Blasphemous – TEST

Action-Adventures, die nach dem Metroid-Spielprinzip funktionieren, gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Videospiele, die sich an Demon’s Souls und Co orientieren, sind trotz ansteigender Popularität aber nicht so weit verbreitet. Blasphemous kombiniert die Elemente beider Franchises zu einem einzigartigen Erlebnis, das durchweg fasziniert und motiviert.

 

 


Angesiedelt ist Blasphemous im verfluchten Fantasy-Reich Cvstodia, das an die spanische Provinz Sevilla angelehnt sein soll. Wir schlüpfen in die Rolle der als Büßer bezeichneten Spielfigur. Er ist der einzige Überlebende eines zunächst nicht genau definierten Unglücks. Verdammt in der Welt der Lebenden zu verweilen, ist es unsere Aufgabe, Cvstodia vom Fluch zu befreien. Dazu müssen wir das Land bereisen und abwechslungsreiche Areale wie Friedhöfe, Felsenschluchten, Kerker oder schneebedeckte Bergwipfel erkunden. Dabei erlösen wir monströse Kreaturen von ihrem Leiden – sofern wir es zu ihnen schaffen, denn Blasphemous ist in puncto Schwierigkeitsgrad teilweise knüppelhart.

Wie in Demon’s Souls, Dark Souls, Nioh, Sekiro und Konsorten kann hinter jeder Ecke der Tod lauern. Sterben wir in der aus der zweidimensionalen Seitenperspektive dargestellten Spielwelt, müssen wir allerdings kaum mit Nachteilen rechnen. Wir werden ganz einfach am letzten Betpult zurück aus dem Reich der Toten geholt. Je öfter wir sterben, desto weniger steht uns allerdings von unserer Fähigkeitsleiste zur Verfügung. Anfänger oder Einsteiger, die im Angesicht des Rufes der genannten Vorbilder, schon keine Lust mehr auf Blasphemous haben, dürfen aber aufatmen. Aufgrund der zweidimensionalen Spielwelt sind alle Gefahren auf dem Bildschirm jederzeit zu erkennen und mit ein bisschen Einarbeitungszeit und etwas Sitzfleisch schnell zu meistern.

Kampf und Geschick

Einen nicht unerheblichen Teil der Spielerfahrung von Blasphemous macht das Kämpfen gegen die zahlreichen Ausgeburten der Hölle aus. Hier ist es wichtig, nicht nur mit dem Schwert draufzuschlagen, sondern auch im richtigen Zeitpunkt den gegnerischen Angriff zu parieren und zu kontern. Im Notfall dürfen wir unseren Angreifern auch ausweichen oder – sofern sich unsere Lebensenergie dem Ende zuneigt – hin und wieder sogar ganz aus dem Weg gehen. Hier wird entsprechend auch ein wenig Geschick gefordert, denn der Büßer kann im Normalfall nicht sonderlich weit springen. Bei Schluchten wie im Gebirge ist es dann beispielsweise notwendig, an markierten Abhängen unser Schwert in den Fels zu rammen, um nicht in den Tod zu stürzen.

Ganz so millimetergenau abgestimmt wie in Mega Man sind die Geschicklichkeitspassagen zwar keinesfalls, doch sollten wir sie auch nicht unterschätzen. Um unsere Fähigkeitsleiste nach dem eingetretenen Tod wieder zu verlängern, müssen wir entweder an Ort und Stelle unseres Ablebens zurückkehren oder an bestimmten Stellen gesammelte Tränen – die Währung des Spiels – zur Regeneration aufbringen. Diese verlieren wir beim Bildschirmtod übrigens nicht, sodass wir glücklicherweise nie unnötig zu Ausgaben beim Händler oder zum Investieren in den Skill Tree getrieben werden. Ebenfalls hat dies den Vorteil, dass wir umso mehr motiviert werden, die letzten Winkel der Spielwelt nach Extras abzusuchen.

Atmosphärischer Pilgerweg

Bei diesen Extras handelt es sich unter anderem um einzelne Elemente für unseren Rosenkranz, heilige Reliquien, neue Kräfte oder gar Gallenflaschen. Letztere dürften vor allem für etwas hastigere Spielertypen überlebenswichtig sein, da mit ihnen ein Bruchteil der Lebensenergie aufgefüllt werden kann. Die anderen Objekte verleihen uns beispielsweise Boni auf unsere Verteidigung, lassen uns wie in Castlevania gelegentlich Heilung durch das Zerstören von Vasen oder Kronleuchtern finden oder verleihen uns gleich neue Fähigkeiten wie eine temporär beschleunigte Angriffsgeschwindigkeit. Wer gut gerüstet ist, muss auch nicht allzu viele Versuche in die happigen Bossgegner investieren, die sich uns mit einzigartigen Angriffstaktiken in den Weg stellen.

Blasphemous motiviert wirklich von Anfang bis Ende, denn nur selten kommt bei uns – auch dank der präzisen Steuerung im stationären Switch-Betrieb als auch im Handheld-Modus – wirklich das Gefühl auf, den Controller an die Wand schmeißen zu müssen. Da die Spielwelt sehr offen gestaltet ist, empfiehlt es sich in solchen Momenten also umso mehr, erst einmal an anderer Stelle die Erkundung fortzusetzen. Auch inszenatorisch weiß das Spiel mit seinem 16-Bit-Grafikstil zu überzeugen. Die Verarbeitung von christlicher Ikonografie und kunsthistorische Einflüsse wie das Gemälde „Prozession der Flagellanten“ des spanischen Künstlers Francisco José de Goya y Lucientes machen das Abenteuer mit der atmosphärischen Soundkulisse von Komponist Carlos Silva zu einem erinnerungswürdigen Pilgerweg.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Sowohl das Konzept von Nintendos Metroid-Reihe als auch das Spielprinzip von Demon’s Souls und Co gehören für mich zu den interessantesten Kreationen der Videospielgeschichte. Blasphemous kombiniert Elemente beider Franchises zu einer interessanten Genre-Mischung, die in meinen Augen weitgehend sehr gut funktioniert. So gefällt mir vor allem das Erkunden der Spielwelt, die dank ihres düsteren Looks und der ruhigen, aber atmosphärischen Hintergrundmusik stets dazu animiert, auch das letzte der zahlreichen Geheimnisse zu offenbaren. Die Kämpfe sind ebenso alles andere als anspruchslos, denn nur die allerwenigsten Gegner können mit dem Schwert ohne Widerstand zu leisten besiegt werden. Es ist immens wichtig, die Bewegungsmuster der Feinde zu verinnerlichen, im richtigen Augenblick zu parieren und zurückzuschlagen. Wer Angst hat, dass das Spiel für ihn zu schwierig sein könnte, darf unbesorgt sein. Ohne Frage ist Blasphemous kein leichtes Action-Adventure, es verzeiht jedoch wesentlich mehr Fehler als die Vorbilder und ist vor allem aufgrund der zweidimensionalen Spielwelt viel durchschaubarer. Kenner von Dark Souls und Konsorten werden mit Sicherheit auch ihren Spaß haben, sollten sich in Blasphemous aber auf eine Light-Variante des Spielprinzips einstellen.