sie mir in ganzer Länge anzuschauen. Stattdessen genehmige ich mir die Trailer dann irgendwann im Anschluss. Für eine Rückkehr zum alten Messe-Format ist der Zug aber meiner Meinung nach längst abgefahren, und so sehr ich es mir wünsche, wird diese magische Zeit der Videospiel-Messen nie wieder zurückkehren. Zwar gibt es noch die Gamescom und die TGS, aber ich befürchte, dass leider auch deren Tage gezählt sind.

Arnes Meinung:

In unserer zunehmend digitalen Welt vermisse ich die großen Präsentationen auf den Spielemessen ehrlich gesagt nicht. Fortschreitende Technologie ermöglicht es den Spieleherstellern, ihre neuesten Kreationen direkt zu mir nach Hause zu bringen, sei es durch Livestreams, Videos oder Online-Events. Die direkte Interaktion mit den Entwicklern und anderen Spielern ist heute über soziale Medien und Foren problemlos möglich. Das ist zwar anders als auf einer Messe, aber auch viel einfacher. Außerdem gibt es unzählige Gaming-Kanäle wie YouTube, Twitch und Podcasts, die mich immer auf dem Laufenden halten. Ohne Messen haben kleine, unabhängige Spieleentwickler die gleichen Chancen wie große Unternehmen, ihre Neuheiten über digitale Plattformen an den Mann zu bringen. Und dann ist da noch der von meinen Kollegen bereits angesprochene Nachhaltigkeitsgedanke, der mir im Hinterkopf bleibt. Tausende von Menschen zu einer Messe, die sich ähnlich gut online abhalten lässt, zu transportieren, sei es mit dem Flugzeug, dem Auto oder dem Zug, kann einfach nicht gut für unsere Umwelt sein.