Zelda II: The Adventure of Link – Ein schwarzes Schaf feiert seinen 35. Geburtstag – SPECIAL

Zelda II: The Adventure of Link gilt gemeinhin als das schwarze Schaf der The-Legend-of-Zelda-Serie. Bei Serienfans aufgrund seiner unkonventionellen und serienuntypischen Spielmechaniken weitgehend verschmäht, feiert das Spiel am 14. Januar 2022 still und leise seinen 35. Geburtstag. Also genau die richtige Zeit, dass wir Zelda II mit einem Special würdigen und es einmal genauer unter die Lupe nehmen.


Ursprünglich erschienen ist Zelda II: The Adventure of Link in Japan am 14. Januar 1987 für das Famicom Disk System. Nicht einmal ein Jahr nach der Veröffentlichung des ersten Teils. Schauen wir uns die Liste der Mitwirkenden an, stellen wir fest, dass außer dem Programmierteam um Toshihiko Nakagō und Shigeru Miyamoto, der diesmal lediglich als Produzent tätig war, niemand aus dem ursprünglichen The-Legend-of-Zelda-Team an der Entwicklung von Zelda II beteiligt war. Miyamoto war zu diesem Zeitpunkt schon sehr in die Entwicklung von Super Mario Bros. 3 eingebunden und gab dem neuen Team die Anweisung, etwas völlig Neues zu schaffen. Interessant dabei ist, dass Zelda II ursprünglich gar nicht als The-Legend-of-Zelda-Fortsetzung geplant war, und eigentlich ein ganz neues Spiel werden sollte. Die The-Legend-of-Zelda-Verbindung entstand sozusagen erst in der letzten Minute.

Ende 1988 erschien das Spiel dann schließlich in westlichen Gefilden, wobei aufgrund der technischen Unterschiede zwischen dem Famicom Disk System und dem Nintendo Entertainment System einige Abstriche gemacht werden mussten. So wurden Animationen von Wasser und Lava in der Oberwelt entfernt und einige Musikstücke mussten an den Soundchip des NES angepasst werden. Für Nintendo war Zelda II auf jeden Fall ein Riesenerfolg und verkaufte sich insgesamt rund 4,4 Millionen Mal. Obwohl es zu seinem Release gefeiert wurde und einige Nachahmer nach sich zog, genießt Zelda II wie eingehend erwähnt einen eher schlechten Ruf und dümpelt zusammen mit den drei Ausrutschern für das Philips CD-i am unteren Ende der Beliebtheitsskala. Warum dies so ist und ob es gerechtfertigt ist, wollen wir uns im Folgenden einmal genauer ansehen.

Fortsetzung abseits der Serienkonventionen

Chronologisch gesehen steht Zelda II laut des 2011 veröffentlichten Buchs Hyrule Historia an letzter Stelle der offiziellen The-Legend-of-Zelda-Zeitlinie und ist der einzige direkte Nachfolger des ersten Teils. Alle anderen Spiele der Serie sind entweder Prequels oder spielen in anderen Universen. Nach dem Sieg über Ganon im Vorgänger sind mehrere Jahre ins Land gezogen. Link ist mittlerweile 16 Jahre alt geworden und bemerkt eines Tages ein seltsames Zeichen auf seiner Hand, woraufhin er sich besorgt an Impa wendet, das Kindermädchen von Prinzessin Zelda. Diese erzählt ihm, dass Zelda durch einen Zauber in einen tiefen Schlaf gefallen ist. Auf Impas Geheiß sucht Link nun das Triforce des Mutes, mit dem die Prinzessin wieder aufgeweckt werden kann. Zu diesem Zweck muss er sechs Paläste besuchen und dort Kristalle einsetzen, die ihm von Impa gegeben wurden. Gleichzeitig machen sich die Anhänger des besiegten Ganon auf die Suche nach Link, um ihn zu töten, denn das vergossene Blut des Helden soll einer Prophezeiung zufolge ihren Herren wiederbeleben können.

Spielerisch geht Zelda II völlig andere Wege als sein Vorgänger, und da sich Nintendo mit dem dritten Teil (The Legend of Zelda: A Link to the Past) auf dem Super Nintendo Entertainment System wieder auf alte Tugenden besann, welche sich in den folgenden Jahren zu Serienkonventionen festigen sollten, steht The Adventure of Link in der Geschichte der Spieleserie auf weiter Flur recht alleine da. Lediglich The Legend of Zelda: Majora’s Mask und zuletzt The Legend of Zelda: Breath of the Wild wagten es, die bekannten Strukturen und Mechaniken zu grundlegend zu überdenken. Während Majora’s Mask als direkte Fortsetzung von The Legend of Zelda: Ocarina of Time bis heute die thematisch wohl abgefahrenste und seltsamste Episode der Serie darstellt, brach Breath of the Wild die Konventionen durch Elemente wie seine riesige offene Spielwelt. Auch Zelda II bot einige neue Ideen, die aber für viele Fans der Reihe zu sehr aus dem Rahmen fallen.

Rollenspiel-Elemente und ein hoher Schwierigkeitsgrad

Im Gegensatz seinem direkten Vorgänger ist das Geschehen in Zelda II meistens von der Seite zu sehen und spielt sich somit wie ein typischer Sidescroller. Link kann also nur in zwei Richtungen laufen, mit seinem Schwert zuschlagen und diesmal sogar springen. In Dörfern plaudern wir mit den Bewohnern Hyrules, können uns von netten Damen heilen lassen und holen uns mal mehr und mal weniger nützliche Tipps ab. Die einzelnen Dungeons hingegen sind riesig und nicht linear aufgebaut, warten mit verschlossenen Türen und versteckten Schätzen auf, was dazu führt, dass wir uns in den dunklen Gemäuern sehr leicht verlaufen können.

In Japan grassierte außerdem zum Releasezeitpunkt von Zelda II das Rollenspielfieber, ausgelöst durch die Veröffentlichung von Dragon Quest im Jahr 1986. Aus diesem Grund ist Links zweites Abenteuer mit einigen Rollenspiel-Elementen angereichert, die bis heute in der Serie einzigartig sind. So sammeln wir durch das Besiegen von Gegnern Erfahrungspunkte. Haben wir genug gesammelt, steigen wir rollenspieltypisch einen Level auf und können Links Lebensenergie, seine Angriffskraft oder seine Magiereserven steigern. Auch die Oberwelt wurde in ihrer Darstellung augenscheinlich von Dragon Quest inspiriert. Dort bewegen wird uns zwischen den einzelnen Dörfern und Dungeons aus der Vogelperspektive durch die verschiedenen Landstriche des Königreichs Hyrule. Immer wieder tauchen herumstreunende Monster auf, die uns bei Berührung in Zufallskämpfe verwickeln, welche wie die anderen Spielabschnitte in der Seitenansicht zu sehen sind. Die Oberwelt ist riesig und kann relativ frei von Anfang an bereist werden. Hier kommen wir dann auch zu einem der größten Kritikpunkte an Zelda II: dem Schwierigkeitsgrad. Dieser rangiert nämlich durchaus am berüchtigten oberen Ende des 8-Bit-Spektrums, da die allgemeine Balance des Spiels so ausgelegt ist, dass nur durch stetiges Grinden von Erfahrungsleveln überhaupt eine Chance gegen Ganons Schergen besteht. Einige Spieler ziehen aus diesem Grund sogar Verbindungen zu From Softwares beliebter Soulsborne-Reihe, da der hohe Schwierigkeitsgrad und die Erforschung einer augenscheinlich komplett lebensfeindlichen Welt auch ein wichtiges Merkmal von Dark Souls oder Bloodborne darstellen.

Schwarze Schafe aus der Frühzeit erfolgreicher Serien

Mit seinem Status als schwarzes Schaf steht Zelda II allerdings nicht alleine da. So ziemlich jede längere Videospielserie hat davon mindestens eines. Hier seien als Beispiele jedoch die zweiten Teile von zwei anderen bekannten Spieleserien, nämlich Castlevania und Final Fantasy, genannt. Beide Spiele scherten ebenfalls aus und legten eine große Experimentierfreudigkeit an den Tag. Diese kam bei Fans jedoch rückwirkend nicht gut an, obwohl die Spiele genau wie Zelda II bei ihrem Erscheinen gefeiert wurden und sich gut verkauften. Castlevania II: Simon’s Quest erschien wie Zelda II ebenfalls 1987 und überraschte neben den gewohnten Jump ’n’ Run Passagen mit Rollenspiel-Elementen und vielen Dialogen mit Dorfbewohnern, deren kryptische englische Übersetzung viele Spieler verwirrte. Final Fantasy II erschien Ende 1988 und bot neben einer spannenden Story ein sehr ungewöhnliches und unhandliches System zur Verbesserung der Charakterwerte. Obwohl sich Final Fantasy quasi mit jeder Episode neu erfindet, wird gerade der zweite Teil heute von vielen Fans aufgrund der sperrigen Spielmechaniken verschmäht.

Somit steht Zelda II: The Adventure of Link als rückwirkend geächtete Episode einer erfolgreichen und beliebten Serie nicht alleine da. Allerdings sollten wir uns vor Augen halten, dass es sich bei diesen schwarzen Schafen um die zweiten Teile langer Serien handelt, deren Konventionen und von vielen geschätzten Spielmechaniken zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht etabliert waren. Sie entwickelten sich gerade noch. Die Designer experimentierten mit neuen Ideen, da sie es sicherlich auch vermeiden wollten, identische Fortsetzungen auf den Markt zu werfen. So können wir diese schwarzen Schafe historisch durchaus als ambitionierte Experimente einordnen, die heute durch ihre ungewöhnlichen und sperrigen Ideen eher anecken.

Inspirationsgeber, Internet-Memes und Neuveröffentlichungen

Aufgrund seines Erfolges stand Zelda II: The Adventure of Link Pate für eine ganze Reihe von Sidescroller-Action-Adventures für das NES, von denen Faxanadu und Battle of Olympus sicher die bekanntesten darstellen und darüber hinaus einen weitaus besseren Ruf als ihr Inspirationsgeber genießen. Auch Falcoms langlebige Ys-Serie wechselte in der dritten Episode Wanderers of Ys ebenfalls in eine 2D-Seitenansicht, was diesem Serienteil ebenfalls lange Zeit den Status als schwarzes Schaf bescherte. Auch heute noch gibt es Spiele, die sich auf Zelda II berufen. So schildern Team Cherry, die Entwickler des gefeierten Hollow Knight, dass Zelda II einer ihrer größten Einflüsse bei der Entwicklung des Spiels war, vor allem in Bezug auf die Erkundung der riesigen Spielewelt.

Bekannt ist Zelda II heute auch durch den legendären Ausspruch „I am Error“, der ein Bewohner des Dorfes Ruto dem verdutzten Link an den Kopf wirft. Ursprünglich für einen Übersetzungsfehler oder eine tatsächliche Fehlermeldung gehalten, handelt es sich wahrscheinlich um einen Gag der Programmierer, da ein zweiter grafisch identischer Dorfbewohner mit dem Namen Bagu, also „Bug“ (Programmfehler) im Spiel existiert. „I am Error“ wurde im Jahr 2000 zu einem Internet-Meme, hielt danach Einzug in die NES-Folklore und wurde daraufhin in einer ganzen Reihe von Spielen referenziert, darunter Super Paper Mario und The Binding of Isaac.

Zelda II wurde im Laufe der Zeit mehrfach neu veröffentlicht. So erschien das Spiel auf dem Game Boy Advance, im Jahr 2011 als ein Teil des „Botschafter-Programms“ für den Nintendo 3DS und ist außerdem in der Virtual Console herunterladbar. Zudem ist es auf dem NES Classic Mini als eines der dreißig vorinstallierten NES-Klassiker enthalten. Abschließend können wir sagen, dass Zelda II definitiv kein schlechtes Spiel ist, und auch eine ganze Reihe von interessanten Ideen aufweisen kann. Aufgrund des Spieldesigns und der für die Serie ungewöhnlichen Ideen fällt es aus heutiger Sicht aber etwas schwer, den Titel in die Reihe einzuordnen. Somit bleibt Zelda II: The Adventure of Link ein Ausreißer, ein schwarzes Schaf, das jedoch vielleicht durch ein aufwendiges Remake im Stil von Link’s Awakening eine neue Anerkennung finden könnte.

Geschrieben von Markus Schoenenborn