Death end re;Quest – TEST
Während Death end re;Quest bereits 2018 in Japan und 2019 in Nordamerika und Europa für die PlayStation 4 und den PC veröffentlicht wurde, hat es der Mix aus japanischem Rollenspiel und Visual Novel nun auch auf die Nintendo Switch geschafft. Als junge Spieleentwicklerin Shina versuchen wir mit der Hilfe unseres Kollegen Arata lebend aus einer verbuggten virtuellen Welt zu entkommen.
Obwohl bereits 2020 Death end re;Quest 2 für die PlayStation 4 und den PC erschienen ist, spendieren Publisher Idea Factory und Entwicklerstudio Compile Heart der Nintendo Switch zunächst den ersten Teil des JRPG-Visual-Novel-Mixes. Dabei beginnt die Geschichte überraschend düster und erinnert kaum an die für Compile Heart sonst eher typischen Anime-Humor- und Erotik-Einlagen anderer Spiele. Die Eröffnungssequenz gibt uns einen guten Ausblick darauf, wie tödlich, blutig und brutal Death end re;Quest sein kann. Schlechte Enden gehören hier zum Konzept des Spiels. Zwar werden die meisten lediglich in Textform mit anschaulicher Soundkulisse präsentiert, andere jedoch erhalten brutale Illustrationen, die sicherlich nicht für jeden geeignet sind. Bevor wir erstmals einen der negativen Story-Abschlüsse sehen, erwarten uns ausufernde Dialoge, rundenbasierte Kämpfe und eine anfangs schleppende, dann fesselnde Geschichte mit Horror-Elementen und paranormaler Ausrichtung.
Rollenspiel trifft Visual Novel
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei Death end re;Quest gleichzeitig um ein japanisches Rollenspiel und eine Visual Novel, die in wunderbarem Einklang zueinander stehen. Die Geschichte folgt der Videospielentwicklerin Shina Ninomiya, die ohne Erinnerungen an ihr früheres Leben in einer virtuellen Fantasy-Welt erwacht. Erst im Laufe des sehr dialog- und tutoriallastigen Prologs erfährt sie, wer sie eigentlich ist. Unterstützung erhält sie von ihrem Kollegen Arata Mizunashi, der sie seit ihrem Verschwinden vor einem Jahr sucht und schließlich einen entscheidenden Hinweis erhalten hat. Gemeinsam versuchen die beiden einen Weg zu finden, wie Shina die virtuelle Welt eines von ihnen entwickelten, aber aufgrund zahlreicher Bugs eingestellten Online-Rollenspiels wieder verlassen kann. Parallel will Arata in der realen Welt mehr über das Verschwinden seiner Kollegin herausfinden und kommt dabei gemeinsam mit weiteren Bekannten und Freunden der beiden einer großen Gefahr auf die Spur. Death end re;Quest schafft es stets, die Bedrohung zu vermitteln und für eine dichte Atmosphäre zu sorgen, sodass sich der stets mögliche Tod auch wirklich glaubhaft anfühlt.
Die beiden Handlungsabschnitte erleben wir grundverschieden. Shinas Dasein in der virtuellen Welt entspricht dem Japan-Rollenspiel-Anteil von Death end re;Quest. Genre-typisch erkunden wir Dungeons, lösen kleinere Rästel und treffen in rundenbasierten Kämpfen auf Gegner. In diesen Auseinandersetzungen müssen wir unsere Charaktere intelligent platzieren und eine gute Kombination aus den drei möglichen Angriffen zusammenstellen, um möglichst viel Schaden anzurichten. Agieren wir klug, können wir Gegner fortschleudern, wodurch sie nicht nur gegen andere Feinde, sondern auch die Arenabegrenzung prallen und zusätzlichen Schaden erleiden können. Geraten sie dabei gar in das Einzugsgebiet eines anderen Charakters, attackiert dieser ebenfalls einmalig. Neue Spezialaktionen lernen wir im Laufe der Zeit und mit Levelaufstiegen. Wichtig ist zudem der Glitch-Modus. Ist der Glitch-Wert eines Charakters hoch genug, aktiviert sich eine Art Gottstatus, in dem Statuswerte und ähnliches kurzzeitig erhöht sind. Zusätzlich kann Arata bei niedriger Bugdichte von außen eingreifen und Gegner debuffen, das Spiel hacken und sogar das Genre wechseln. Dadurch wandeln sich die Kämpfe und erhalten Anleihen von Shootern, Beat ’em ups oder Puzzle-Spielen. Das ist zwar nicht sonderlich komplex, sorgt aber für willkommene Abwechslung.
Gefahrenvolle Realität
Aratas Handlungsbogen erleben wir, wie sollte es anders sein, als Visual Novel. Besuche in der realen Welt lohnen sich vorwiegend dann, wenn wir im Menü mittels Ausrufezeichen darauf hingewiesen werden. In solchen Situationen ereignet sich etwas Neues oder wir haben die Möglichkeiten, Hindernisse in der virtuellen Welt zu beseitigen. Als Arata haben wir die Option, verschiedene Orte zu besuchen und mit den unterschiedlichsten Personen zu interagieren. Darunter natürlich auch weitere Kolleginnen von Shina und ihm. Schon bald zeichnet sich eine größere Verschwörung rund um Shinas Verschwinden ab und die paranormalen Horror-Elemente treten je nach Szene deutlicher zu Tage. Besonders hier müssen wir uns auf die langen, rein in englischen Texten und mit japanischer Synchronisation wiedergegebenen Dialoge einlassen. Entschädigt werden wir mit einer wirklich spannenden Geschichte, bei der jede Entscheidung den Tod bedeuten kann. Meist dürfen wir zwar sowieso nur zwischen zwei Möglichkeiten wählen, doch eine davon ist dann immer ein Bad Ending, das ein Game Over bedeutet. Gerade deshalb weist uns das Spiel häufig darauf hin, oft zu speichern. Schließlich wollen wir keine Bosskämpfe wiederholen müssen. Vermeidbar ist das aber leider nicht immer. Komplett negativ sind die Bad Endings aber nicht, da wir immer einen Gegenstand erhalten und sogar die Handlung beeinflussen können. Dank der bereits in der Switch-Version integrierten und optional einzeln aktivierbaren DLCs haben wir sogar die Möglichkeit, uns mittels Symbol auf schlechte Enden hinweisen zu lassen – natürlich nur, wenn wir wollen.
So atmosphärisch und spannend die Geschichte von Death end re;Quest ist, so kompliziert kann die Einarbeitung in das Spiel sein. Gerade zu Beginn werden wir mit zahlreichen Informationen und Spielmechaniken überschüttet. Haben wir uns aber eingewöhnt, erwartet uns ein komplexes und motivierendes Japan-Rollenspiel sowie eine nicht weniger gelungene Visual Novel, die wunderbar miteinander verbunden sind. Etwa fünfunddreißig bis vierzig Stunden dauert es schließlich, bis wir Death end re;Quest durchgespielt haben. Wollen wir aber alle Enden sehen und das Spiel wirklich beenden, ist ein zweiter Durchgang mittels New-Game-Plus-Funktion, bei der alle Statuswerte, Techniken, Items und Bad Endings übernommen werden können, zwingend erforderlich. Dadurch können wir locker bis zu achtzig Stunden mit Death end re;Quest verbringen.
So motivierend Rollenspiel- und Visual-Novel-Anteile sind, auf technischer Seite leistet sich Death end re;Quest einige Schnitzer. Die Bildrate rutscht häufig spürbar ab, so dass es zu unschönen Rucklern kommt. Gleichzeitig fällt teils enormes Kantenflimmern sowie besonders im Handheld-Modus eine gewisse Unschärfe auf. Das gilt natürlich ausschließlich für den Rollenspiel-Part, da der Visual-Novel-Anteil auf fürs Genre übliche gezeichnete und schicke Standbilder setzt. Dass die Grafik zudem alles andere als zeitgemäß ist, sorgt bei den technischen Problemen allerdings für noch mehr Unverständnis. Immerhin lässt sich Death end re;Quest trotz allem immer ordentlich spielen, so dass wir uns mit den Macken irgendwann arrangieren. Zu verdanken ist das neben der packenden Geschichte und den interessanten Charakteren auch der düsteren Atmosphäre und dem stimmungsvollen Soundtrack. Als ungewöhnliches Japan-Rollenspiel sowie Visual Novel überzeugt Death end re;Quest aber auf jeden Fall und schon alleine aufgrund der Geschichte, an der auch Corpse-Party-Autor Makoto Kedōin beteiligt war, lohnt sich der ungewöhnliche Genre-Mix.
Geschrieben von Alexander Geisler
Fazit:
Death end re;Quest ist technisch sicherlich keine gute Portierung auf der Switch und stellt mit dem recht komplizierten und sich ziehenden Einstieg eine große Hürde dar. Wer diese überwindet und sich mit den Framerate-Einbrüchen sowie grafischen Schwächen arrangiert, erhält aber eine überaus spannende und fesselnde Geschichte sowie einen gelungenen Japan-Rollenspiel-Visual-Novel-Mix. Gerade die düstere und brutale Ausrichtung verleiht Death end re;Quest mit den zahlreichen Bad Endings etwas Eigenes und sorgt mit einem unterhaltsamen Kampfsystem sowie interessanten Charakteren für genau die richtige Abwechslung. Der atmosphärische Soundtrack rundet das Spiel letztlich ab, weshalb ich gerne über die Schwächen hinwegsehe. Perfekt ist Death end re;Quest sicher nicht und die zahlreichen Macken dürften viele Rollenspiel- und Visual-Novel-Fans abschrecken. Ein Blick lohnt sich aber trotzdem, gerade wenn ihr Interesse an der mit paranormalem Horror angereicherten Geschichte habt.