Castlevania: Dracula X – TEST

Noch bevor sich die Castlevania-Reihe am Metroid-Franchise orientierte und um Rollenspiel-Anleihen erweitert wurde, handelte es sich bei den Titeln der Serie um pure Action-Spiele. Mit Castlevania: Dracula X, in Europa auch als Castlevania: Vampire’s Kiss bekannt, erleben wir einen der letzten Serienteile, der sich noch stark am Ursprung des Franchises orientiert.


In Castlevania: Dracula X aus dem Jahr 1995 schlüpfen wir in die Rolle von Richter Belmont, einem Nachkommen des legendären Vampirjägers Simon Belmont. Dracula, der Fürst der Finsternis ist abermals auferstanden, hat seine Anhänger um sich geschart und die Freundin des Helden entführt. Um sie aus den Klauen des Vampirs zu entreißen, schnappen wir uns unsere Peitsche und pilgern zum Schloss des Fürsten. Eine umfangreiche Geschichte mit Wendungen und Wirrungen hat es damals wie heute nicht gebraucht, um die Motivation von Richter zu erklären. Ein wenig schade ist das zwar schon, aber so können wir uns wenigstens aufs serientypische Gameplay konzentrieren, das mit einfachen Mitteln überzeugen kann.

Wir durchqueren brennende Städte, schleichen uns durch klaustrophobische Schlosskorridore, erkunden modrige Höhlen und kämpfen auf den Dachzinnen von Draculas Schloss. In den Weg der durchweg zweidimensionalen Spielwelt stellen sich uns stets gefährliche Gegner wie fliegende Totenschädel, verfluchte Rüstungen oder flatternde Gargoyles, die wir mit unserer Peitsche oder anderen Gimmicks, die wir im dunklen Schloss finden können, besiegen dürfen. Attackieren wir Kerzenleuchter, finden wir nämlich gerne mal neben Nahrung zum Heilen unserer Wunden auch Dolche, Wurfäxte, Taschenuhren, Bumerange oder Weihwasser, um den Feinden den Garaus zu machen. Diese Nebenwaffen sollten wir, genau wir die Herzen, die wir zum Verwenden der Items benötigen, auch unbedingt einsammeln, da spätere Gegner wesentlich trickreicher agieren und wir so notfalls auch das eine oder andere Ass im Ärmel haben.

Diabolische Herausforderungen


Während wir Dolche in gerade Richtung werfen, fliegen geworfene Äxte im Bogen auf die Gegner und Bumerange können beim Rückschwung, sofern wir ihnen ausweichen, Feinde hinter unserem Rücken treffen. Weihwasser versengt den Boden unter den Gegnern und mit der Taschenuhr können wir entweder kurzzeitig die Zeit verlangsamen oder uns vor Feinden schützen. Mit jeder Nebenwaffe können wir nämlich auch einen Spezialangriff ausführen, der besonders bei den heftigen Bossgegnern hilfreich sein könnte. Bis die Riesenfledermaus, der Totenbeschwörer oder der Werwolf besiegt sind, werden vor allem Neulinge viele wertvolle Versuche einbüßen. Ähnlich wie in Capcoms Mega-Man-Reihe können die Bossgegner nämlich nur mit Geduld, guten Reflexen und Einprägen ihrer Angriffsmuster besiegt werden. Während Anfänger hier wohl kapitulieren, freuen sich alle anderen über Herausforderungen.

Herausfordernd ist allerdings auch die Steuerung des Titels. Diese orientiert sich nämlich sehr stark an den vorherigen Ablegern für NES und Super Nintendo. Das heißt, dass Richter sich recht langsam bewegt und wir im Sprung nicht mehr die Richtung ändern können. Trotzdem fühlt sich Castlevania: Dracula X in dieser Disziplin nicht mehr ganz so unfair an, wie in den 8-Bit-Ausflügen. Allerdings haben sich die Entwickler bei Konami keine Gedanken um die Kollisionsabfrage gemacht. Besonders wenn wir von mehreren Gegnern umzingelt und dabei (versehentlich natürlich) von einem Feind getroffen werden, kommt es öfters als uns lieb ist vor, dass wir direkt vom nächsten Gegner ebenfalls angegriffen werden und so nur unnötig Schaden nehmen. Hier hätten wir selbst 1995 mehr erwartet. Zum Glück sind solche Stellen rar gesät und Rücksetzpunkte durchweg fair gesetzt.

Unvergesslicher Klassiker


Wer bereits Castlevania: Rondo of Blood auf der Virtual Console der Wii beziehungsweise im Original auf dem TurboGrafx-16 gespielt hat, wird in Castlevania: Dracula X vermutlich die eine oder andere Ähnlichkeit im Spielablauf entdecken. Das ist auch kein Wunder, denn im Grunde behandeln beide Titel dieselben Spielinhalte. Dennoch kann man die Spiele getrennt voneinander betrachten, da die Level-Architektur sehr stark überarbeitet wurde und meist nur noch der fabulöse Soundtrack ans Vorbild aus dem Jahr 1993 erinnert. Beide Spiele haben dennoch ihre Daseinsberechtigung, denn während die Super-Nintendo-Version optisch etwas hübscher ausfällt, kann die TurboGrafx-16-Variante mit seinem kultverdächtigen und sogar in der japanischen Version auf Deutsch eingesprochenen Einleitungstext bis heute begeistern.

Um Dracula zu Staub verfallen zu lassen, werden Profis nicht länger als nur eine Spielstunde benötigen. Die übersichtlichen Levels sind zwar kurz, doch mit so vielen Gefahren gespickt, dass fortgeschrittene Spieler hingegen einige Anläufe benötigen. Da es auch ein paar geheime Wege im Spiel gibt, die den Ausgang der Geschichte verändern, lohnt sich jedoch auch das wiederholte Durchspielen. Dafür sorgt alleine der fantastische Soundtrack, der zusammen mit den 16-Bit-Optiken alle Nostalgiker begeistern kann. Castlevania: Dracula X ist ein Klassiker, den man als Fan der Serie unbedingt einmal gespielt haben sollte, denn besonders die Stellen im Spiel, die von Sadisten für Masochisten entwickelt wurden, zeigen hervorragend, wo die Serie eigentlich ihren Ursprung hat und für welche Werte sie in Zukunft wieder stehen könnte.

Geschrieben von Eric Ebelt

Fazit:

Bis Ende letzten Jahres habe ich – zu meiner Schande – gar nicht gewusst, dass es auch eine Super-Nintendo-Version von Castlevania: Rondo of Blood gibt. Umso mehr habe ich mich als Serienfan natürlich auf einen erneuten Ausflug in Draculas Schloss gefreut und wurde nicht enttäuscht. Es macht mir unglaublich viel Spaß, die abwechslungsreichen Gebiete zu durchstreifen und in alter Action-Manier Draculas Anhänger zu Kleinholz zu verarbeiten. Zusammen mit dem Ohrwurmsoundtrack und dem teils deftigen Schwierigkeitsgrad gelingt es dem Titel, mich lange an meinen New 3DS XL oder an die Wii U zu fesseln. Schade finde ich nur, dass die Kollisionsabfrage beim Feindkontakt ebenso wenig wie ein Passwort-System für ein Spiel aus dem Jahr 1995 spricht. Das ändert aber nichts daran, dass der unvergessliche Klassiker besonders für Serienfans eine absolute Kaufempfehlung darstellt.